Basler Oberarzt«Es ist richtig, dass wieder mit Astrazeneca geimpft wird»
Von Gil Bieler
25.3.2021
Biontech, Moderna, AstraZeneca und Co. – Das sollten Sie über Impfstoffe wissen
Momentan sind in der Schweiz mit Biontech/Pfizer und Moderna nur zwei Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen. In den nächsten Wochen könnten aber noch andere hinzukommen. Der Impfstoff-Überblick im Video.
04.04.2021
Der Klärungsbedarf zu Corona-Impfstoffen wächst täglich. Christoph Berger vom Unispital Basel ordnet die Zweifel am Astrazeneca-Impfstoff und die fehlende Schweizer Bestellung bei Johnson & Johnson ein.
Von Gil Bieler
25.03.2021, 06:45
25.03.2021, 08:24
Gil Bieler
Beim Thema Corona-Impfungen überschlagen sich die Ereignisse – nicht immer im positiven Sinn. Erst war da das Hin und Her um den Impfstoff von Astrazeneca. Dann gab am Montag die Zulassungsbehörde Swissmedic grünes Licht für das Vakzin von Johnson & Johnson. Eigentlich eine erfreuliche Meldung, bloss hat der Bund dieses gar nicht bestellt. Und zuletzt wurde eine gravierende Datenpanne beim vom Bund unterstützten Portal meineimpfung.ch aufgedeckt.
Zwar nicht zum Datenleck, aber zu den Impfstoffen äussert sich Christoph Berger, Oberarzt und Leiter der Impfsprechstunde am Universitätsspital Basel. Was die ausgebliebene Bestellung bei Johnson & Johnson angeht, nimmt er den Bund in Schutz: «Alle Länder mussten ihre Impfstoffe zu einem Zeitpunkt bestellen, als noch nicht klar war, welche wirken werden und welche nicht», sagt er auf Anfrage von «blue News».
Er erinnert daran, dass sich die Schweiz früh die beiden mRNA-Vakzine von Pfizer/Biontech und Moderna gesichert und in der Zwischenzeit auch nachbestellt habe. Somit verfügten wir über die derzeit wirksamsten Mittel gegen das Coronavirus. «In der Rückschau ist es natürlich immer einfach zu sehen, was man besser hätte machen können», so Berger.
«Frustrierend, wenn alles langsam vorangeht»
«Ich verstehe, dass es frustrierend ist, wenn es an Impfstoff fehlt und alles langsam vorangeht.» Aber das sollte sich demnächst ändern, sagt Berger. Beim Bund rechnet man damit, dass Moderna und Biontech/Pfizer im April, Mai und Juni weitere 6,5 Millionen Impfdosen liefern können.
Zum Stand der Verhandlungen mit Johnson & Johnson wollte sich die BAG-Spitze am Mittwoch vor den Medien nicht äussern. Das tue man generell nicht.
Vom Astrazeneca-Impfstoff hat sich Bern bereits 5,3 Millionen Dosen gesichert, doch die Zulassung steht immer noch aus. Es war aber ausgerechnet dieses Vakzin, das letzte Woche für Wirbel sorgte: Nachdem bei einigen Personen in zeitlicher Nähe zur Impfung Blutgerinnsel im Gehirn aufgetreten waren, erliessen mehrere europäische Länder vorübergehend einen Impfstopp. Schliesslich erklärten EU und WHO den Einsatz für unbedenklich, doch alsbald kamen in den USA neue Zweifel an den vom Hersteller vorgelegten Daten auf.
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Berger sieht darin keinen Grund für Verunsicherung: «Der Astrazeneca-Impfstoff wurde genauso getestet wie alle anderen, was bedeutet, dass in der Phase 3 mehrere Zehntausend Probanden beteiligt waren. In dieser Phase wird genau die Frage geklärt, ob ein Impfstoff sicher ist oder nicht.» In diesen Studien habe nichts auf schwere Nebenwirkungen hingedeutet. «Darum muss man jetzt nicht per se an der Sicherheit zweifeln. Zumal der Impfstoff mittlerweile mehreren Millionen Personen verabreicht wurde.»
«Das einzige Sicherheitssignal, das nach der Zulassung auftrat, waren diese vereinzelten Fälle von Hirnvenenthrombosen.» Die Zahl der Fälle sei zwar relativ klein, nichtsdestotrotz stelle diese aber eine Häufung dar, die es abzuklären gelte. «Es war daher vernünftig, dass vorläufig ein Impfstopp angeordnet wurde.»
Im Zuge der ersten Abklärungen habe sich gezeigt, dass das Risiko solcher Thrombosen extrem gering sei und der positive Nutzen – die Verhinderung schwerer Covid-Erkrankungen – bei Weitem überwiege. «Es ist daher auch richtig, dass dieser Impfstoff nun wieder verabreicht wird – jedoch mit dem Hinweis, dass Hirnvenenthrombosen als sehr seltene Komplikation auftreten können.»
In diesem ganzen Prozess sieht der Mediziner überwiegend Positives: «Das ist ein Zeichen, dass das System funktioniert, dass auch nach der Zulassung auf Alarmzeichen geachtet wird und Verdachtsfälle genau analysiert werden.»
Skepsis gegenüber Astrazeneca wächst
In vielen europäischen Ländern wächst jedoch die Skepsis. Nach dem Impfstopp hält eine Mehrheit der Menschen in Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien das schwedisch-britische Vakzin für unsicher. Das zeigt eine neue Umfrage des britischen Instituts Yougov.
Natürlich habe das Hin und Her in der Bevölkerung aufhorchen lassen, von einer nachhaltigen Verunsicherung spürt Berger in seinem Berufsalltag jedoch nichts: «Ich habe insgesamt das Gefühl, dass das Vertrauen in die Corona-Impfungen sehr hoch ist.» Das zeige sich allein schon daran, wie viele Leute sich impfen lassen wollten. «Ich glaube, dass der Umgang der Arzneimittelbehörden mit diesen Vorfällen das generelle Vertrauen in die Impfungen eher bestärken sollten.»
Sollte auch der Astrazeneca-Impfstoff für die Schweiz zugelassen werden, sollten Impfwillige ihr Vakzin idealerweise frei wählen können, findet Berger. Denn die Mittel von Pfizer/Biontech und Moderna seien beides mRNA-Impfstoffe und daher vergleichbar. «Kommt eine Vektorenimpfung – etwa von Johnson & Johnson oder von Astrazenca – hinzu, wäre diese Auswahlmöglichkeit sicherlich wünschenswert.» Wie dies konkret umgesetzt werden könne, sei dann aber Sache des Bundes und der Kantone.