Gesichtsschleier ab 2025 verbotenVerhüllungsverbot stellt Polizeibeamte vor heikle Aufgabe
Samuel Walder
10.11.2024
Ab 2025 gilt in der Schweiz ein landesweites Verhüllungsverbot – für Einheimische wie für Tourist*innen. Die Polizeikorps bereiten sich darauf vor. Ständerat Daniel Jositsch klärt die wichtigsten Fragen.
Samuel Walder
10.11.2024, 15:25
Samuel Walder
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ab 2025 gilt in der Schweiz ein landesweites Verhüllungsverbot, das eine Busse von bis zu 1000 Franken für das Abdecken des Gesichts vorsieht.
SP-Ständerat und Strafrechtsexperte Daniel Jositsch klärt die wichtigsten Fragen um das Verhüllungsverbot.
Die Umsetzung des Verbots obliegt den kantonalen Polizeikorps, die sich in touristisch geprägten Regionen auf besondere Herausforderungen einstellen.
Erfahrungen aus den Kantonen Tessin und St. Gallen zeigen, dass solche Verbote bisher selten zu Bussen führten.
In der Schweiz gilt ab 2025 ein landesweites Verhüllungsverbot. Der Bundesrat hat diese Verordnung am Mittwoch verabschiedet und setzt damit die sogenannte «Burka-Initiative» um, die die Stimmbevölkerung 2021 angenommen hatte. Das Gesetz sieht eine Busse von maximal 1000 Franken für das Verhüllen des Gesichts vor.
Der SP-Ständerat Daniel Jositsch hat eine klare Meinung: «Ich war gegen diese Initiative, aber sie wurde angenommen. Deshalb ist es rechtmässig, entsprechende Bussen auszustellen.» Die Frage stellt sich dennoch, ob auch Tourist*innen und Besucher*innen in der Schweiz gebüsst werden, wenn sie verhüllt sind.
Jositsch meint: «Ja, in der Schweiz gilt das schweizerische Recht für alle, die sich in der Schweiz aufhalten.» Primär sei es Aufgabe der Polizei, dies zu kontrollieren. «Wie rigoros diese das durchsetzen wird, kann ich nicht beurteilen», sagt Jositsch, der Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Zürich doziert.
Klar ist, Gebüsste werden sich wehren können: «Selbstverständlich, mit den entsprechenden Rechtsmitteln. Aber natürlich nicht grundsätzlich gegen das Verhüllungsverbot», erklärt Jositsch.
Die Polizei bereitet sich vor
Wie das SRF schreibt, liege die Umsetzung des Verbots nun in den Händen der kantonalen Polizeikorps. Diese stehen vor neuen Herausforderungen, insbesondere in Regionen mit vielen Touristinnen aus arabischen Ländern, wie etwa in der Gemeinde Interlaken im Kanton Bern.
Die Berner Kantonspolizei betont im SRF, dass sie «das neue Gesetz verhältnismässig umsetzen» werde. «Wir werden das Gespräch suchen und gehen grundsätzlich mit Augenmass vor. Dennoch muss bei einem Verstoss mit einer Busse gerechnet werden», so ein Sprecher zum SRF.
Andere Kantone bereiten sich ebenfalls auf das neue Gesetz vor. Die Kantonspolizeien Luzern und Basel-Stadt planen, ihre Mitarbeitenden in den kommenden Tagen über die neue Gesetzeslage zu informieren. Wie viele Verstösse zu erwarten sind, sei jedoch derzeit schwer abzuschätzen.
Tessin und St. Gallen haben bereits ein Verbot ausgehängt
Einige Kantone verfügen bereits über Erfahrungen mit einem Verhüllungsverbot. Im Tessin, wo das Verbot seit 2013 in Kraft ist, wurden bis 2019 insgesamt 28 Bussen verhängt, hauptsächlich gegen Frauen mit verschleiertem Gesicht. Die Pandemie und der Rückgang arabischer Touristen haben die Zahl der Fälle jedoch reduziert.
Im Kanton St. Gallen, der ebenfalls ein Verhüllungsverbot hat, wurde bislang keine einzige Busse ausgesprochen, da die Regelung eine zusätzliche Bedingung verlangt: Die verhüllte Person muss eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Solche Fälle sind im Kanton bisher nicht aufgetreten, wie Florian Schneider von der Kantonspolizei St. Gallen erklärte.
Umsetzung des Verhüllungsverbots gestaltet sich schwierig
Ein Vermummungsverbot gibt es bereits in den meisten Kantonen und richtet sich vor allem an Teilnehmende von bewilligungspflichtigen Veranstaltungen, wie Demonstrationen oder Sportveranstaltungen. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch auch hier schwierig.
Im Kanton Luzern wurden in den letzten fünf Jahren durchschnittlich weniger als fünf Bussen pro Jahr verhängt, in St. Gallen etwa 16. Im Kanton Basel-Stadt wurden Verstösse gegen das Vermummungsverbot bisher nur in Ausnahmefällen geahndet, da man auf Verhältnismässigkeit bedacht ist. Das neue Verhüllungsverbot dürfte an diesen Zahlen wenig ändern.