Justiz unter DruckGerichte sollen Täter mild bestrafen – wegen Überlastung
Samuel Walder
28.1.2025
Langwierige Gerichtsverfahren und überforderte Instanzen bringen die Schweizer Justiz zunehmend in Verruf. Während Täter oft mit milden Strafen davonkommen, bleiben Opfer ohne Antworten zurück.
Samuel Walder
28.01.2025, 18:23
Samuel Walder
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Schweizer Justiz steht wegen überlasteter Gerichte und langwieriger Verfahren in der Kritik.
Das führt zu milden Strafen, Verfahrenseinstellungen und Frustration bei Opfern.
Ein prominenter Fall zeigt, wie ein Arzt trotz schwerer Vorwürfe wiederholt ohne endgültige Konsequenzen bleibt.
Die Schweizer Justiz gerät zunehmend in die Kritik – und das nicht ohne Grund. Langwierige Gerichtsprozesse und überlastete Instanzen führen dazu, dass Täter oft mit milden Strafen oder gar straffrei davonkommen. Gleichzeitig bleiben Opfer und Angehörige mit offenen Fragen und ohne Abschluss zurück.
Eines von vielen Beispielen ist der Fall einer 56-jährigen Patientin, die vor über 20 Jahren während einer Wirbelsäulen-Operation verblutete, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.
Der behandelnde Arzt hatte eine Vene zerrissen, ohne es zu bemerken. Doch anstatt Konsequenzen zu ziehen, wurde das Verfahren 14 Jahre später eingestellt – nicht etwa wegen fehlender Beweise, sondern weil das Gericht zu langsam arbeitete.
Der Arzt, der die Justiz beschäftigt
Der betroffene Chirurg, ursprünglich wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt, wurde zunächst wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Doch nach jahrelangem Hin und Her zwischen Instanzen und Beschwerden wurde der Fall 2017 eingestellt. Die Begründung des Bundesgerichts: Das Verfahren habe zu lange gedauert, und eine weitere Strafverfolgung sei nicht im öffentlichen Interesse.
Dieser Fall hätte abgeschlossen sein können, doch der Arzt sorgt erneut für Schlagzeilen. 2018 wurde gegen ihn wegen eines fehlerhaften Implantats ermittelt, das sich im Körper der Patienten zersetzte. Vier Jahre später erhob die Staatsanwaltschaft Anklage – doch bis heute wartet der Fall auf einen Verhandlungstermin. Die ersten Vorwürfe drohen bereits zu verjähren, und die Opfer fragen sich, ob auch dieses Verfahren wieder im Nichts enden wird.
Eine Betroffene äussert ihre Frustration: «Als die Anklage kam, hatte ich gehofft, dass endlich etwas passiert. Jetzt frage ich mich, ob wir je Gerechtigkeit erleben werden.»
Überlastete Gerichte und überforderte Justiz
Vorkommnisse wie diese sind keine Einzelfälle. Seit Jahren türmen sich die Aktenberge in Schweizer Gerichten. 2018 waren knapp 13'700 Strafsachen hängig, 2023 bereits mehr als 17'000 – ein Anstieg von 25 Prozent. «Die Belastungsgrenze vieler Gerichte ist erreicht», warnen offizielle Berichte. Besonders die Strafkammern stossen an ihre Kapazitätsgrenzen, und die Terminkalender sind oft monatelang ausgebucht.
Diese Überlastung führt dazu, dass die Gerichte zu Notlösungen greifen: Nebenamtliche Richter springen ein, Personal wird zwischen Abteilungen hin- und hergeschoben, und die Qualität leidet. In St. Gallen beispielsweise habe man «qualitative Einbussen in Kauf genommen», so ein Bericht.
Auch die Verfahren selbst werden immer komplexer. Akten, die 70 Zügelkisten füllen, oder Urteile mit mehreren Hundert Seiten sind keine Seltenheit mehr.
Opfer fühlen sich im Stich gelassen
Lange Verfahren belasten nicht nur die Gerichte, sondern vor allem die Betroffenen. Opfer und Angehörige fühlen sich oft alleingelassen. Michael Müller, dessen Tochter 2017 bei einem Verkehrsunfall getötet wurde, beschreibt die jahrelange Wartezeit als zermürbend: «Wir hatten acht Jahre lang keine Gewissheit.»
Der Täter, der unter Drogeneinfluss und mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, wurde schliesslich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Doch das Gericht reduzierte die Strafe um sechs Monate – wegen der langen Verfahrensdauer. «Das Vertrauen in die Justiz habe ich verloren», sagt Müller resigniert.
Anwälte und Rechtsexperten kritisieren die Auswirkungen der Verzögerungen scharf. «Strafen verlieren ihren Zweck, wenn sie erst zehn Jahre nach der Tat ausgesprochen werden», sagt Strafverteidiger Konrad Jeker. Für Opfer sei es oft noch schlimmer. «Jede neue Prozesshandlung reisst alte Wunden auf», erklärt Rechtsanwältin Karen Schobloch.
Ein Rechtssystem unter Druck
Die Gründe für die Überlastung sind vielfältig: Bevölkerungswachstum, mehr Gesetze mit Strafbestimmungen und eine steigende Klagefreudigkeit. Hinzu kommt, dass Polizei und Staatsanwaltschaften aufgerüstet wurden, während die Gerichte oft mit dem gleichen Personalstand auskommen müssen.
Der Zürcher Rechtsprofessor Matthias Mahlmann sieht eine «Krise der Rechtsstaatlichkeit». Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei ein wertvolles Gut, das durch die langen Verfahren gefährdet werde. «Wenn wir die Probleme nicht lösen, riskieren wir eine zynische Haltung gegenüber der Justiz.»
Was muss sich ändern?
Um das System zu entlasten, sind grundlegende Reformen nötig. Mehr Personal für die Gerichte, effizientere Prozesse und klare Prioritäten könnten helfen, die Pendenzen zu reduzieren.
Gleichzeitig fordern Anwälte wie Schobloch mehr Transparenz: «Gerichte sollten Betroffenen ehrlich sagen, wann mit einem Abschluss zu rechnen ist. Die ständige Ungewissheit zermürbt die Menschen.»
Der Redaktor hat diesen Artikel mithilfe von KI geschrieben.
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