Joseph Deiss beklagt «Verluderung» Alt-Bundesrat Deiss geht Ueli Maurer und Donald Trump scharf an

Andreas Fischer

10.2.2025

Alt-Bundesrat Joseph Deiss (hier bei einem Auftritt an der Universität Lausanne im Jahr 2016) bezieht klar Stellung zu aktuellen politischen Themen.
Alt-Bundesrat Joseph Deiss (hier bei einem Auftritt an der Universität Lausanne im Jahr 2016) bezieht klar Stellung zu aktuellen politischen Themen.
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Der Schock bei Joseph Deiss sitzt tief. Der Alt-Bundesrat sieht eine «Verluderung» auf vielen politischen Ebenen und geht in einem Interview mit Donald Trump, Ueli Maurer und dem Aussendepartement ins Gericht.

Andreas Fischer

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Alt-Bundesrat Joseph Deiss spart in einem Interview nicht mit Kritik an der aktuellen Schweizer Politik und bemängelt die Kürzungen bei der Entwicklungshilfe. 
  • Auch mit Ueli Maurer geht er wegen dessen Auftritt bei der AfD Gericht.
  • International sieht Deiss durch Donald Trump eine «Verluderung» auf allen Ebenen und befürchtet, dass es der US-Präsident darauf anlege, «alles in die Luft zu jagen».

Für Joseph Deiss sind die aktuellen Entwicklungen in der nationalen und internationalen Politik besorgniserregend. Der Alt-Bundesrat spart in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» nicht mit klaren Worten. Im Fokus seiner Kritik: Donald Trump, das Aussendepartement – und Ueli Maurer.

So hält Deiss die Nachricht, dass Donald Trump den Gazastreifen übernehmen und die palästinensische Bevölkerung umsiedeln will, für bemerkenswert. Sie beweise, dass dem Amerikaner das Völkerrecht egal sei.

«Schlimmer noch habe ich je länger, je mehr das Gefühl, dass der amerikanische Präsident in seinem Machtrausch jedes Mass verloren hat», kritisiert Deiss und sieht eine «Verluderung» auf allen Ebenen – beginnend mit den Umgangsformen. «Meine Hoffnung ist, dass die Menschen irgendwann einsehen, dass der Weg zum Frieden über die Vernunft führt», sagt er dem «Tages-Anzeiger» und beteuert, dass er nicht nur pessimistisch sei.

Sorge bereitet dem ehemaligen Aussenminister gleichwohl, dass man das Gefühl bekomme, es gehe Machtmenschen wie Donald Trump darum, «alles in die Luft zu jagen. Das Problem ist: Sie hätten auch die Mittel dazu.»

Ueli Maurers AfD-Auftritt schockiert den Alt-Bundesrat

Doch nicht nur die Entwicklungen in der internationalen Politik enervieren Joseph Deiss. Fassungslos ist er auch ob Ueli Maurers Auftritt auf dem Parteitag der deutschen AfD, einer Partei mit «Verschwörungstheoretikern und Holocaust-Leugnern» in ihren Rängen.

«Ich war schockiert. Ein führender Vertreter der grössten Schweizer Partei masst sich an, den Leuten im grössten Land Europas zu empfehlen, für wen sie stimmen sollen.» Anderseits sei er Ueli Maurer auch dankbar: «Jetzt wissen wir alle, wo seine Partei politisch steht.»

Dass die Schweiz derzeit über die Bücher geht und zum Beispiel das Aussendepartement (EDA) Budgetkürzungen von fast einer halben Milliarde Franken bekannt gegeben hat, findet Deiss in der Sache richtig. «Die bewaffnete Neutralität ist nur glaubwürdig, wenn die Schweiz verteidigungsfähig ist.» Dazu könne auch das EDA einen Beitrag leisten.

Die humanitäre Schweiz soll nicht «schmürzelig» werden

Allerdings gibt es nach Ansicht des Alt-Bundesrates Einschränkungen: «Was ich nicht verstehe, ist, wenn die humanitäre Schweiz ‹schmürzelig› wird, als ob bald Matthäus am Letzten wäre.»

Getroffen habe ihn insbesondere, dass die Schweiz Zahlungen an das UNO-Hilfswerk für Palästina (UNRWA) eingestellt hat. Dabei sei es um vergleichsweise bescheidene Beträge gegangen. «Wir sagen Zehntausenden Kindern im Gazastreifen: Tut uns leid, ihr kriegt kein Essen mehr, weil wir Zweifel haben? Damit verriet die Schweiz ihre humanitären Werte.»