Alles klar vor der Bundesratswahl? Nicht ganz
Heute Mittwoch wählt das Parlament den neuen Bundesrat. Eine Analyse von den «Bluewin»-Redaktoren Anna Kappeler und Tobias Bühlmann.
10.12.2019
Heute wählt das Parlament den neuen Bundesrat. Die Grünen wollen mitmachen in der Landesregierung – doch eine entscheidende Kraft will sich nicht hinter Kandidatin Regula Rytz stellen.
Am Tag vor der Bundesratswahl haben sich in Bern die letzten Parteien entschieden, wie sie vorgehen wollen: Soll Regula Rytz als erste Grünenpolitikerin in die Landesregierung einziehen, oder bleibt alles, wie es ist?
Im Video machen die «Bluewin»-Redaktoren Anna Kappeler und Tobias Bühlmann eine Auslegeordnung.
Die Parteien vor der Gesamterneuerungswahl
Die SP-Fraktion hat Regula Rytz am Nachmittag als letzte Partei zum Hearing empfangen – und ist überzeugt von der Grünen-Präsidentin: Die Sozialdemokraten wollen anstatt Cassis Rytz in den Bundesrat wählen.
Allerdings steht die Partei nicht geschlossen hinter der Grünen-Wahl: Zwar stimmte niemand gegen Rytz, doch drei Fraktionsmitglieder haben ihr die Stimme nicht gegeben, wie Fraktionspräsident Roger Nordmann vor den Bundeshaus-Journalisten sagte.
Ein diffuseres Bild geben die Grünliberalen ab: «Wir stehen hinter der Konkordanz», sagte Fraktionschefin Tiana Moser nach der Sitzung ihrer Partei vor den Medien. Die FDP sei heute im Bundesrat übervertreten, eine andere Sitzverteilung im Bundesrat darum angezeigt. Doch dann folgte das grosse «aber»: Würde Rytz in den Bundesrat gewählt, sässen danach drei Linke im Bundesrat, womit diese übervertreten seien.
Die GLP hat darum keinen klaren Entscheid für oder gegen die Bundesratskandidatin der Grünen gefällt. Einige Fraktionsmitglieder werden Rytz wählen, so Moser, andere nicht. Von einer eigentlichen «Stimmfreigabe» wollte sie aber nichts wissen.
Bundesratskandidatin Rytz gab am Tag vor der Wahl die Staatsfrau: «Die Grünen wollen Verantwortung übernehmen», sagte sie nach der Anhörung bei der SP den Medien. Und dazu sei man auch bereit, Reformen mitzutragen, für welche die Partei nicht Feuer und Flamme ist.
Trotzdem wird es Rytz bei der Gesamterneuerungswahl am Mittwoch schwer haben: Denn selbst wenn sich die GLP entgegen der Angaben von Fraktionspräsidentin Moser geschlossen hinter sie stellen würde, bräuchte sie auch noch die Stimmen der Mitte für eine Wahl – und die wollte Rytz nicht einmal zu einem Hearing empfangen.
Gewinner und Verlierer der eidgenössischen Wahlen
Gewinner und Verlierer der eidgenössischen Wahlen
Sie ist die strahlende Siegerin der Wahlen: Grünen-Präsidentin Regula Rytz. Ihre Partei kann den Wähleranteil mit 13,2 Prozent verdoppeln, sie ist erstmals stärker als die CVP.
Auch GLP-Chef Jürg Grossen gehört zu den grossen Gewinnern: Seine Partei gewinnt ebenfalls massiv Wähleranteile hinzu und voraussichtlich neu Sitze zusätzlich erhalten.
SVP-Präsident Albert Rösti ist der grösste Verlierer der Wahlen vom Sonntag: Seine Partei büsst zwölf Sitze im Nationalrat ein. Und auch Petra Gössis FDP muss Verluste hinnehmen, wenn auch in geringerem Mass: minus vier Sitze im Nationalrat.
Immerhin ein kleiner Trost für Rösti: Er wurde mit den meisten Stimmen in den Nationalrat gewählt. 128'252 Stimmen konnte der landesweite Stimmenkönig auf sich vereinen.
Christian Levrat muss gleich zwei Niederlagen verkraften: Zum einen büsst seine SP Wähleranteile und damit vier Sitze im Nationalrat ein, zum anderen kann er seinen Ständeratssitz im Kanton Freiburg nicht im ersten Anlauf verteidigen.
Zu den grossen Verlierern zählt die BDP – im Kanton Graubünden hat Duri Campell seinen Sitz verloren, und auch in anderen Kantonen büsste die Partei Sitze ein. Damit kommt die Partei, die sich einst von der SVP abgespaltet hat, künftig nicht mehr auf Fraktionsstärke.
Eine eigentliche Sensation schaffte Mathias Zopfi im Kanton Glarus: Der 35-jährige Grüne gewinnt das Rennen um einen Sitz im Ständerat gegen den amtierenden SVP-Politiker Werner Hösli.
Und gleich noch eine Überraschungssiegerin der Grünen: Céline Vara zieht für den Kanton Neuenburg in den Ständerat ein. Der Sitzgewinn der 35-Jährigen Politikerin geht zulasten der SP.
Freuen kann sich auch Magdalena Martullo-Blocher: Die SVP-Frau kann ihren Bündner Nationalratssitz problemlos verteidigen. Ihr Parteikollege Heinz Brand dagegen verliert sein Mandat in der grossen Kammer.
Monika Rüegger heisst die strahlende Siegerin der SVP im Kanton Obwalden: Sie holt für ihre Partei nach acht Jahren den Sitz im Nationalrat zurück, zudem ist sie die erste Frau, die der Innerschweizer Kanton nach Bern schickt.
Mit Hans-Ulrich Bigler, hier ein Archivbild, verpasst ein prominenter FDP-Vertreter die Wiederwahl: Der Präsident des Gewerbeverbands fällt nach vier Jahren wieder aus der grossen Kammer.
Auch bei der SP hat der Sitzverlust bekannte Namen getroffen, allem voran Gewerkschafter Corrado Pardini. Der Nationalrat, auch hier auf einem Archivbild, hat die Wiederwahl verpasst.
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