Ansturm auf DiätmittelÄrzte werden wegen Abnehm-Spritzen überrannt
toko
29.10.2024
Abnehm-Spritzen wie etwa Wegovy oder Ozempic sind heiss begehrt. Auch in der Schweiz gibt es deshalb einen regelrechten Ansturm auch die vermeintlichen Wundermittel. Ärzte sind am Anschlag.
toko
29.10.2024, 20:41
Oliver Kohlmaier
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Auch in der Schweiz gibt es einen Run auf Abhehm-Spritzen, die zunehmen auch zum Lifestyle-Produkt werden.
Die hohe Nachfrage und strenge Vorgaben des BAG führen jedoch zu Überlastung in spezialisierten Zentren und den dort arbeitenden Ärzten.
Hinzu kommt, dass die Patienten die Präparate möglichst schnell haben wollen und es somit zu Verschreibungen ohne die notwendige Kostengutsprache kommt.
Die Nachfrage nach Abnehmspritzen ist ungebrochen. Diätpräparate wie Wegovy, Ozempic oder Saxenda sind dabei auch als Lifestyle-Produkte beliebt. Dies führt jedoch zunehmend zur Überlastung spezialisierter Spitäler in der Schweiz, schreibt der «Tages-Anzeiger».
«Es hat unseren Betrieb fast kaputtgemacht», sagt etwa ein Leiter eines Schweizer Diabetes- und Adipositas-Zentrums der Zeitung. Der Arzt mit dem erfundenen Namen Markus Schmid will anonym bleiben, weil er befürchtet, dass sonst noch mehr Patienten das Zentrum besuchen. Sie alle wollen die begehrten Abnehmspritzen. Schmid sagt: «Dafür fehlt mir schlicht die Kapazität».
Hinzu kommt, dass der Zeitung zufolge rund ein Drittel der Abnehm-Spritzen auf eigene Kosten beschafft werden. Sie werden somit auch zum Lifestyle-Produkt, wie der Zentrumsleiter amüsiert festhält: «Bei uns im Spital sind in den letzten Jahren einige etwas übergewichtige Kolleginnen und Kollegen plötzlich deutlich schlanker geworden».
Aber nicht nur die vielen Patienten sorgen für Belastung in der Ärzteschaft. Auch strenge Vorgaben des Bundesamt für Gesundheit (BAG) machen den Medizinern in den spezialisieren Zentren das Leben schwer. Die hohen Preise, Nebenwirkungen und möglicherweise noch unbekannt Langzeitfolgen machten dies jedoch auch erforderlich.
«Da herrscht Wildwuchs»
Denn damit die Abnehmpräparate durch die Grundversicherung gedeckt sind, ist für jeden Patienten von der Krankenkasse eine sogenannte Kostengutsprache einzuholen. Nach 16 Wochen müsse diese erneut beantragt werden, zudem ein Gewichtsverlust von fünf bis sieben Prozent nachgewiesen werden. Anschliessend brauche es alle sechs Monate einen erneuten Antrag an die Kasse, bei dem Gewichtsrückgang sowie körperliche Aktivität dokumentiert werden sollen.
Schmid zufolge muss das Zentrum somit je Patient für eine dreijährige Therapie siebenmal eine Kostengutsprache beantragen». Hinzu kommen Rückfragen der Kassen. «Der administrative Aufwand ist riesig», sagt der Arzt.
Hinzu kämen noch eine grosse Zahl jener Patientien, die die Abnehmspritzen von niedergelassenen Ärzten ohne Kostengutsprache erhalten hätten. «Da herrscht Wildwuchs», sagt der Schmid. Die Betoffenen kämen dann ins Zentrum, die versäumten Kostengutsprachen müssten rückwirkend bei den Krankenkassen eingeholt werden.
Patienten sind ungeduldig
Ein Grund für die vielen Verschreibungen ohne Kostengutsprachen sei auch, dass die Patienten die Abnehmspritzen so schnell wie möglich haben wollen.
Vor allem während der Lieferengpässe im vergangenen Jahr bekamen dies auch Diabetiker zu spüren, berichtet Schmid. Die sollen das Medikament möglichst durchgängig nehmen sollen. Im Gegensatz dazu tragen Adipöse ihre Übergewicht teils schon seit Jahrzehnten mit sich herum.
Seit März 2023 ist Wegovy krankenkassenpflichtig und auch lieferbar, so dass sich die Situation in der Schweiz etwas entschärft habe. Doch das bedeute auch, dass nun noch mehr Patienten ins Zentrum kämen. «Der Markt wird überschwemmt», sagt Schmid.