Widerstand ist grossAutobahnausbau scheidet die Politik
Samuel Walder
3.11.2024
Der Autobahnausbau ist ein Streitthema: Während Befürworter ihn als Antwort auf den wachsenden Verkehr sehen, warnen Umweltverbände vor den Folgen für Natur und Klima – Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick.
Samuel Walder
03.11.2024, 17:28
03.11.2024, 17:32
Samuel Walder
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Am 24. November stimmt die Schweiz über 4,9 Millionen Franken für den Ausbau von sechs Autobahnprojekten ab.
Das stösst auf starken Widerstand von Umweltverbänden und linken Parteien.
Gegner kritisieren den Flächenverbrauch und bezweifeln, dass der Ausbau das Verkehrsproblem löst, da mehr Strassen eher zusätzlichen Verkehr anziehen könnten.
Während der Bahnverkehr zuletzt stark wuchs, stagniert der Autoverkehr; Prognosen deuten auf eine geringere Nachfrage nach motorisiertem Individualverkehr bis 2050 hin.
Am 24. November stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die Finanzierung von sechs Autobahn-Ausbauprojekten in Höhe von insgesamt 4,9 Millionen Franken ab. Die Pläne stossen jedoch auf Widerstand: Umweltverbände und linke Parteien kritisieren das Vorhaben scharf, wie der «Tages Anzeiger» schreibt.
Einst galten Autobahnen als Symbole des Fortschritts und Wohlstands – doch im Kontext des Klimawandels ist diese Ansicht nicht mehr unumstritten. Abseits der ideologischen Debatte stellt sich die Frage, wie unverzichtbar die Schnellstrassen für den Verkehr tatsächlich sind. Die Zahlen zeigen eine bemerkenswerte Dominanz der Autobahnen.
Ein Hauptargument der Ausbaugegner ist die fortschreitende Versiegelung von Flächen, wodurch wertvolles Kulturland verloren gehe. Laut Bundesamt für Strassen (Astra) sind die Nationalstrassen jedoch etwa 2,5-mal flächeneffizienter als das Schienennetz und sogar 8-mal effizienter als das restliche Strassennetz. So wird auf wenig Fläche eine hohe Transportleistung erbracht.
Autobahnen machen nur 2,7 Prozent des Strassennetztes aus
Kritiker bemängeln jedoch, dass die Effizienz nicht mit dem gesamten Schienennetz, sondern nur mit den Hochleistungsstrecken der Bahn verglichen werden sollte. Trotz dieser Einwände bleibt die Bedeutung der Autobahnen unbestritten: Sie machen lediglich 2,7 Prozent des Strassennetzes aus, tragen jedoch etwa 45 Prozent des gesamten Straßenverkehrs und 70 Prozent des Güterverkehrs.
Obwohl die Bahn als nationales Kulturgut gilt, befördert sie im Schnitt nur 16 Prozent der Passagierkilometer, während Autos drei Viertel der Strecken abdecken. In den Zügen der SBB betrug die Auslastung 2023 durchschnittlich 27,2 Prozent – viele Sitze bleiben also ungenutzt. Trotzdem klagen Reisende häufig über überfüllte Züge, da die Auslastung stark variiert. Ähnlich sieht es auf den Strassen aus: Die Anzahl der Staustunden auf Nationalstrassen hat sich seit 2000 fast verzehnfacht, was laut Astra vor allem auf überlastete Strassen und weniger auf Baustellen zurückzuführen ist.
Für die Befürworter des Autobahnausbaus sind diese Stauzahlen ein klares Argument für das Vorhaben: Der Ausweichverkehr belaste auch Städte und Dörfer. Die Gegner hingegen sehen darin das Problem – ein Ausbau würde lediglich mehr Verkehr anziehen und das Grundproblem nicht lösen.
Der Bahnverkehr wächst am stärksten
Der Schienenverkehr hat in den letzten 20 Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Mit Bauwerken wie dem Lötschberg- und dem Gotthard-Basistunnel sowie der Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist wurden beeindruckende Passagierrekorde erzielt.
Der Autoverkehr hingegen wuchs kaum schneller als die Wohnbevölkerung. Interessant ist der Effekt der Corona-Pandemie: Während die SBB einen Passagierrekord verzeichnete, liegt die gefahrene Autokilometerzahl noch unter dem Niveau von 2019.
Die Prognosen des Bundes gehen bis 2050 von einem Bevölkerungswachstum von 21 Prozent und einer Zunahme des Verkehrs um 11 Prozent aus, wobei der motorisierte Individualverkehr sogar leicht abnehmen soll. Ein weiteres Fünftel der Fahrzeuge werde laut Szenario bis 2050 autonom fahren.
Diese Entwicklung berücksichtige der Autobahnausbau zu wenig, kritisieren 342 Verkehrsexperten in einer Petition gegen das Projekt. Trotzdem bleiben diese Zukunftsszenarien ungewiss: In der Vergangenheit lag der Bund oft daneben, insbesondere bei der Bevölkerungsentwicklung.