AHV-Revision Das Rentenalter 65 für Frauen bleibt ein Knackpunkt

lmy

16.3.2021

Männer und Frauen sollen bis 65 arbeiten, wenn es nach dem Ständerat geht.
Männer und Frauen sollen bis 65 arbeiten, wenn es nach dem Ständerat geht.
Keystone/Peter Klaunzer

Der Ständerat hat den ersten Schritt für eine Revision der AHV gemacht. Ob das Rentenalter 65 für Frauen kommt, ist noch unsicher.

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Es soll endlich eine AHV-Revision her: Der Ständerat hat den ersten Schritt dazu getan und gestern gegen die Stimmen von SP und Grünen nach einer langen Debatte beschlossen, das Rentenalter für Frauen von 64 auf 65 zu erhöhen. Damit würde die AHV ab 2031 um 1,4 Milliarden Franken pro Jahr entlastet. Zur Abfederung gibt es Ausgleichsmassnahmen.

Klar ist allen, dass das nur eine «Mini-Reform» ist, wie ein Mitglied der kleinen Kammer sie nannte. Eine weitergehende strukturelle Anpassung soll in einem nächsten Schritt erfolgen. Dies wird jedoch nicht einfacher: Die letzte AHV-Revision datiert von 1997, wie diese Auflistung der «Neuen Zürcher Zeitung» zeigt.

Seither gab es zwar immer wieder Anpassungen, vor allem bei der Höhe der Renten. Zuletzt kam 2017 ein Vorschlag zur AHV-Revision vors Volk, die jedoch von verschiedenen Seiten bekämpft wurde und schliesslich knapp scheiterte. Das höhere Rentenalter für Frauen war dabei immer ein Knackpunkt.

Wer ist von der Erhöhung des Rentenalters betroffen?

Das Rentenalter für Frauen soll nun also von 64 auf 65 Jahre erhöht werden, und zwar in vier Schritten um je drei Monate pro Jahr. Der erste Schritt würde ein Jahr, nachdem die Revision in Kraft tritt, erfolgen – also wohl frühestens 2023, meint der «Tages-Anzeiger». Ab 2027 gälte dann das Rentenalter 65, also für Frauen mit Jahrgang 1962 und jünger.

Bekommen die Betroffenen dafür etwas?

Der Ständerat hat nicht den Vorschlag des Bundesrates oder der Kommissionsmehrheit angenommen, sondern einen aus der Mitte-Fraktion. Diese schlägt ein sogenanntes Trapezmodell vor: Neun Jahrgänge erhalten einen Zuschlag von maximal 150 Franken pro Monat. Das soll im Jahr der stärksten Belastung 430 Millionen Franken kosten.

«Angemessene Übergangslösungen und Ausgleichsmassnahmen werden der Schlüssel zum Erfolg dieser Revision», sagte Brigitte Häberli-Koller (Mitte) gestern in der Debatte. Ob dies der Fall ist, wird sich zeigen.

Was ist mit den Ehepaaren?

Die Mitte wollte höhere Renten für Ehepaare. Statt 150 Prozent der normalen Rente sollten diese neu 155 Prozent bekommen. Die zusätzlichen Kosten hätten 650 Millionen Franken betragen.

Damit stand die Fraktion aber allein da, ihr Vorschlag kam nicht durch – das könnte die AHV-Reform retten, kommentiert SRF. Die Gegner hätten dann argumentieren können, dass die Frauen ein Jahr länger arbeiten müssten, damit Ehepaare mehr Rente bekommen.

Wie sieht es aus mit der Finanzierung?

Die Einnahmen der AHV reichen seit acht Jahren nicht mehr aus, um die Ausgaben zu decken. Eine Mehrwertsteuererhöhung um 0,3 Prozentpunkte soll pro Jahr eine zusätzliche Milliarde in die AHV spülen. Der Normalsatz würde neu 8,0 Prozent betragen. Der reduzierte Satz und der Sondersatz für die Hotellerie soll um je 0,1 Prozentpunkte erhöht werden.

Was sind die Reaktionen?

Vor allem die Linke ist dagegen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bezeichnet die Beschlüsse des Ständerats in einer Mitteilung als «respektlos». Die Renten müssten für Frauen steigen, nicht das Rentenalter. Man werde alles daran setzen, dass der Nationalrat diese korrigiere. 

Mitte-Ständerätin Andrea Gmür sprach auf Twitter von einem «guten Entscheid». Maya Graf – Ständerätin der Grünen und Co-Präsidentin von Alliance F – antwortete ihrer Kollegin mit klaren Worten: «Ein #NoDeal!»

Zufrieden zeigt sich unter anderem der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Die aktuelle Reform sei in einem guten Gleichgewicht zwischen strukturellen und finanziellen Massnahmen. 

Wie geht es nun weiter?

Die Vorlage geht nun in die zuständige Kommission des Nationalrates, der sich dann als Zweitrat damit befasst. Danach werden die Differenzen zwischen den Räten bereinigt – die parlamentarischen Beratungen dürften rund ein Jahr dauern, meint der «Tages-Anzeiger». Bei einem Referendum käme die Vorlage noch vors Volk. Bei einem Ja würde die Revision voraussichtlich 2023 oder 2024 in Kraft treten.