Angst vor Putins Rache Elon Musk vereitelt ukrainischen Überraschungsangriff 

Von Philipp Dahm

8.9.2023

Tesla-Chef Musk litt unter strengem Vater

Tesla-Chef Musk litt unter strengem Vater

Der Vater des Tech-Milliardärs habe gewusst, «wie man Angst und Schrecken verbreitet», sagte Elon Musk. Nachdem Elon in seiner Kindheit einmal verprügelt wurde, kam er ins Krankenhaus. Er habe «wie eine geschwollene Kugel aus rohem Fleisch» ausgesehen. Der Vater stellte isch auf die Seite des Angreifers.

08.09.2023

2022 wollte die Ukraine die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol mit einer Unterwasser-Drohne angreifen. Doch die Starlink-Verbindung riss ab – weil Elon Musk nicht will, dass seine Technik für den Krieg benutzt wird.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die kommende Biografie «Elon Musk» enthüllt, dass Starlink in der Nähe der Krim nicht funktioniert.
  • Ein Angriff einer Unterwasser-Drohne auf den Militärhafen in Sewastopol ist deswegen gescheitert.
  • Kiew hatte Musk gebeten, die Verbindung auch dort zu ermöglichen.
  • Musk lehnte ab: Er wollte ein «Mini-Pearl-Harbour» vermeiden und habe einen russischen Atomschlag als Antwort befürchtet.
  • Nun hagelt es Kritik an Musk und der Macht, die er durch seine Satelliten hat. 

Als Russland am 24. Februar 2022 sein Nachbarland überfällt, sorgt das Militär dafür, dass die Telefon- und Internet-Verbindungen in der Ukraine zusammenbrechen. Damals beschliesst Elon Musk zu helfen: Der reichste Mann der Welt, der laut «Forbes» 253,5 Milliarden Dollar schwer ist, versorgt das Land mit Starlink-Terminals.

Mit ihnen können die Ukrainer sich mit den Satelliten von SpaceX verbinden, die ihnen erlauben, zu kommunizieren. Nun behauptet ein Biograf, der 52-Jährige habe die Verbindung gekappt, als Kiew im vergangenen Jahr die russische Marine mit einer Unterwasser-Drohne angreifen wollte, die mit Sprengstoff gefüllt war.

Diese habe angeblich nahe der Krim «die Verbindung verloren und ist harmlos am Strand angespült worden». Das Thema wird in einem neuen Buch aufgegriffen. «Wie geht es mir in diesem Krieg», hat Musk laut CNN Walter Isaacson gefragt, dessen Biografie «Elon Musk» am 12. September erscheint.

Musk: Starlink wurde nicht für den Krieg gemacht

«Starlink wurde nicht gemacht, um in Kriegen verwendet zu werden. Es wurde gemacht, damit Leute Netflix gucken, chillen, Online-Kurse besuchen und gute, friedliche Sachen machen können statt Drohnen-Angriffen», wird Musk zitiert.

Ein ukrainischer Soldat arbeitet im Oblast Tschernihiw mit einem Starlink-Terminal.
Ein ukrainischer Soldat arbeitet im Oblast Tschernihiw mit einem Starlink-Terminal.
Bild: Imago/NurPhoto

Der Verlust der Verbindung zur Unterwasser-Drohne hat Mychajlo Fedorow dazu veranlasst, Musk eine SMS zu schicken. Fedorow ist stellvertretender Premier der Ukraine, aber auch Minister für digitale Transformation. Darin hat er angeblich darum gebeten, die Verbindung wiederherzustellen und aufgezeigt, was die Drohne bewirken könnte. 

«Ich möchte nur, dass Sie – die Person, die die Welt durch Technologie verändert – das wissen», soll die SMS geendet haben. Musks Antwort: Kiew «geht zu weit und lädt zu einer strategischen Niederlage ein».

«Ein Cocktail aus Ignoranz und einem zu grossen Ego»

Musk habe ein «Mini-Pearl-Harbour» vermeiden wollen, weil er anscheinend glaubt, der Kreml könnte auf den Angriff mit einem Atomschlag antworten. «Wir wollten kein Teil davon sein», soll Musk gesagt haben.

Diese Enthüllungen schlagen naturgemäss hohe Wellen. Mychajlo Podoljak, ein wichtiger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, kritisiert den Multimilliardär mit Nachdruck – ausgerechnet auf Musks Plattform X. «Manchmal ist ein Fehler mehr als nur ein Fehler», schreibt Podoljak.

Dadurch, dass Musk den Angriff auf die «militärische (!) Flotte» unterbunden habe, habe er diesen Schiffen erlaubt, Kalibr-Marschflugkörper auf seine Heimat abzufeuern. «In der Folge wurden Zivilisten, darunter Kinder, getötet. Es ist das Ergebnis eines Cocktails aus Ignoranz und einem zu grossen Ego.»

«SpaceX hätte sich explizit an einem Grossangriff beteiligt»

Er frage sich, warum manche Leute partout Kriegsverbrecher verteidigen müssten. «Und sehen sie jetzt ein, dass sie Böses tun und Böses ermutigen?», endet sein Tweet. Musk selbst kommentiert den CNN-Bericht – ebenfalls auf X.

«SpaceX hat gar nichts deaktiviert», hält er fest. Starlink sei in dieser Region nie aktiviert worden, führt er aus. Und er legt nach: «Beide Seiten sollten einem Waffenstillstand zustimmen. An jedem Tag, der vergeht, sterben ukrainische und russische Jugendliche, um kleine Stücke Land zu gewinnen oder zu verlieren, während sich die Grenzen kaum verändern. Das ist ihre Leben nicht wert.»

Es habe zwar eine dringende Anfrage gegeben, Starlink bis nach Sewastopol zu aktivieren. «Offensichtlich mit der Intention, einen Grossteil der vor Anker liegende russische Flotte zu versenken. Wenn ich dem zugestimmt hätte, hätte sich SpaceX explizit an einem Grossangriff und der Eskalation des Konfliktes beteiligt», schreibt Musk.

«Reicht nicht für einen Atomkrieg»

Nun ist eine wilde Diskussion entbrannt: Die einen loben den Amerikaner, weil er einen potenziellen Atomkrieg verhindert habe. Die anderen wie der Militär-Experte Emil Kastehelmi kritisieren Musk scharf. «Einige Schiffe in einem Kriegsgebiet zu beschädigen oder zu zerstören, reicht nicht für einen Atomkrieg», schreibt der Finne. «Solche Handlungen lassen Russland freier operieren.»

Die «New York Times» (NYT) hält fest, dass Musk viel Macht über satellitengestützte Kommunikation aufgebaut hat. «Während er sich wenig Regulationen oder Aufsicht gegenübersieht, beunruhigt sein erratisches Stil zunehmend militärische und politische Führungspersonen», schreibt die Zeitung. Seine Autorität sei «unberechenbar».

Und dennoch: Die Ukraine ist abhängig von SpaceX. «Starlink ist jetzt tatsächlich das Blut unserer gesamten Kommunikationsinfrastruktur», drückt es Minister Fedorow aus. 42’000 Starlink-Terminals sind landesweit im Einsatz: Nicht nur das Militär, sondern auch Spitäler oder Firmen nutzen das Netz.

Ein ukrainischer Drohnenpilot bei der Arbeit: Das Militär ist von Starlink de facto abhängig.
Ein ukrainischer Drohnenpilot bei der Arbeit: Das Militär ist von Starlink de facto abhängig.
Bild: Imago/Pacific Press Agency

Es gibt für Kiews Militär aber noch Hoffnung: Im Juni hat die US-Regierung laut NYT beschlossen, 400 bis 500 Starlink-Terminals zu kaufen, bei denen das Pentagon festlegen kann, wo sie funktionieren. Die Diskussion um Elon Musks Macht wird damit aber nicht beendet werden.