Fragen und AntwortenDas musst du über die F-16-Kampfjet-Lieferungen wissen
dpa / tmxh
22.8.2023 - 00:00
Experte: F-16-Zusagen wichtig für ukrainische Motivation
London, 21.08.2023: Dänemark und die Niederlande haben die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine zugesagt. Das ist laut Politologe Maximilian Terhalle besonders wichtig für die Motivation der Ukrainer. Es ginge um Erfolge auf dem Schlachtfeld und eine Gegenoffensive, die auch als solche allgemein wahrgenommen werde.
Die Jets seien aber kein «Gamechanger». Die Russen würden ihre Überlegenheit nicht freiwillig aufgeben. Ausserdem würden die F-16 erst in einigen Monaten geliefert, um die ukrainischen Bodentruppen zu entlasten.
Terhalle wünscht sich auch mehr Tempo der Bundesregierung bei der Entscheidung über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Auch nach 18 Monaten Krieg habe sich die Bundesrepublik keine strategische Initiativkraft angeeignet.
21.08.2023
Könnte die ukrainische Luftwaffe schon bald mit westlichen Kampfjets russische Ziele angreifen? Nach den Entwicklungen der vergangenen Tage sieht alles danach aus. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
22.08.2023, 00:00
dpa / tmxh
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Dänemark und die Niederlande liefern der Ukraine 61 F-16-Kampfjets.
Spätestens um die Jahreswende soll die ukrainische Armee die ersten Flugzeuge erhalten.
Der Weg für eine Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine scheint endgültig frei. Spätestens um die Jahreswende herum sollen die Streitkräfte des von Russland angegriffenen Landes die ersten Flugzeuge erhalten.
Dutzende weitere werden den Planungen nach folgen. Kontrovers wird nun diskutiert, was die Entwicklungen für die Ukraine und die Nato bedeuten. Fragen und Antworten im Überblick.
Sie gehen davon aus, dass sich mit den F-16 die Zahl erfolgreicher russischer Raketen- und Drohnenangriffe deutlich reduzieren lassen könnte. Dazu würden sie zusammen mit bodengestützten Flugabwehrsystemen eingesetzt. Zudem will die Ukraine die mehr als 2000 Stundenkilometer schnellen Mehrzweckkampfflugzeuge, um sie bei Offensiven gegen Russland zur Unterstützung der Bodentruppen einzusetzen.
«F-16 werden es uns ermöglichen, unseren Himmel zu kontrollieren, unsere Truppen zu schützen, ihre Verluste zu reduzieren und die Chancen unserer Piloten zu erhöhen, Luftkämpfe zu überleben», schrieb der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba bereits im Frühjahr in einem Gastbeitrag für das US-Fachmagazin «Foreign Policy».
Eine Lieferung von F-16 könne dadurch auch für ein schnelleres Kriegsende sorgen. Dies werde viele Menschenleben retten, aber auch politische, militärische und wirtschaftliche Ressourcen schonen.
Kann der Ukraine so ein schneller Durchbruch gelingen?
Das wird für sehr unwahrscheinlich gehalten – vor allem, weil die russische Luftwaffe über erhebliche Abwehrkapazitäten verfügt. Ein «Gamechanger» seien die F-16 nicht, sagte der Politologe Maximilian Terhalle der Deutschen Presse-Agentur.
Die Kampfjets seien für Präsident Wolodymyr Selenskyj aber ein wesentliches Element, um «die Motivation der Bevölkerung und der Truppen aufrechtzuerhalten und zu befördern.» Dies gelte umso mehr, weil die aktuelle Gegenoffensive «in der allgemeinen Wahrnehmung noch nicht da ist, wo sie sein sollte», erklärte der Gastprofessor an der London School of Economics.
Warum bekommt die Ukraine F-16 und keine anderen Kampfjets?
Die Jets, die den offiziellen Beinamen «Kämpfender Falke» tragen, gelten als äusserst leistungsfähig und sind weit verbreitet. Weltweit waren nach Angaben des US-Herstellers Lockheed Martin zuletzt noch etwa 3000 Exemplare im Einsatz. Kiew kann deswegen darauf hoffen, grössere Stückzahlen und keine grossen Probleme bei der Ersatzteilbeschaffung zu bekommen.
Warum werden die ersten Kampfjets erst in ein paar Monaten geliefert?
Grund dafür ist vor allem die notwendige Pilotenausbildung. Nach Angaben von Militärs dauert es vermutlich vier bis neun Monate, auf Sowjetmodellen ausgebildete ukrainische Kampfpiloten im Umgang mit dem westlichen Flugzeugmodell zu schulen. Die komplette Ausbildung eines flugunerfahrenen Soldaten zum Kampfpiloten nimmt in der Regel mindestens vier Jahre in Anspruch.
Welche Länder stellen die F-16 zur Verfügung?
Bislang haben Dänemark und die Niederlande feste Zusagen gegeben. Nach ukrainischen Angaben geht es um 61 Flugzeuge. Aus Dänemark sollen 19 F-16 kommen, die ersten sechs um den Jahreswechsel. Aus den Niederlanden erwartet die Ukraine 42 Flugzeuge. Sowohl in Dänemark als auch in den Niederlanden werden die F-16-Jets nach und nach durch modernere F-35-Maschinen ersetzt.
Warum liefern die USA als Herstellerland keine F-16?
Das ist nicht ganz klar. In Hintergrundgesprächen haben US-Regierungsbeamte in der Vergangenheit mit einem unvorteilhaften Kosten-Nutzen-Verhältnis argumentiert und zur verstehen gegeben, dass sie die Lieferung von anderen Waffensystemen für wichtiger erachten. Sorge bereitet zudem, dass die westlichen Kampfjets entgegen Absprachen für Attacken auf russisches Gebiet eingesetzt werden und Moskau so zur Eskalation des Krieges über die Ukraine hinaus veranlassen könnten.
Wie reagiert Russland auf die F-16-Lieferungen?
Russland wirft dem Westen vor, sich immer tiefer in den Krieg hineinziehen zu lassen. Aussenminister Sergej Lawrow sagte im Juli sogar, Moskau könne die Kampfjets als nukleare Bedrohung sehen, weil sie mit Atomsprengköpfen bestückbare Raketen tragen könnten. Es werde das Risiko einer direkten militärischen Auseinandersetzung mit Russland geschaffen und die könnte katastrophale Folgen haben, warnte er in einem Interview des russischen Internetportals Lenta.
Wie wird das Eskalationsrisiko in der Brüsseler Nato-Zentrale gesehen?
Offiziell gibt es vom Verteidigungsbündnis keine Antwort auf diese Frage. Stattdessen wird betont, dass die Nato selbst keine Waffen an die Ukraine liefere und Entscheidungen über Waffenlieferungen Sache der Mitgliedstaaten seien. Dass die USA die Lieferung von F-16 erlauben, wird allerdings als klares Zeichen dafür gewertet, dass das Eskalationsrisiko als beherrschbar eingestuft wird. Im Fall eines russischen Angriffs auf einen Nato-Staaten könnte nämlich der Bündnisfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrags ausgerufen werden. Dann würde es heissen: «Einer für alle, alle für einen».