StempelabgabenVolk lehnt Abschaffung der Stempelsteuer deutlich ab
gg, sda
13.2.2022 - 12:05
Unternehmen müssen bei der Aufnahme von Eigenkapital weiterhin eine Emissionsabgabe bezahlen. Das Stimmvolk hat die Abschaffung der sogenannten Stempelsteuer mit fast 63 Prozent abgelehnt. Das ist eine Schlappe für die Bürgerlichen und ein Erfolg für die Linke.
13.02.2022, 12:05
13.02.2022, 17:24
SDA
Das von der SP lancierte Referendum gegen die Abschaffung der Stempelabgabe schaffte die Abstimmungshürde deutlich. Gemäss den Endresultaten aus den Kantonen stimmte eine Mehrheit von 62,7 Prozent der Stimmbevölkerung gegen die Vorlage.
Nur der Kanton Zug befürwortete wie das Parlament und der Bundesrat eine Abschaffung der Steuer. In absoluten Zahlen waren 1'481'100 Stimmende dagegen und nur 882'300 dafür. Die grösste Ablehnung gab es in den Kantonen Bern und Jura mit einem Nein-Stimmen-Anteil von über 70 Prozent.
Das Nein kommt nicht überraschend, die Deutlichkeit erstaunt dennoch. In der letzten Abstimmungsumfrage von gfs.bern im Auftrag der SRG hatten 53 Prozent ablehnende Stimmabsichten angegeben. Von den Parteien hatten nur SP, Grüne, EVP und EDU die Nein-Parole beschlossen.
Erinnerungen an frühere Urnengänge
Mit der nun ausbleibenden Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben wird die seit Ende des Ersten Weltkriegs geltende Stempelsteuer weitergeführt. Die seither mehrmals reformierte Abgabe wird heute erhoben, wenn ein Unternehmen Eigenkapital – etwa in Form von Aktien – beschafft. Die Steuer beträgt ein Prozent des aufgenommenen Kapitals, wird aber erst auf Beträgen über einer Million erhoben. Steuerpflichtig sind also vorwiegend mittlere und grosse Unternehmen.
Die Gegner der Steuervorlage schafften es offenbar – und nicht zum ersten Mal – auch Teile der bürgerlichen Bevölkerung zu überzeugen. Die Kampagne mit Slogans wie «Nein zum Steuer-Bschiss» erinnerte teilweise an den Abstimmungskampf zur Unternehmenssteuerreform III vor fünf Jahren. Damals hatten sich fast 60 Prozent der Stimmenden gegen die Steuerreform gestellt. Jetzt scheiterte erneut eine Steuervorlage.
Allen voran die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran legte sich für ein Nein ins Zeug. In der Abstimmungs-"Arena» des Schweizer Fernsehens (SRF) stritt sie sich leidenschaftlich mit Finanzminister Ueli Maurer und wetterte gegen die zunehmenden Privilegien der Grosskonzerne und Finanzindustrie.
Die meisten Bürgerinnen und Bürger hätten nichts von der Abschaffung der Stempelsteuer, machte das Referendumskomitee geltend. Die Abgabe stelle für Unternehmen, die ihr Kapital aufstocken wollen, kein nennenswertes Problem dar. Nur 0,25 Prozent der Firmen zahlten die Abgabe. Es gebe daher keinen Grund, sie abzuschaffen.
Erfolglose Argumente der Wirtschaft
Die Befürworter – die Parlamentsmehrheit von SVP, FDP, Mitte-Partei und GLP – schafften es nicht, die Bevölkerung vom Gegenteil zu überzeugen. Sie hatten den Werkplatz Schweiz ins Zentrum ihrer Kampagne gestellt und die Stempelabgabe als «überflüssige Sondersteuer» bezeichnet – letztlich erfolglos.
Von der Abschaffung der Emissionsabgabe hätten laut Finanzminister Maurer insbesondere junge, wachstumsstarke Unternehmen profitiert, die noch keine Reserven haben. Ohne Stempelsteuer würden die Investitionskosten gesenkt, was sich positiv auf Wachstum und Arbeitsplätze auswirke, argumentierte er zusammen mit dem Pro-Komitee. Die Stempelsteuer hemme das Wachstum von solchen Unternehmen.
Laut verschiedenen Wirtschaftsverbänden hätte sich die Schweiz die Abschaffung der Stempelabgabe leisten können. Die geschätzten Mindereinnahmen von rund 250 Millionen Franken im Jahr wären mittel- und langfristig mehr als kompensiert worden, mutmassten sie. Als Beleg fügten sie die letzten grossen Unternehmenssteuerreformen an. Seither verzeichne der Bund markant mehr Einnahmen.
Nächste Auseinandersetzung folgt bald
Das Nein zur Stempelsteuer-Vorlage dürfte dem linken Lager Schub verleihen für kommende Debatten in der Steuerpolitik. Die SP sammelt aktuell Unterschriften gegen die Verrechnungssteuerreform. Über das Thema wird voraussichtlich im Herbst abgestimmt.
Im Abstimmungskampf werden die Gegnerinnen und Gegner wohl erneut argumentieren, dass weitere «Milliardensubventionen für das Kapital» fehl am Platz seien. Gleichzeitig bekämpft die Linke die Erhöhung des Frauenrentenalters. Auch bei dieser Vorlage wird wohl das Stimmvolk im Herbst das letzte Wort haben.
Für die Befürworter der AHV-Reform dürfte der heutige Abstimmungssonntag ein Warnruf sein. Mit der Unterstützung von Bundesrat und Parlament ist es an der Urne nicht getan.
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