Filmreife Flucht US-Soldat überquert nordkoreanische Grenze in Touristengruppe

dpa

18.7.2023

US-Soldat nach illegalem Grenzübertritt in Nordkorea wohl in Haft

US-Soldat nach illegalem Grenzübertritt in Nordkorea wohl in Haft

STORY: Auf der koreanischen Halbinsel hat ein US-Soldat die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea illegal überschritten. Er sei vermutlich in Nordkorea in Gewahrsam genommen worden, sagte ein US-Insider am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Das UN-Kommando, das den Bereich der entmilitarisierten Zone überwacht, hatte zuvor von einem US-Bürger gesprochen, der ohne Genehmigung die Demarkationslinie übertreten habe. Dem UN-Kommando zufolge nahm der US-Bürger an einer Tour in das Grenzdorf Panmunjom teil. Mehreren südkoreanischen Medien zufolge gehörte der Mann zu einer Gruppe von Besuchern, unter der auch Zivilisten waren. Plötzlich sei er über die aus Ziegelsteinen gebildete Grenzmarkierung gesprungen, berichteten zwei Zeitungen unter Berufung auf südkoreanische Armeekreise. Reuters konnte die Identität der Person nicht sofort bestätigen. Zwei US-Beamte, die unter der Bedingung der Anonymität sprachen, sagten, der Soldat habe in Erwartung eines Disziplinarverfahrens gestanden. Nord- und Südkorea sind seit dem Korea-Krieg geteilt. In dem Konflikt von 1950 bis 1953 standen die USA an der Seite Südkoreas, China wurde Verbündeter Nordkoreas. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag. Vor diesem Hintergrund und wegen der seit Jahren anhaltenden Spannungen auch wegen Nordkoreas Atomprogramm und seiner Raketentests können solche Vorfälle eine grössere Bedeutung erhalten.

19.07.2023

Offenbar floh er vor einer möglichen Bestrafung: Wie US-Streitkräfte mitteilten, handelte es sich bei dem Mann, der die nordkoreanische Grenze unerlaubt überquert hatte um einen Soldaten der Vereinigten Staaten.

dpa

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein US-Bürger hat bei einer Besichtigungstour die nordkoreanische Grenze überquert.
  • Nun bestätigten US-Streitkräfte: Der Mann ist ein Soldat.
  • Die Nachrichtenagentur AP will erfahren haben, dass es sich um eine Flucht vor einer möglichen Bestrafung handelte.
  • Er habe die Demarkationslinie «absichtlich und ohne Erlaubnis» überquert.
  • Vermutlich wurde er in Nordkorea verhaftet.

Ein amerikanischer Soldat ist vor einer möglichen Bestrafung durch das US-Militär nach Nordkorea geflohen. Der Mann sei wegen mutmasslicher Körperverletzung im Gefängnis gewesen und gerade erst entlassen worden, um für ein Disziplinarverfahren in seine Heimat zurückeskortiert zu werden, erfuhr die Nachrichtenagentur AP am Dienstag aus informierten Kreisen. Am Flughafen setzte er sich aber ab, schloss sich einer Touristengruppe an, die in den Grenzort Panmunjom fuhr, und gelangte von dort nach Nordkorea.

Wie genau ihm die filmreife Flucht gelang, wo ihn doch eine Eskorte begleitete, blieb zunächst unklar, ebenso wie die genauen Vorwürfe gegen ihn, wegen derer er an den Militärstützpunkt Fort Bliss in Texas gebracht werden sollte. Die Gewährspersonen identifizierten den Mann als Travis King, einen Soldaten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.

Das US-Militär in Südkorea bestätigte, dass der Soldat «willentlich und ohne Genehmigung» die streng gesicherte Demarkationslinie nach Nordkorea überquert habe. Dort sei er offenbar in nordkoreanische Gefangenschaft gekommen, hiess es.

Blick auf die entmilitarisierte Zone, die die beiden Koreas trennt. (Archivbild)
Blick auf die entmilitarisierte Zone, die die beiden Koreas trennt. (Archivbild)
Bild: Keystone/AP/Pool Reuters/Kim Hong-Ji

Propaganda-Material für Nordkorea?

Die nordkoreanischen Staatsmedien berichteten zunächst nicht über den Vorfall, könnten ihn aber nutzen, um ihn für die eigene Propaganda auszuschlachten so wie bei einem ähnlichen Fall während des Kalten Krieges. Der Soldat Charles Jenkins verliess 1965 seinen Posten in Südkorea und floh durch die demilitarisierte Zone in den Norden. Er war daraufhin in mehreren nordkoreanischen Propagandafilmen zu sehen und heiratete eine japanische Krankenschwesternschülerin, die zuvor von nordkoreanischen Agenten aus ihrer Heimat entführt worden war. Jenkins starb 2017 in Japan.

Dass Amerikaner oder Südkoreaner sich in den abgeschotteten Norden absetzen, ist ansonsten sehr ungewöhnlich. In die andere Richtung ist das weitaus häufiger. Mehr als 30 000 Nordkoreaner sind seit dem Ende des Koreakrieges von 1950 bis 1953 vor politischer Verfolgung nach Südkorea geflohen.

Panmunjom liegt innerhalb der 248 Kilometer langen entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea. Immer wieder wurden dort seit dem Krieg Verhandlungen zwischen beiden Seiten abgehalten, der Ort ist aber auch ein beliebtes Ziel für Touristen. Überwacht wird das Dorf von Nordkorea und dem US-geführten UN-Kommando. Zivilisten leben dort keine.

Zwischenfälle im Grenzgebiet

Immer wieder kommt es im Grenzgebiet auch zu Zwischenfällen. Im November 2017 feuerten nordkoreanische Soldaten 40 Schüsse auf einen ihrer Kameraden ab, der nach Südkorea gelangen wollte. Er wurde fünfmal getroffen, überlebte aber und lebt jetzt in Südkorea.

In den vergangenen Jahren wurden mehrere Amerikaner verhaftet, nachdem sie mutmasslich von China aus nach Nordkorea gelangt waren. Die Hintergründe dabei waren aber ganz andere. Sie wurden danach wegen Spionage oder ähnlicher Vorwürfe verurteilt, aber nach US-Vermittlung wieder freigelassen. Als der damalige US-Präsident Donald Trump 2018 mit Staatschef Kim Jong Un letztlich erfolglos über eine nukleare Abrüstung verhandelte, kamen die letzten drei Amerikaner frei, die sich - nach allem was bekannt ist – noch in nordkoreanischer Haft befunden hatten: Jeffrey Fowle, Matthew Miller und Kenneth Bae.

Nun ist erstmals seit fünf Jahren wieder ein Amerikaner im nordkoreanischen Gewahrsam – und das zu einer Zeit, in der die Spannungen wegen der jüngsten nordkoreanischen Raketentests ohnehin gross sind. Erstmals seit vier Jahrzehnten legte am Dienstag auch ein atomar bewaffnetes U-Boot, die «USS Kentucky», in einem südkoreanischen