Chaos ohne Ende im US-KongressRepublikaner lassen McCarthy auch im elften Wahlgang durchfallen
dpa/tpfi/sob
6.1.2023 - 05:55
Totales Chaos: Weiterer Machtkampf im US-Repräsentantenhaus
Nach drei Tagen Wahlchaos im US-Kongress geht der Machtkampf um das höchste Amt im amerikanischen Parlament an diesem Freitag in die nächste Runde.
06.01.2023
Der Republikaner Kevin McCarthy ist auch im elften Anlauf bei der Wahl zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gescheitert. Die Kammer hat die Abstimmung erneut vertagt. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
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06.01.2023, 05:55
06.01.2023, 09:23
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Der 57-jährige Republikaner Kevin McCarthy gibt nicht auf. Er will nicht auf den einflussreichen Chefposten im US-Kongress – als Vorsitzender des Repräsentantenhauses – verzichten. Also wird immer und immer wieder gewählt, aber McCarthy schafft die nötige absolute Mehrheit nicht.
Das Wahldrama im US-Kongress zieht sich bereits seit Dienstag hin. Hintergrund ist ein parteiinterner Machtkampf bei den Republikanern. Deren Kandidat, McCarthy, ist in den vergangenen Tagen in elf Wahlgängen durchgefallen, weil ihm diverse Parteikollegen die Unterstützung verweigerten und er dadurch nicht die nötige Zahl an Stimmen erreichte.
Vor dem bisher letzten Abstimmungsanlauf hatte der Kalifornier erneut grosse Zugeständnisse an seine Parteigegner vom rechten Flügel gemacht – diese verweigerten ihm aber weiter die Gefolgschaft.
Demokraten gegen Vertagung
Nach den ergebnislosen Wahlgängen hat das US-Repräsentantenhaus am Donnerstagabend (Ortszeit) die Abstimmung erneut vertagt. Einen entsprechenden Antrag nahm die Kammer mit knapper Mehrheit an. Die Demokraten stemmten sich gegen die erneute Unterbrechung des Wahlprozederes. Die nächste Sitzung soll am Freitag (12:00 Uhr Ortszeit/18:00 Uhr MEZ) beginnen.
Machtkampf: McCarthy scheitert wieder im US-Kongress - Gallery
Kevin McCarthy spricht nach mehreren ergebnislosen Wahlgängen mit Reportern.
Bild: dpa
Abgeordnete unterhalten sich am zweiten Tag der Wahl in der Kammer des Repräsentantenhauses.
Bild: dpa
Nancy Pelosi, demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, trifft am zweiten Tag der Wahl im Kapitol ein.
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Die Rechtsaussen-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene spricht im Plenarsaal mit Kevin McCarthy.
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Kevin McCarthy (5.v.r) kehrt zum Plenarsaal zurück, nachdem sich das Repräsentantenhaus für den Abend vertagt hat.
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Machtkampf: McCarthy scheitert wieder im US-Kongress - Gallery
Kevin McCarthy spricht nach mehreren ergebnislosen Wahlgängen mit Reportern.
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Abgeordnete unterhalten sich am zweiten Tag der Wahl in der Kammer des Repräsentantenhauses.
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Nancy Pelosi, demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, trifft am zweiten Tag der Wahl im Kapitol ein.
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Die Rechtsaussen-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene spricht im Plenarsaal mit Kevin McCarthy.
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Kevin McCarthy (5.v.r) kehrt zum Plenarsaal zurück, nachdem sich das Repräsentantenhaus für den Abend vertagt hat.
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McCarthy hatte bisher keine Chance, die erforderliche Zahl an Stimmen zu erreichen. Auch im letzten Anlauf besserte sich die Lage für ihn kein Stück. Erneut nominierten die Republikaner einen Gegenkandidaten – und zwar wiederum den republikanischen Abgeordneten Byron Donalds, einen Trumpisten.
Auf ihn entfielen in der neunten Abstimmungsrunde 17 Stimmen. Drei Republikaner votierten für den republikanischen Abgeordneten Kevin Hern. Auch in den beiden vorherigen Abstimmungen am Donnerstagmittag (Ortszeit) hatten mehrere Republikaner ihrem Parteikollegen die Unterstützung verweigert und bei der Wahl um den Vorsitz für andere Kandidaten gestimmt.
Es ist das erste Mal seit hundert Jahren, dass bei der Wahl mehr als ein Anlauf nötig ist und eine Fraktion ihren Kandidaten nicht im ersten Durchgang ins Amt wählt. Eine zehnte Abstimmungsrunde – und vielleicht noch mehr – hat es seit 164 Jahren nicht mehr gegeben.
Flop trotz Zugeständnissen
Vor den Wahlgängen am Donnerstag hatte es hinter den Kulissen Verhandlungen gegeben. Es sah aber weiter nicht danach aus, dass es McCarthy nun gelungen wäre, seine Gegner in der Partei hinter sich zu vereinen. Eine weitere Niederlage deutete sich an. Gegen ihn stellen sich bei den Abstimmungen vor allem glühende Anhänger des ehemaligen Präsidenten Donald Trump – obwohl dieser McCarthy offiziell unterstützt.
Berichten zufolge war McCarthy seinen Parteigegnern erneut einen grossen Schritt entgegenkommen, um sich deren Stimmen zu sichern und die Blockade zu durchbrechen. Der 57-Jährige soll sogar eingewilligt haben, die Hürden für die Abberufung eines Vorsitzenden im Repräsentantenhaus noch weiter zu senken.
Damit bietet er seinen Gegnern ein Druckmittel, ihn nach Belieben wieder aus dem Amt zu jagen. Dies könnte schwerwiegende Folgen haben und zu noch mehr Instabilität führen, wenn im Kongress wichtige Entscheidungen anstehen. Die Rechtsaussen-Abgeordneten könnten die Kammer in Geiselhaft nehmen. McCarthy war den Abtrünnigen in diesem Punkt bereits zuvor weit entgegengekommen – allerdings ohne Erfolg. Er zeige nun ein neues Niveau an «Verzweiflung», urteilte der Sender CNN.
Freude bei den Demokraten
McCarthy war zuvor in sechs Wahlgängen durchgefallen. Zwei Tage lang hat er die erforderliche Mehrheit bei der Wahl zum Vorsitzenden der Parlamentskammer verfehlt und wurde blamiert. Wenn McCarthy sich nicht mit den Gegnern in seiner Partei einigen kann, könnte er womöglich versuchen, mit den Demokraten Verhandlungen aufzunehmen.
Diese könnten ihm etwa durch Enthaltungen in ihren Reihen zu einem Wahlsieg verhelfen, weil das die Zahl der nötigen Stimmen senken würde. Möglich wäre auch, dass ein neuer Kandidat aufgestellt wird, auf den sich die Republikaner verständigen könnten. Denkbar wären aber auch Gespräche mit den Demokraten über einen Konsenskandidaten, den auch sie mittragen würden.
Dass die Demokraten aktuell aber grosse Freude daran zu haben scheinen, McCarthy scheitern zu sehen, zeigte sich am Mittwochabend (Ortszeit). Die Abgeordneten waren nach einer Pause zu einer erneuten Sitzung zusammengekommen.
«Für die Republikaner ist das ein schlechtes Omen»
Historische Schmach: Dreimal stellte sich Kevin McCarthy im US-Repräsentantenhaus zur Wahl, dreimal sabotierte ihn die eigene Partei. Was ist nur los bei den Republikanern? USA-Expertin Claudia Franziska Brühwiler von der Uni St. Gallen klärt auf.
04.01.2023
McCarthy hatte zuvor gesagt, dass eine weitere Abstimmung am Abend keinen Erfolg bringen würde – einer seiner Vertrauten beantragte folglich eine Vertagung der Sitzung. Allerdings stemmten sich die Demokraten gegen das Vorhaben. Erst im letzten Moment wurde der Antrag mit einer hauchdünnen Mehrheit der Republikaner angenommen.
Am Dienstag und Mittwoch hatten mehrere Republikaner ihrem Parteikollegen McCarthy die Unterstützung verweigert und bei der Wahl um den Vorsitz für andere Kandidaten gestimmt. So versammelten sich 20 Republikaner bei den Wahlgängen am Mittwoch hinter dem Gegenkandidaten Byron Donalds.
McCarthys Gegner hatten den Republikaner nominiert. Da die Republikaner in der Parlamentskammer nur eine knappe Mehrheit haben, ist McCarthy fast auf jede Stimme in seiner Partei angewiesen, um zum Vorsitzenden gewählt zu werden.
Selbst Trump-Appell bleibt ungehört
Auch ein Appell von Ex-Präsident Trump änderte nichts an der verfahrenen Situation. Dieser hatte McCarthy bereits zuvor unterstützt – und ihm aber nach dem Abstimmungsdebakel noch einmal Rückendeckung gegeben. Doch die glühenden Trump-Fans blockierten McCarthy weiter.
Die Partei habe mit einem «Achselzucken» reagiert, schrieb die «Washington Post». Es gebe andere Namen, die für den Posten des Sprechers kursierten, sagte die Abgeordnete Lauren Boebert im US-Fernsehen. Die 36-Jährige zählt zu den erbittertsten und lautesten McCarthy-Gegnern. «Vielleicht sollte ich Präsident Donald J. Trump nominieren», sagte sie nach den sechs Wahlgängen ohne Ergebnis.
Für McCarthy sind die Niederlagen in Serie eine historische Schlappe und eine öffentliche Blossstellung. Es ist das erste Mal seit hundert Jahren, dass bei der Wahl mehr als ein Anlauf nötig ist und eine Fraktion ihren Kandidaten nicht im ersten Durchgang ins Amt wählt. Der Machtkampf zeigt auch die Zerrissenheit der Republikaner.
Sie hatten bei den Zwischenwahlen im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert und wollten eigentlich Präsident Joe Biden vor sich hertreiben. Nun fragen sich viele, ob die dysfunktionale Partei überhaupt in der Lage ist, die wichtigen Aufgaben in der Parlamentskammer zu bewältigen.