Late Night USA «Die Regel der Republikaner: Nur der, der gewinnt, macht die Regeln»

Von Philipp Dahm

28.9.2020

Maher über Machtpolitik: Wie Terminators, die immer mehr Roboter bauen.
Maher über Machtpolitik: Wie Terminators, die immer mehr Roboter bauen.
Screenshot: YouTube

Bill Maher liest seinen Demokraten mal wieder die Leviten: Sie sollen aufhören, sich über die Widersprüche der Trump-Administration zu beklagen, so der Late-Night-Host. Denn derzeit gehe es bloss um Macht.

«Macht ist wie ein Hase: Je mehr du davon hast, desto einfacher ist es, noch viel mehr davon zu bekommen», erklärt Bill Maher in seiner Late-Night-Show «Real Time» beim Sender HBO. «Diese Regel ist so alt wie die Zeit selbst und das war auch schon mein Thema vor zwei Jahren, als eine andere Nachfolge am Obersten Bundesgericht in den Nachrichten war.»

Der Moderator spielt auf die damalige Nominierung des umstrittenen Richters Brett Kavanaugh für das Oberste Gericht der USA an. «Und dieses Thema ‹Macht erzeugt Macht› sollte jetzt jeder im Hinterkopf haben. Es ist die Idee, dass wenn man Macht verliert, man nicht nur jene Macht verliert – sondern auch, dass wenn du diesen Kampf verloren hast, du es dir auch schwerer machst, beim nächsten Mal zu gewinnen. Denn so funktioniert Macht.»

Maher, der 2016 Trumps Widersacherin Hillary Clinton unterstützt hatte, fasst zusammen: «Wenn die Demokraten Wahlen verlieren, verlieren sie auch die Möglichkeit, Richter zu nominieren. Trump hat ein Viertel der Richterbank [des Obersten Gerichts] nominiert, und im Gegensatz zu seinen Ehen gilt das auf Lebenszeit.»

Florida als warnendes Beispiel

Wie die Republikaner ihre Macht praktisch auskosten, zeigt eine Episode aus Florida: «[Dort] haben die Leute dafür gestimmt, Ex-Sträflingen ihr Wahlrecht zurückzugeben», erklärt der 64-Jährige. Der Hintergrund: Auch wenn Verurteilte ihre Strafe verbüsst haben, bleibt ihnen das Recht verwehrt, politisch abzustimmen. Das wollte eine Initiative ändern, die von Demokraten angestossen wurde.

Donald Trump präsentiert am 26. September vor dem Weissen Haus Amy Coney Barrett als designierte Nachfolgerin von Ruth Bader Ginsburg.
Donald Trump präsentiert am 26. September vor dem Weissen Haus Amy Coney Barrett als designierte Nachfolgerin von Ruth Bader Ginsburg.
Bild: Keystone

«Aber daraus wird nichts, denn Trump hat fünf der sechs Richter am Berufungsgericht ernannt, die einen Weg gefunden haben, das zu verunmöglichen – und es damit wie so oft schwerer für Demokraten gemacht haben, ihre Stimme abzugeben. Das bedeutet, es gibt mehr republikanische Senatoren, die wiederum mehr konservative Richter nominieren. Macht ist ein ewiger Kreis – wie Terminators, die immer mehr Roboter bauen.»

Allein in Florida ging es um 1,4 Millionen neue Wähler, die hinzugekommen wären und von dem das Gros wohl nicht für die Republikaner gestimmt hätte. Und obwohl die Initiative in Florida von beiden Parteien unterstützt wurde, sägte das Berufungsgericht der Vereinigten Staaten das Vorhaben ab: Die Ex-Häftlinge müssten erst alle ihre Schulden zurückzahlen. Zudem hiess es, dass die Stimmen als gekauft gelten könnten, weil der demokratische Milliardär Michael Bloomberg die Initiative mit mehreren Millionen Dollar unterstützt hatte.

«Power talks, loser walks»

Damit zurück zu Mahers Lehrstück über Machtpolitik: «Natürlich heulen Demokraten jetzt herum wegen der Heuchelei, weil Trump die Ginsburg-Lücke in einem Wahljahr füllt. ‹Sie haben das eine gesagt bei Obama und jetzt tun sie etwas komplett Gegenteiliges – wie können sie nachts nur schlafen?›», ahmt der Gastgeber im weinerlichen Ton die Opposition nach.

Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Dann setzt er im harten Ton nach: «Ich sage euch, wie sie schlafen: Wie ein Baby, denn wie ein Baby haben sie keine Moral. Und falls ihr es noch nicht begriffen habt: Diese freche, vorsätzliche Heuchelei sollte allen vor Augen führen, dass man [die Republikaner] mit ihrer Widersprüchlichkeit nicht kriegen kann. Es ist ihnen egal, denn alles dreht sich ausschliesslich um Macht. Die einzige Regel, der Republikaner folgen: Nur der, der gewinnt, stellt die Regeln auf. Power talks, loser walks.»

Mahers düstere Prognose: «Sie haben die Macht und sie werden sie nutzen, um sechs Konservative am Obersten Gericht zu installieren, und wenn die Wahl 2020 vor diesem Gericht landet, wie es bereits jetzt versprochen wird, dann ratet mal, wer gewinnt? Wir können sie nicht stoppen, die [Mehrheit am Gericht] zu bekommen, was bedeutet, dass wir sie nicht davon abhalten können, den Gewinner der Wahl zu bestimmen.»

Der Ausweg

Haben denn in Mahers Welt die Demokraten überhaupt eine Chance, die Präsidentschaftswahl zu gewinnen? Nur wenn Joe Biden mit derart grossem Abstand gewinnt, dass die Republikaner das Ergebnis nicht ignorieren könnten, glaubt er.

Biden braucht einen deutlichen Sieg, glaubt Maher.
Biden braucht einen deutlichen Sieg, glaubt Maher.
Screenshot: YouTube

In seiner Analyse steckt sehr viel Wahrheit. Vor allem die Kernaussage, dass Jammern nichts bringt, sollte sich die Opposition zu Herzen nehmen. Nur in einem Punkt greift der New Yorker zu kurz: Selbst wenn sechs Konservative am Obersten Gericht sitzen würden, müsste eine Anfechtung der Wahl immer noch auf juristischen Argumenten fussen.

Und selbst wenn Richter konservativ sind, wägen auch sie Argumente ab: Selbst ein Brett Kavanaugh hat bei Entscheiden schon gegen die Parteilinie der Republikaner gestimmt. Nichtsdestotrotz würde ein deutlicher Sieg Bidens einen Machtwechsel wohl erleichtern. Am 4. November wird die Welt vielleicht ein wenig schlauer sein. 

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