Klimakonferenz in Glasgow100 Staaten wollen Entwaldung stoppen
dpa
2.11.2021 - 07:55
Die UN-Klimakonferenz in Glasgow hat mit starken Appellen begonnen. Am dritten Tag gehen die Beratungen der Ländervertreter weiter. Eins hat sich bereits am Vortag gezeigt: Die Erwartungen sind hoch.
02.11.2021, 07:55
02.11.2021, 08:29
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Nach drastischen Klimaschutz-Appellen am Vortag kommen bei der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow am Dienstag erneut zahlreiche Staats- und Regierungschefs zu Wort.
Zudem wird eine Initiative von 100 Staaten vorgestellt, die bis 2030 die Zerstörung von Wäldern und anderen Landschaften stoppen wollen. Wie die britische Regierung, die der UN-Konferenz vorsitzt, bekannt gab, repräsentieren die beteiligten Länder 85 Prozent der weltweiten Waldfläche, also etwa 34 Millionen Quadratkilometer.
Mit dabei sind Deutschland und die gesamte EU, aber auch die Staaten mit den grössten Wäldern überhaupt – also Kanada, Russland, Brasilien, Kolumbien, Indonesien sowie China, Norwegen und die Demokratische Republik Kongo. Für das Vorhaben werden demnach bis 2025 etwa 12 Milliarden US-Dollar (rund 10,3 Milliarden Euro) an öffentlichen Geldern mobilisiert. Hinzu kommen 7,2 Milliarden US-Dollar private Investitionen.
Eine Fläche von 27 Fussballfeldern pro Minute
Wälder gelten als die Lunge der Erde, sie nehmen etwa ein Drittel der jährlich vom Menschen ausgestossenen CO2-Emissionen auf. Doch schrumpfen sie bedenklich, wie es in der Mitteilung weiter hiess: Jede Minute gehe eine Fläche von etwa 27 Fussballfeldern verloren.
Der britische Premierminister Boris Johnson sprach der Mitteilung zufolge von Wäldern als «Kathedralen der Natur» und erklärte: «Sie sind unverzichtbar für unser Überleben.»
In Glasgow ringen in den kommenden zwei Wochen rund 200 Staaten darum, wie das in Paris beschlossene 1,5 Grad-Ziel noch erreicht und konkret umgesetzt werden kann. Die bisherigen Pläne der Staaten reichen dazu noch bei Weitem nicht aus.
Zu Wort melden sich am Dienstag im Plenum unter anderen neben den Präsidenten einiger EU-Staaten auch lateinamerikanische Staatschefs und hochrangige Vertreter ärmerer Länder wie Sierra Leone oder Ruanda. Auch die Staats- und Regierungschefs von Inselstaaten wie den Bahamas oder Barbados, die besonders von den Folgen der Erderhitzung bedroht sind, stehen auf der Rednerliste.
Queen Elizabeth II. schickt Botschaft
Am Abend hatte die britische Königin den Staats- und Regierungschefs eindringlich ins Gewissen geredet. «In den kommenden Tagen hat die Welt die Chance, eine sicherere und stabilere Zukunft für unsere Bevölkerung und den Planeten, von dem wir abhängig sind, zu schaffen», sagte die Königin in einer am Montagabend veröffentlichten Botschaft, die vor einigen Tagen auf Schloss Windsor aufgezeichnet worden war. Sie selbst hoffe, dass die Konferenz einer jener Momente sein werde, bei der alle die Politik des Augenblicks hinter sich liessen und über sich hinauswachsen würden.
«Viele hoffen, dass das Vermächtnis dieses Gipfels – geschrieben in noch zu druckenden Geschichtsbüchern – Sie als die Staatenlenker beschreiben wird, die die Gelegenheit nicht verpasst haben, sondern dass Sie dem Ruf dieser zukünftigen Generationen gefolgt sind», sagte die Queen.
Am Vortag waren bereits Dutzende Staats- und Regierungschefs zur feierlichen Auftaktveranstaltung zusammengekommen, darunter auch Vertreter bedeutender Industrienationen wie Deutschland, Frankreich oder die USA.
Guterres warnt vor Versagen der Menschheit
Zum Stand der Menschheit beim Klimaschutz fanden die Staatenvertreter teils düstere Worte. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einem Versagen der Menschheit im Kampf gegen die Erderwärmung. Sämtliche bereits zugesagten Anstrengungen beim Klimaschutz reichten hinten und vorne nicht aus, um eine Katastrophe abzuwenden, sagte er beim feierlichen Auftakt. «Wir schaufeln uns unser eigenes Grab.»
Auch die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte mehr Tempo beim Klimaschutz und warnte vor «verheerenden Auswirkungen» der Erderwärmung. «Wir sind nicht da, wo wir hinmüssen», sagte sie. Nötig für die unumgängliche «umfassende Transformation» unseres Arbeitens und Wirtschaftens sei ein weltweiter Preis auf den Ausstoss von Kohlendioxid.
Merkel kündigte ausserdem eine neue Energie-Partnerschaft Deutschlands mit Südafrika an, die Vorbild für weitere afrikanische Länder werden solle. Der geschäftsführende Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass sich neben Deutschland auch Grossbritannien, die USA, Frankreich und die EU dieser Partnerschaft mit Südafrika angeschlossen hätten. Ziel sei es, das Land dabei zu unterstützen, aus der Kohleverstromung auszusteigen. Zurzeit gewinne Südafrika seinen Strom noch fast zu 90 Prozent aus Kohle, erklärte Müller. Weitere Details zu dieser neuen Kooperation wollte sein Ministerium am Dienstag parallel zu den Beratungen der Staats- und Regierungschefs in Glasgow bekannt geben.
Kanada verpflichtete sich unterdessen dazu, bis 2030 keine Kohle mehr zu exportieren. Damit sollten vor allem Entwicklungsländer dabei unterstützt werden, «so schnell wie möglich auf saubere Kraftstoffalternativen umzustellen», teilte das Büro von Premierminister Justin Trudeau mit. Auch werde Ottawa umgerechnet bis zu 700 Millionen Euro internationaler Hilfen für das Umschwenken auf saubere Energien bereitstellen. Die Trudeau-Regierung hatte bereits angekündigt, dass Kanada ab 2030 komplett auf Strom aus Kohle verzichten werde.