Ukraine-ÜbersichtSelenskyj droht mit Verhandlungsabbruch +++ Über 40'000 geflüchtete Ukrainer in der Schweiz
Red.
23.4.2022
Russische Truppen setzen Offensive im Osten fort
STORY: Neue Satellitenbilder nahe der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol zeigen dem US-Unternehmen Maxar zufolge mehrere lange Gräben, die wahrscheinlich als Massengräber dienen. Die Gräben befänden sich auf einem Feld neben einem existierenden Friedhof, auf dem erst kürzlich mehr als 200 neue Gräber entdeckt worden seien, hiess es. Die ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk kündigt an, dass die angestrebten Evakuierungen in der von russischen Truppen eingekesselten Hafenstadt Mariupol am Samstagmittag beginnen sollen, wenn alles wie geplant verlaufe. Die russischen Streitkräfte setzen nach ukrainischen Angaben ihre Offensive im Osten der Ukraine fort. Dabei versuchten sie, die volle Kontrolle über die Separatisten-Regionen Donezk und Luhansk zu erlangen und eine Landverbindung zu der 2014 annektierten Halbinsel Krim herzustellen, teilt der ukrainische Generalstab in einem morgendlichen Lagebericht mit. Zudem gebe es eine Teilblockade der Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes durch die russischen Truppen. Trotz ihrer verstärkten Angriffe konnten die russischen Streitkräfte laut britischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden keine grösseren Geländegewinne verbuchen. Ukrainische Gegenangriffe behinderten weiterhin ein russisches Vorrücken, teilt das britische Verteidigungsministerium aus dem täglichen Lagebericht des Militärgeheimdienstes mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte, die jüngsten Erklärungen des russischen Militärs zeigten, dass der Einmarsch Russlands in die Ukraine nur der Anfang sei. Danach wollten sie andere Länder erobern. Selenskyj reagiert damit auf jüngste Aussagen der russischen Militärführung. Demnach will Russland die vollständige Kontrolle über den Donbass im Osten der Ukraine und über deren Süden übernehmen und ein Tor zu Transnistrien öffnen. Transnistrien ist eine abtrünnige Region im Osten der Republik Moldau.
23.04.2022
Wolodymyr Selenskyj droht Russland mit einem Abbruch der Verhandlungen. In der Schweiz wurden mehr als 40'000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Alle News des Tages hier im Ticker.
Red.
23.04.2022, 14:15
23.04.2022, 21:53
Red.
Das Wichtigste in Kürze
Bei einer Pressekonferenz in einer zentralen U-Bahn-Station der Hauptstadt Kiew hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut einen möglichen Abbruch jeglicher Gespräche mit Russland für ein Ende des Krieges ins Spiel gebracht.
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden insgesamt 40'099 Flüchtlinge aus dem Land in der Schweiz registriert.
Frontverlauf: Russische Truppen haben in der Nacht ihre Angriffe im Osten der Ukraine fortgesetzt, aber anscheinend keine grossen Geländegewinne machen können.
Diplomatie: UN-Generalsekretär António Guterres reist Dienstag nach Moskau und Donnerstag nach Kiew.
Waffen: Die USA laden am Dienstag nach Ramstein, Deutschland, ein
Rückschau: Was gestern wichtig war, kannst du hier nachlesen.
Deutscher Altkanzler Schröder will nur bei Gas-Stopp zurücktreten
Der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder kann sich einen Rücktritt von seinen Posten für russische Energiekonzerne offensichtlich nur für einen Fall vorstellen: Wenn der russische Präsident Wladimir Putin Deutschland und der Europäischen Union das Gas abdreht.
In einem Interview der «New York Times» sagt er, dass er nicht mit einem solchen Szenario rechne. Sollte es aber doch dazu kommen, «dann würde ich zurücktreten», fügt er hinzu – ohne explizit zu sagen, von welchen Posten.
Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft und war zuletzt auch für die Pipeline-Gesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 tätig. Er steht in Deutschland massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen Posten trennt. Vier SPD-Verbände haben deswegen ein Parteiausschlussverfahren gegen Schröder beantragt.
20.54 Uhr
Johnson verspricht Selenskyj mehr Waffen
Der britische Premierminister Boris Johnson hat dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj zusätzliche Waffen für die Verteidigung gegen die russische Invasion in Aussicht gestellt. Dazu zählten Fahrzeuge, Drohnen und Panzerabwehrraketen, zitierte das Büro Johnsons aus seinem Telefonat mit Selenskyj vom Samstag. Der Premier habe dem Präsidenten auch bestätigt, dass das Vereinigte Königreich seine Botschaft in Kiew wiedereröffnen wolle.
Johnson informierte Selenskyj auch über neue britische Sanktionen gegen Mitglieder des russischen Militärs. Die Regierung in London helfe überdies dabei, Beweise für Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg zu sammeln.
20.37 Uhr
Selenskyj kündigt Besuch von US-Delegation in Kiew an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat inmitten des russischen Angriffskrieges überraschend einen Besuch einer hochrangigen US-Delegation für diesen Sonntag in Kiew angekündigt.
«Ich denke nicht, dass es ein grosses Geheimnis ist. Morgen werde ich ein Treffen mit dem US-Verteidigungsminister (Lloyd Austin) und mit Aussenminister (Antony) Blinken haben», sagte Selenskyj am Samstag bei einer Pressekonferenz in einer U-Bahn-Station in Kiew. Er hoffe, dass auch US-Präsident Joe Biden – «sobald es die Sicherheitssituation zulasse» – nach Kiew komme.
Mit Austin und Blinken werde er über die «Liste der notwendigen Waffen und über die Geschwindigkeit ihrer Lieferung» reden. In der vergangenen Woche hätten sich die Nachrichten zu Waffenlieferungen verbessert, meinte Selenskyj. Anfragen beim US-Aussen- und beim Verteidigungsministerium zu dem Besuch blieben am Samstag zunächst unbeantwortet.
20.16 Uhr
Türkei sperrt Luftraum für russische Soldaten-Flüge nach Syrien
Die Türkei hat ihren Luftraum für militärische und zivile Flugzeuge gesperrt, die Soldaten aus Russland nach Syrien bringen. Das teilte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu auf einem Flug nach Uruguay mit, wie der staatliche Sender TRT Haber am Samstag berichtete.
Zuvor habe es Gespräche dazu mit Moskau gegeben. Ankara habe Moskau in dreimonatigen Abständen bis April die Erlaubnis erteilt, den türkischen Luftraum zu durchfliegen, doch seien diese Flüge nun eingestellt worden, fügte Cavusoglu hinzu.
Das Nato-Mitglied Türkei unterhält gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und hat angeboten, in Friedensgesprächen zwischen den beiden Ländern zu vermitteln. Cavusoglu sagte, dass der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einem Treffen in der Türkei zugestimmt hätten, falls Fortschritte bei den Friedensgesprächen erzielt würden. Moskau und Kiew arbeiteten an einem «Entwurf einer gemeinsamen Erklärung», sagte Cavusoglu, ohne weitere Details zu nennen.
19.39 Uhr
Selenskyj droht Russland mit Verhandlungsabbruch
Bei einer Pressekonferenz in einer zentralen U-Bahn-Station der Hauptstadt Kiew hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut einen möglichen Abbruch jeglicher Gespräche mit Russland für ein Ende des Krieges ins Spiel gebracht.
«Wenn unsere Leute in Mariupol vernichtet werden, wenn ein Pseudoreferendum über die Unabhängigkeit in Cherson stattfindet, dann tritt die Ukraine aus allen Verhandlungsprozessen heraus», sagte er am Samstag in einer unterirdischen Metrostation. Er sei weiter bereit, direkt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu verhandeln, sagte Selenskyj.
Bei der live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz sass der Präsident auf einem Stuhl auf einer kleinen Bühne. Die Station war von Scheinwerfern erleuchtet und mit ukrainischen Nationalflaggen ausgestattet.
Unter den Teilnehmern waren etwa der stellvertretende Leiter des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, und Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Beide nehmen an den Verhandlungen mit der russischen Delegation teil.
Selenskyj sagte, er fürchte keine Attentate bei einem Treffen in einem Drittstaat. «Zu Attentaten: Ich fürchte sie nicht sehr, meine Leibwache fürchtet sie sehr, genauso wie meine Familie.»
19.11 Uhr
Trotz ständiger Angriffe Russlands: So leben die Menschen in Charkiw
Charkiw ist die zweitgrösste Stadt der Ukraine. Vor dem russischen Angriffskrieg hatte sie rund anderthalb Millionen Einwohner. Mittlerweile sind zahlreiche Menschen geflohen. Doch viele Einwohner harren immer noch aus.
Trotz ständiger Angriffe Russlands: So leben die Menschen in Charkiw
Charkiw ist die zweitgrösste Stadt der Ukraine. Vor dem russischen Angriffskrieg hatte sie rund anderthalb Millionen Einwohner. Mittlerweile sind zahlreiche Menschen geflohen. Doch viele Einwohner harren immer noch aus.
23.04.2022
18.31 Uhr
Russischsprachige Letten protestieren gegen Krieg
Bei einer Protestaktion in Lettland haben am Samstag mehrere Hundert Menschen in der Hauptstadt Riga gegen den russischen Angriff auf die Ukraine protestiert. Unter dem Motto «Russische Stimme gegen den Krieg» versammelten sich Angehörige der grossen russischsprachigen Minderheit in dem baltischen EU- und Nato-Land am Freiheitsdenkmal in der Innenstadt. Die Demonstranten hielten Plakate hoch, schwenkten ukrainische Fahnen und forderten ein sofortiges Ende des Krieges.
Mit dem Protest sollte nach Angaben der Organisatoren gezeigt werden, dass Russischsprachige in Lettland weder Russlands Angriff auf die Ukraine noch die russische Staatsführung unterstützen. Lettland mit seinen 1,9 Millionen Einwohnern grenzt an Russland und dessen Verbündeten Belarus. In dem baltischen EU- und Nato-Staat lebt eine starke russischsprachige Minderheit.
17.52 Uhr
Russische Truppen in Mariupol verhindern Evakuierung
Ein neuer Versuch zur Evakuierung von Zivilisten aus der südukrainischen Hafenstadt Mariupol ist nach Angaben eines Vertreters der Stadtverwaltung von den russischen Truppen durchkreuzt worden.
200 Einwohner hätten sich am Samstag versammelt, um aus der seit Wochen heftig umkämpften Stadt weggebracht zu werden, doch hätten russische Soldaten die Menge «auseinandergetrieben», teilte Vize-Bürgermeister Petro Andriuschtschenko im Onlinedienst Telegram mit. Einige dieser Einwohner seien gezwungen worden, Busse zu besteigen, die sie in eine von den Russen kontrollierte Zone bringen sollte, fügte er hinzu.
16.55 Uhr
Über 40'000 geflüchtete Ukrainer in der Schweiz registriert
In den Asylzentren des Bundes haben sich seit Freitag 841 Geflüchtete aus der Ukraine registrieren lassen. Seit Beginn des russischen Angriffs auf das Land wurden insgesamt 40'099 Personen registriert.
33'106 Flüchtlinge haben bisher den Schutzstatus S erhalten, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Samstag via Twitter mitteilte. Im Vergleich zum Vortag stieg die Zahl der Personen mit S-Status um 898.
Samstag, 23. April - die aktuellen Zahlen zur ukrainischen Flüchtlingssituation in der Schweiz:
Laut dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind seit Kriegsbeginn rund 5,1 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. 7,3 Millionen Menschen wurden innerhalb des Landes vertrieben.
16.11 Uhr
Russisches Militär feuert Marschflugkörper auf Odessa ab
Russlands Armee hat nach ukrainischen Angaben mindestens sechs Marschflugkörper auf die Hafenstadt Odessa abgefeuert und dabei mindestens eine Person getötet. Truppen der Ukraine hätten einige der Lenkflugkörper abschiessen können, doch mindestens eines sei gelandet und explodiert, schrieb Anton Geraschtschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministers, am Samstag auf Telegram.
Bewohner hätten in verschiedenen Gebieten Explosionen gehört. «Wohngebäude wurden getroffen». Mindestens eine Person sei umgekommen, erklärte der Berater. Odessa ist eine am Schwarzen Meer gelegene Hafenstadt im Süden der Ukraine.
15.50 Uhr
Niederlande verwehrt sich russischem Öl und Gas
Die Niederlande wollen zum Jahresende kein Erdgas und kein Öl aus Russland mehr einführen. Die Energieabhängigkeit solle so schnell wie möglich abgebaut werden, teilte die Regierung mit.
Noch vor dem Winter sollten alle Gasspeicher soweit wie möglich gefüllt sein. Zur Zeit werden etwa 15 Prozent des Gesamtbedarfs von Gas aus Russland gedeckt.
Die Regierung will nun so schnell wie möglich mit anderen Ländern Liefervereinbarungen treffen. Ausserdem soll deutlich mehr Flüssiggas importiert werden. Ein LNG-Terminal in Rotterdam soll erweitert und in Eemshaven im Norden des Landes an der deutschen Grenze ein neues schwimmendes Terminal errichtet werden. Zusätzlich setzt die Regierung auf Energiesparmassnahmen, um den Bedarf zu senken.
14.42 Uhr
Russisches Militär bestätigt Angriff auf Stahlwerk
Das russische Militär hat seine Luftangriffe auf das von ukrainischen Truppen gehaltene Stahlwerk Azowstal in Mariupol wieder aufgenommen. Dies teilte Oleksij Arestowitsch, Berater der Leitung des ukrainischen Präsidentenbüros, am Samstag mit. Russlands Kräfte versuchten das Gelände zudem zu stürzen.
«Der Feind versucht den Widerstand der Verteidiger von Mariupol auf dem Areal von Azovstal komplett niederzuschlagen», sagte Arestowitsch.
Das Stahlwerk gilt als letzte Bastion der ukrainischen Truppen in der strategisch wichtigen Hafenstadt. Arestowitsch sagte, die Verteidiger hielten den neuen Attacken stand und versuchten sogar Gegenangriffe zu starten.
14.12 Uhr
Asow-Regiment veröffentlicht Video aus Stahlwerk
Ein vom Asow-Regiment der ukrainischen Nationalgarde veröffentlichtes Video soll Frauen und Kinder zeigen, die in unterirdischen Räumlichkeiten im Azovstal-Stahlwerk in Mariupol Schutz suchen. Das von Nationalisten dominierte Regiment gehört zu jenen, die in dem Stahlwerk eingeschlossen und von einer russischen Blockade betroffen sind.
Einige Menschen befinden sich seit bis zu zwei Monaten in den Tunneln unter dem Stahlwerk. «Wir wollen einen friedlichen Himmel sehen, wir wollen frische Luft atmen», sagt eine Frau in dem Video, das am Samstag veröffentlicht wurde. «Sie haben einfach keine Ahnung, was es für uns bedeutet, einfach zu essen, etwas gesüssten Tee zu trinken. Für uns ist das schon Glück», erklärt sie.
Ein Mädchen in dem Video sagt, sie und ihre Verwandten hätten ihr Zuhause am 27. Februar verlassen. Seitdem hätten sie «weder den Himmel noch die Sonne» gesehen. «Wir wollen wirklich sicher hier raus, so dass niemand verletzt wird», fleht sie.
Der stellvertretende Kommandeur des Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, sagte der Nachrichtenagentur AP, das Video sei am Donnerstag aufgenommen worden. Die Inhalte konnten nicht unabhängig verifiziert werden. Nach ukrainischen Angaben sind etwa 1000 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, zusammen mit den dort befindlichen ukrainischen Truppen eingeschlossen.
13.34 Uhr
Lwiw verhängt Ausgangssperre
Der regionale Gouverneur Maxym Kosyzkyj hat eine nächtliche Ausgangssperre für die Stadt Lwiw verkündet. Die Ausgangssperre sollte in der orthodoxen Osternacht am Samstag um 23 Uhr beginnen und bis 5 Uhr am Sonntag andauern, wie Kosyzkyj erklärte. Er berief sich auf neue Geheimdiensterkenntnisse als Grund für die Massnahme, die bis auf Weiteres auch an den Folgetagen gelten sollte.
«Leider hat der Feind kein solches Konzept wie einen grossen religiösen Feiertag», erklärte er. «Sie sind so bestialisch, dass sie nicht verstehen, was Ostern ist.» Kosyzkyj erklärte, die Führung der Kirche unterstütze die Entscheidung. Alle Kirchen der Region würden ihre Osternachts-Gottesdienste auf die Morgenstunden verschieben.
13.06 Uhr
Kreml verfügt ab Herbst über neue Atomrakete
Die russischen Streitkräfte haben angekündigt, ihre neue Interkontinentalrakete Sarmat ab Herbst in Dienst zu stellen.
Es gehe jetzt darum, die Raketentests zu einem vernünftigen Abschluss zu bringen, die Reichweiten zu regulieren und die Sarmat (Nato-Codename: SS-X-30 Satan 2) dann dem Militär zu übergeben, sagte der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, am Samstag in einem Fernsehinterview. «Wir planen das nicht später als im Herbst», fügte er hinzu.
Am Mittwoch hatte Russland auf dem nordrussischen Weltraum-Bahnhof Plessetzk einen Testabschuss mit der Interkontinentalrakete durchgeführt. Präsident Wladimir Putin nutzte vor dem Hintergrund des Kriegs gegen die Ukraine den Raketenstart zu Drohungen gegen den Westen. Die Waffe könne alle Arten der Raketenabwehr überwinden und zwinge «jene zum Nachdenken, die im Feuereifer einer abgebrühten, aggressiven Rhetorik versuchen, unser Land zu bedrohen», sagte er.
Die Sarmat hat eine Reichweite von 18'000 Kilometern und ist mit atomaren Sprengköpfen bestückbar. Damit kann Russland sowohl über den Nord- als auch über den Südpol angreifen und Ziele weltweit erreichen. Die ersten Einheiten sollen im sibirischen Grossbezirk Krasnojarsk stationiert werden.
13 Uhr
Selenskyj dankbar für Waffenhilfe
Wolodymyr Selenskyj hat in seiner Ansprache am Freitag Grossbritannien dafür gedankt, wieder Botschafter nach Kiew zu schicken. Es sei das 21. Land, das in die Ukraine zurückkehre.
Er kommentierte auch das angebliche neue Kriegsziel, das Schwarzmeer-Ufer bis Moldawien einzunehmen, um dort die russischsprachige Bevölkerung in Transnistrien zu schützen: «Russland sollte sich eher um die Rechte der russischsprachige Bevölkerung in Russland selbst kümmern», sagte Selenskyj mit Blick auf Zensur und Freheitsrechten.
Die ukrainischen Streitkräfte würden standhalten, so der 44-Jährige. «Das Schicksal dieses Kriegs und die Zukunft unseres Staates werden [im Süden und Osten] entschieden.» Der Feind würde. versuchen, «so viele wie möglich zu töten».
Optimistisch stimmt ihn die Versorgung mit Waffen: «Ich bin allen unseren Partnern dankbar, die uns endlich erhört haben und genau mit dem versorgt haben, was wir brauchen.» Abseits der Front gingen die Aufräumarbeiten weiter, erklärte Selenskyj weiter.
12.28 Uhr
Putins angebliche Geliebte taucht wieder auf
Alina Kabajewa ist erstmals seit Kriegsbeginn wieder in der Öffentlichkeit gesichtet worden. Die frühere Kunstturnerin, mit der Wladimir Putin angeblich drei Kinder haben soll, hat demnach die Schweiz verlassen und ist nach Russland zurückgekehrt. Kabajewa ist laut «Business Insider» erstmals seit Dezember wieder aufgetaucht und war auf einem Instagram-Post der Gymnastik-Trainerin Ekaterina Sirotina zu sehen.
11.30 Uhr
Kreml wirft USA Täuschungsmanöver vor
Der Kreml beschuldigt die USA einer geplanten Provokation, um Russland den Einsatz von Massenvernichtungswaffen in der Ukraine unterzuschieben.
«Die Inszenierung eines Einsatzes von Massenvernichtungswaffen dient dazu, Russland der Nutzung verbotener Waffen zu bezichtigen, um anschliessend das sogenannte ‹syrische Szenario› zu verwirklichen, bei dem der betreffende Staat wirtschaftlich und politisch isoliert und zudem aus internationalen Organisationen, wie dem UN-Sicherheitsrat ausgeschlossen wird«, sagte der Chef der ABC-Schutztruppen, Igor Kirillow am Samstag.
Schon in den vergangenen Wochen hätten die Anführer westlicher Staaten regelmässig mit Aussagen provoziert, dass Russland in der Ukraine den Einsatz einer taktischen Atombombe, von Chemie- und Biowaffen plane. Ziel sei es, den Druck auf Russlands Verbündete Indien und China zu erhöhen, damit diese sich den Sanktionen anschlössen, behauptete Kirillow.
Tatsächlich werfen sich sowohl Russland als auch die Ukraine und ihre Unterstützer gegenseitig seit Wochen Pläne für den Einsatz der international geächteten Massenvernichtungswaffen vor. Russland hatte seinen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar sogar unter anderem mit den Behauptungen begründet, in ukrainischen Labors werde an Biowaffen geforscht und das Land baue an einer Atombombe. Bislang gibt es keine Beweise für die Vorwürfe.
11 Uhr
Russland meldet militärische Erfolge
Die russischen Streitkräfte haben eigenen Angaben nach mehr als 20 Munitionsdepots der Ukraine zerstört. Luftgestützte Raketen und die taktische Luftwaffe hätten jeweils 3 Depots vernichtet, die Raketenstreitkräfte weitere 16 Munitionslager, teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag mit. Unabhängig lassen sich die Berichte nicht überprüfen.
«Die russischen Luftabwehrsysteme haben im Bereich Nowa Dmytriwka im Gebiet Charkiw ein ukrainisches Flugzeug vom Typ Su-25 abgeschossen. Darüber hinaus wurden im Laufe der Nacht 15 ukrainische Drohnen vernichtet, darunter eine Bayraktar TB-2 über der Ortschaft Nowa Sorja im Gebiet Mykolajiw», erklärte Konaschenkow zudem.
Insgesamt seien durch die Luftwaffe 66 ukrainische Militärobjekte getroffen worden, durch Raketenstreitkräfte und Artillerie sogar 1098 Objekte. Zumeist handle es sich um Truppenansammlungen, Militärkonvois und Kommandopunkte der ukrainischen Armee, sagte Konaschenkow.
10.46 Uhr
Weitere Evakuierungen geplant
In der Ukraine soll es heute neue Anstrengungen geben, Zivilisten aus der Hafenstadt Mariupol in sicherere Gebiete zu bringen. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtchsuk erklärte in der Messaging-App Telegram, es werde einen neuen Versuch geben, Frauen, Kinder und ältere Menschen aus der strategisch wichtigen Stadt zu evakuieren, die von russischen Truppen seit Wochen belagert wird und die unter dem andauernden Beschuss weitgehend zerstört wurde.
Der Kreml hatte zuletzt erklärt, Mariupol sei «befreit» – mit Ausnahme des Azovstal-Stahlwerks, dem letzten Widerstandsnest, in dem sich noch ukrainische Truppen befinden. Wereschtschuk sagte, wenn alles nach Plan laufe, werde die Evakuierungsaktion in Mariupol am Mittag beginnen. Viele frühere Versuche, Zivilisten aus der Stadt zu bringen, scheiterten.
Der Gouverneur der östlichen Region Luhansk, Serhij Hajdaj, erklärte bei Telegram, ein Evakuierungszug werde am Samstag aus der östlichen Stadt Pokrowsk aufbrechen. Anwohner der Regionen Donezk und Luhansk im Donbass könnten diesen Zug kostenlos nutzen. Als Ziel gab Hajdaj die westliche Stadt Tschop nahe der Grenze mit der Slowakei und Ungarn an.
10.18 Uhr
Verwirrung um Lage in Mariupol
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste finden trotz der russischen Behauptung über die vollständige Einnahme der ukrainischen Hafenstadt Mariupol weiterhin schwere Kämpfe dort statt. Diese bremsten den von Russland angestrebten weiteren Vormarsch im Donbass im Osten der Ukraine weiter aus, hiess es im täglichen Update des britischen Verteidigungsministeriums.
Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 23 April 2022
In den vergangenen 24 Stunden habe Russland keine entscheidenden Fortschritte erzielt, da ukrainische Gegenwehr dies vereitele. Schon seit Wochen veröffentlicht die britische Regierung in ungewöhnlich offener Art und Weise regelmässig Geheimdienstinformationen zum Verlauf des Angriffskrieges. Moskau wirft London eine gezielte Informationskampagne vor.
Russland hatte nach fast zweimonatigen schweren Kämpfen vor einigen Tagen die «volle Kontrolle» über die Hafenstadt im Südosten der Ukraine verkündet. Im weitläufigen Komplex des Stahlwerks Azovstal halten sich aber nach wie vor ukrainische Kämpfer auf, auch Zivilisten sollen dort versteckt sein.
9.35 Uhr
Geheimdienste: Neue Taktik Moskaus braucht Zeit
Eine Ankündigung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, «neue Methoden der Kriegsführung» einzusetzen, ist nach britischer Einschätzung ein stillschweigendes Eingeständnis, dass Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht vorankommt wie geplant.
Dennoch werde es eine Weile dauern, Taktiken, Techniken und Vorgehensweisen anzupassen und mit verbesserter Wirkung für den Einsatz umzusetzen, teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitagabend unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Das gelte besonders für den landbasierten Manöverkrieg.
In der Zwischenzeit rechnet London damit, dass Russland zunächst weiter auf eine Bombardierung setzt, um den ukrainischen Widerstand gegen die russischen Truppen zu unterdrücken. In der Folge sei Frustration darüber, dass sie die ukrainische Verteidigung nicht rasch bezwingen könnten, wahrscheinlich.
9.05 Uhr
USA laden zu Ukraine-Treffen in Deutschland ein
Bei einem von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin initiierten Treffen in Deutschland soll am Dienstag über die unmittelbaren und langfristigen Verteidigungsbedürfnisse der Ukraine gesprochen werden. Das erklärte Pentagon-Sprecher John Kirby. Vertreter des Verteidigungswesens und Militärführer aus mehr als 20 Ländern sollten an dem Treffen am US-Militärstützpunkt Ramstein teilnehmen.
Kirby sagte, etwa 40 Länder, darunter Nato-Mitglieder, seien eingeladen worden. Einige Antworten stünden noch aus. Er machte keine Angaben zu den Ländern, die die Teilnahme bereits zugesagt hatten, erklärte aber, mehr Details würden in den kommenden Tagen veröffentlicht. Das Treffen erfolgt vor dem Hintergrund der russischen Offensive im Osten der Ukraine.
Auf der Agenda stehe eine aktualisierte Bewertung der Situation auf dem Schlachtfeld, ausserdem eine Diskussion über die Bemühungen zur Fortsetzung stetiger Waffenlieferungen an die Ukraine und anderer Militärhilfen, sagte Kirby. Dies schliesse auch Konsultationen über die Verteidigungsbedürfnisse der Ukraine nach dem Krieg ein, es werde jedoch voraussichtlich nicht um die Positionierung des US-Militärs in Europa gehen.
8.55 Uhr
Fluchtkorridor für Mariupol bestätigt
Die ukrainischen Behörden haben das Zustandekommen eines Fluchtkorridors für die Hafenstadt Mariupol bestätigt (siehe unten). «Die Evakuierung aus dem okkupierten Mariupol beginnt um 11 Uhr vom Einkaufszentrum ‹Port-City› aus», teilte der ukrainische Stadtrat von Mariupol am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Die Busse in die von der Ukraine kontrollierte Grossstadt Saporischschja seien für Frauen, Kinder und Alte gedacht, teilte die Behörde weiter mit.
8.23 Uhr
UN-Chef will erst Putin und dann Selenskyj treffen
Rund zwei Monate nach der russischen Invasion in die Ukraine wird UN-Generalsekretär António Guterres kommende Woche Russland und die Ukraine besuchen. Nach einem Empfang durch Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag in Moskau wird Guterres in die Ukraine weiterreisen und dort am Donnerstag Präsident Wolodymyr Selenskyj treffen, wie die Vereinten Nationen in New York mitteilten.
Es sind jeweils auch Arbeitstreffen mit den beiden Aussenministern Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba geplant. Der UN-Chef hatte zuvor um die Treffen gebeten, um im Ringen um eine Waffenruhe in dem Konflikt zu vermitteln. Zuvor hatte Guterres Briefe an die UN-Vertretungen Russlands und der Ukraine geschickt und darum gebeten, ihn in den Hauptstädten der Länder zu empfangen.
Es müssten «dringende Schritte» zur Herstellung von Frieden in der Ukraine herbeigeführt werden. Der UN-Chef hatte zuletzt mehrfach eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg gefordert. Es gab zunächst keine Informationen darüber, ob Guterres lediglich nach Kiew reist oder auch in andere Landesteile. Die Vereinten Nationen wollten den Vorstoss des Generalsekretärs zunächst nicht als offiziellen Mediationsversuch darstellen.
Er folgte jedoch auf immer lauter werdende Rufe aus dem UN-Apparat nach einer aktiveren Rolle von Guterres in dem Konflikt. Zuletzt hatte ein Brief von ehemaligen hochrangigen UN-Mitarbeitern den Druck erhöht. Sie forderten Guterres darin auf, stärker an einer politischen Lösung zu arbeiten und sehen die Daseinsberechtigung der Vereinten Nationen in Gefahr. Die Reise nach Moskau dürfte eine der wichtigsten in Guterres' Zeit als UN-Generalsekretär werden.
8.13 Uhr
Ukraine: Russische Einheiten rücken im Osten vor
Ukrainischen Angaben zufolge haben sich russische Einheiten in mehreren Orten im Osten der Ukraine festgesetzt. Binnen 24 Stunden hätten Truppen Angriffe in Richtung der Stadt Slowjansk in der Region Donezk durchgeführt und in der Kleinstadt Losowa, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in der Region Charkiw, Fuss gefasst. Das teilte der ukrainische Generalstab in seinem Bericht am Freitagabend mit.
In den Gebieten Selena Dolyna in der Region Donezk und dem etwa 40 Kilometer östlich liegenden, vor wenigen Tagen eroberten Krimenna in der Region Luhansk, bauten russische Truppen demnach ihre eingenommenen Positionen aus und bereiteten sich auf weitere Offensiven vor. Auch in dem Ort Stepne in der Region Donezk hätten sie Fuss fassen können.
Abgewehrt habe man unter anderem Angriffe in der Region Luhansk, die ukrainischen Angaben zufolge bereits zu rund 80 Prozent unter russischer Kontrolle steht, im Bereich der Stadt Rubischne und des Dorfes Nowotoschkiwske. In der Hafenstadt Mariupol setze Russland Luftangriffe fort und blockiere das Stahlwerk Asovstal, in dem sich mehr als 2000 ukrainische Kämpfer verschanzt hätten, heisst es in dem Bericht weiter. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sind in den Gebieten Luhansk und Donezk etwa 44'000 ukrainische Soldaten. Ihnen stehen dort nach anderen Angaben Einheiten der russischen Armee und der Separatisten mit einer Truppenstärke zwischen 60'000 und 80'000 Mann gegenüber. Erwartet wird, dass die russische Militärführung eine Einschliessung der ukrainischen Einheiten im Donbass zum Ziel hat.
8.08 Uhr
Ukraine: 1200 Menschen aus Trümmern befreit
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine vor zwei Monaten haben ukrainische Rettungskräfte mehr als 1200 unter Trümmern verschüttete Zivilisten befreit. Das teilte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj in einer auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft in der Nacht zum Samstag mit.
Zudem seien mehr als 70'000 Einheiten verschiedener Arten von Munition oder Sprengsätzen unschädlich gemacht worden, darunter 2000 Fliegerbomben, sagte Monastyrskij weiter. Rund 12'000 Hektar Land seien auf Sprengfallen abgesucht worden.
8.05 Uhr
Heute neue Fluchtkorridore aus Mariupol?
Ukrainischen Angaben zufolge könnte am Samstag eine Evakuierung aus der stark zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol stattfinden. «Es besteht die Möglichkeit, dass wir in der Lage sein werden, einen humanitären Korridor aus Mariupol zu öffnen», teilte die Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am späten Freitagabend auf Facebook mit.
Wereschtschuk nannte als Sammelpunkt für 10 Uhr am Samstag ein Einkaufszentrum im Norden der Stadt, das direkt an einer der Ausfahrtsstrassen liegt. Sie schrieb weiter, dass Fluchtkorridore aus der Stadt bereits mehrmals gescheitert seien und dass sie verstehe, wie schwer dies für die Menschen sei. «Sie und ich müssen es aber so oft versuchen, bis es klappt.» Konkrete Details wolle sie am Samstagmorgen mitteilen.
Zur Situation verbliebener ukrainischer Kämpfer und Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk Asovstal gab es widersprüchliche Berichte. Die russische Agentur Tass schrieb am Freitagabend unter Berufung auf Angaben der «Volksmiliz» der Separatisten in der Region Donezk, dass keine ukrainischen Kämpfer einen «humanitären Korridor» genutzt hätten, um sich zu ergeben oder Zivilisten zu evakuieren.
Von Kiew gab es davor am Freitag den Vorwurf, dass russische Truppen Zivilisten am Verlassen des Stahlwerks hinderten. Russland hatte Mariupol trotz ukrainischen Widerstands um das Stahlwerk Azovstal diese Woche für komplett erobert erklärt.