Umstrittene AHV-Gelder Darum lohnen sich Kinder für Schweizer Rentner in Thailand

Lea Oetiker

19.9.2024

In Thailand erhalten Rentner mit Kinden eine Kinderrente. Damit lässt es sich gut leben.
In Thailand erhalten Rentner mit Kinden eine Kinderrente. Damit lässt es sich gut leben.
Imago

Wer im Rentenalter nochmals Vater wird, hat Anrecht auf eine Kinderrente. In Thailand lässt es sich damit gut leben. Das Parlament will sie nun abschaffen.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In Thailand leben Tausende Schweizer Rentner.
  • Einige von ihnen werden nochmals Vater und erhalten dafür eine Kinderrente. Viele sehen dahinter ein potenzielles Missbrauchrisiko.
  • Die SVP fordert eine Abschaffung, links/ grün möchte sie behalten.

In Thailand haben sich Tausende Schweizer Rentner niedergelassen. Wer dann nochmals Vater wird oder ein Pflegekind aufnimmt, hat Anrecht auf eine Kinderrente aus dem AHV-Topf in der Schweiz. 

Hans Steinmann ist vor 2,5 Jahren nochmals Vater geworden. Neben seinen 2000 Franken AHV kriegt er monatlich für seinen Sohn eine Kinderrente von 811 Franken. Für seine Halbschwester genauso viel. In Thailand ist das viel Geld.

«Ich wäre ohne dieses Geld am Anschlag. Ich könnte die Kinder in keine gute Schule schicken und auch hier kosten Kinder etwas», so Steinmann zu der «SRF Rundschau». Die Kinderrente von seinem Sohn ist dreimal so hoch wie ein durchschnittlicher Lohn in Thailand.

Frauen kommen viel seltener in den Genuss solcher Zusatzrenten – aus biologischen Gründen.

4,4 Millionen Franken jährlich

Gemäss schweizerischer AHV/IV-Gesetzgebung haben Rentner Anspruch auf Auszahlung von Kinderrenten. Wenn es das leibliche Kind ist, aber auch wenn es sich um ein Stiefkind handelt. Man muss beweisen können, dass man mit der Kindsmutter oder dem Kindsvater verheiratet ist und mit dem Kind an derselben Adresse wohnt.

Die AHV-Beiträge, die für Kinderrenten nach Thailand fliessen, haben sich in den letzten Jahren stark erhöht. Rund 400 Pensionierte (stand 2021) sollen aktuell in Thailand Kinderrente beziehen. Das ist entspricht einem Beitrag von 4,4 Millionen Franken, der jährlich vom AHV-Topf wegkommt. 

Die SVP ist mit der Kinderrente gar nicht einverstanden. SVP-Nationalrat Erich Hess sagt dazu: «Gerade in Kaufkraft schwachen Ländern kann man, wenn die Kinder als Pflegekinder anerkannt werden, die Rente abholen und damit ein königliches Leben leben. Es kann nicht sein, dass Tausende von Kindern im Ausland von Schweizer Steuer- und Gebührenzahler finanziert werden.»

Die Kinderrenten sind ein Dauerthema, seit das Parlament sie abschaffen möchte. Nicht nur für die Rentner in Thailand, sondern auch Rentner in der Schweiz sollen sie nicht mehr bekommen. Der Bundesrat ist gegen die Abschaffung. Als Nächstes debattiert der Ständerat über den Erhalt der Kinderrente.

Kein erhöhtes Missbrauchrisiko

Jan Schäfer, der ein Schweizer Hotel in Thailand führt und eigene Kinder hat, sagt der «Rundschau»: «Wir müssen nicht darüber reden, ob wir sie abschaffen sollen oder nicht, sondern sie verfeinern. Also beispielsweise, dass man nur für die eigenen leiblichen Kinder Kinderrente bekommt.»

Hinter den Kinderrenten befürchten viele ein grösseres Missbrauchpotenzial: Dass Rentner das Geld für sich und nicht für die Kinder brauchen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen betont gegenüber der «Rundschau», dass sie von keinem erhöhten Missbrauchrisiko ausgehen: «Sogenannte Missbrauchfälle erfasse man nicht, weil man nicht definieren kann, ab wann es sich um einen Missbrauch handelt.»

Auf den Vorwurf antwortet Hans Steinmann: «Ich brauche das Geld für die Kinder, ein Teil auch für das Essen. Die Tochter hat einen Töff, mit dem sie in die Schule fährt. Privatschulen sind teuer. Auch die Uniform und alle Unterlagen kosten Geld.»