Öffentlicher DienstUkraine betont Bedeutung der Wiederaufbaukonferenz in Lugano
tl, sda
30.6.2022 - 14:52
Die kriegszerstörte Ukraine braucht Unterstützung – neben viel Geld konkrete Aufbauhilfe. Das betonte der ukrainische Botschafter in Bern vor dem Beginn der Ukraine-Konferenz am Montag und Dienstag in Lugano. Die Wiederaufbaukonferenz sei sehr wichtig.
30.06.2022, 14:52
SDA
In Lugano findet allerdings keine Geber-Konferenz für die kriegszerstörte Ukraine statt. Die Frage nach den Kosten sei zu früh, betonte Konferenz-Sonderbotschafter Simon Pidoux vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Donnerstag vor den Medien in Bern. Weltbank, EU und die Ukraine würden erst einmal ihre Vorstellungen präsentieren.
Konkrete inhaltliche Angaben zu den Gesprächen in Lugano wollte Konferenz-Sonderbotschafter Pidoux nicht machen. Nur so viel: Es müsse darum gehen, den Wiederaufbau in der Ukraine anzustossen ("kick-off"), eine gemeinsame Sprache zu finden und gezielte Vorarbeit zu leisten, damit eine breite Basis zur Unterstützung geschaffen werde.
Korruption bleibt Thema
Fünf Hauptthemen stehen bei den Gesprächen laut Pidoux im Vordergrund: Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt, Infrastruktur und Digitalisierung. Der Wiederaufbau-Prozess in der Ukraine müsse auf jeden Fall mit dem Reform-Prozess Hand in Hand gehen, betonte Pidoux. Die Korruption im Land bleibe ein Thema.
Mindestens acht Staats- oder Regierungschefs werden nächste Woche im Tessin erwartet, mindestens 15 Ministerinnen oder Minister sowie 52 offizielle Delegationen aus 38 Staaten und der EU, ausserdem Vertreter von 14 internationalen Organisationen. Insgesamt wird mit mehr als 1000 Teilnehmenden gerechnet, auch aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und der akademischen Welt.
Bundespräsident Ignazio Cassis, Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Nationalratspräsidentin Irène Kälin sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben verbindlich zugesagt, ausserdem unter anderem der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki, der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala und seine litauische Amtskollegin Ingrida Simonyte.
Auch die deutsche Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze, die britische Aussenministerin Elizabeth Truss und ihr türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu sowie aus den USA ein Vertreter auf Ebene Vize-Staatssekretär werden unter zahlreichen anderen in Lugano erwartet.
Selenskyj online zugeschaltet
Die ukrainische Delegation wird angeführt von Ministerpräsident Denys Schmyhal, an der Spitze der ukrainischen Parlamentarier in Lugano steht deren Präsident Ruslan Stefantschuk. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird online zugeschaltet sein. Jedenfalls habe der Präsident von Anfang an bei der Konferenz-Vorbereitung mitgewirkt, sagte der ukrainische Botschafter in Bern, Artem Rybchenko.
Der ukrainischen Delegation werden zudem Aussenminister Dmytro Kuleba und fünf weitere Minister angehören, jene für Energie, Infrastruktur, Ökologie, Landwirtschaft und die Entwicklung der Regionen.
Russland nicht eingeladen
Aus Russland ist – wie bei den früheren Ukraine-Reformkonferenzen – niemand eingeladen. Zudem sei das Land nun der Aggressor, hiess es aus dem EDA.
Die Konferenz in Lugano sei der Schweizer Beitrag an die Stabilität Europas und der Welt, hatte Cassis, der auch Schweizer Aussenminister ist, vergangene Woche erklärt. Die Konferenzteilnehmer sollen demnach die Prioritäten, Methoden und Prinzipien des Wiederaufbaus in der Ukraine definieren. Am Ende solle eine «Deklaration von Lugano» stehen.
Bereits 5. Ukraine-Konferenz
Der nun Ukraine-Wiederaufbaukonferenz (Ukraine Recovery Conference) genannte Anlass in Lugano war ursprünglich als fünfte ukrainische Reformkonferenz geplant, in Fortsetzung der vier vorangegangenen Ausgaben in London (2017), Kopenhagen (2018), Toronto (2019) und Vilnius (2021). Diese wurden nach den sogenannten Euromaidan-Massenprotesten ab 2013 organisiert.
Auslöser der Proteste auf dem zentralen Kiewer Maidan-Platz war die Frage einer Annäherung an die EU. Sie führten 2014 zum Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, der sich unter Druck von Moskau in letzter Minute von der EU abgekehrt hatte. In der Folge annektierte Russland die Schwarzmeerhalbinsel Krim, in der Ostukraine brach Krieg aus zwischen von Russland unterstützten Separatisten und der ukrainischen Armee.
Die Schweiz war als langjährige Partnerin der Ukraine in Politik, Wirtschaft und Kultur schon lange angefragt worden, die fünfte Reformkonferenz durchzuführen. Vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar und der Zerstörung im Land wurde die Reform- in eine Wiederaufbaukonferenz unbenannt.
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