Reden werden immer wirrerStolpert Trump jetzt in die Biden-Falle?
loe
9.10.2024
Die Reden von Donald Trump werden immer düsterer, wütender und länger. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse seiner Reden von 2016 und 2024. Jetzt flammt die Diskussion um Trumps Alter auf.
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09.10.2024, 04:30
09.10.2024, 11:29
Lea Oetiker
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Trump stellt immer mehr Behauptungen auf, die gar nicht erst stimmen. Zudem scheint er immer mehr verwirrt zu sein.
Dies fällt auch ehemaligen Mitarbeitenden von Trump auf.
Die «New York Times» führt daraufhin eine Analyse seiner Reden in den letzten paar Jahren durch.
Nun kommt die Frage hoch: Ist Trump langsam zu alt?
Nach der TV-Debatte von Donald Trump und Kamala Harris seien die Zuschauer «durchgedreht». Das behauptet zumindest der ehemalige Präsident Donald Trump. Nur: Es gab gar kein Publikum. Die Debatte fand in einem leeren Saal statt.
Solche Fehldarstellungen von Trump häufen sich laut der «New York Times» in letzter Zeit. Er schweife ab, wiederhole sich und springe von einem Gedanken zum anderen. Einige davon seien schwer zu verstehen, einige unvollendet. Die renommierte Zeitung hat eine Computeranalyse von Trumps Reden vorgenommen.
Verglichen wurden seine Reden während des Präsidentschafts-Wahlkampf 2016 und 2024. Und die Analyse zeigt: Die Reden von Trump dauern nun durchschnittlich 82 Minuten, verglichen mit 45 Minuten im Jahr 2016. Zudem verwendet er häufiger Begriffe wie «immer» und «nie». Manche Experten halten diese Befunde für ein Zeichen seines fortgeschrittenen Alters, wie sie der NYT erzählen.
Wird Trump langsam zu alt?
Zudem stellt Trump Behauptungen auf, die wie aus der Luft gegriffen scheinen. Über Gold, Haie und seinen eigenen «schönen» Körper. Zudem scheint er verwirrt zu sein. Beispielsweise freut er sich über «einen tollen Tag in Louisiana», nachdem er den Tag in Georgia verbracht hatte. Noch im letzten Monat sprach Trump so, als würde er gegen Präsident Joe Biden antreten – fünf Wochen nach dessen Rückzug aus dem Präsidentschafts-Rennen.
Wird Trump langsam zu alt? Diese Frage kommt immer häufiger. Erst recht, seit Joe Biden die Wahlkampf-Bühne verlassen hat.
Fakt ist: Mit dem Ausscheiden von Biden ist Trump mit 78 Jahren der älteste Präsidentschaftskandidat der Geschichte. Wenn er gewinnt, wäre er der älteste Präsident, den es jemals in den USA gab.
Doch nicht nur das Alter von Trump hat sich in den letzten Jahren verändert, sondern auch seine Redensart. Diese wurde laut der «New York Times» düsterer, schärfer und wütender.
Eine Analyse der Zeitung zeigt:
Die durchschnittliche Dauer seiner Rede bei Kundgebungen stieg von 45 Minuten (2016) auf 82 Minuten (2024).
Der Gebrauch von Begriffen wie «immer» und «nie» nahm um 13 Prozent zu.
Negative Wörter werden nun um 32 Prozent häufiger verwendet als positive, 2016 waren es noch 21 Prozent.
Die Häufigkeit von Schimpfwörtern stieg um 69 Prozent.
Eine Studie von «Stat», einer amerikanischen Nachrichtenagentur, die sich vor allem mit Gesundheitsthemen auseinandersetzt, kam zu einem ähnlichen Ergebnis.
Die Analyse der «NYT» zeigt auch, dass Trump auf dem Niveau eines Viertklässlers spreche, der Komplexitätsgrad von seinen Reden in den letzten Jahren aber relativ konstant geblieben sei.
Weiter heisst es, dass Trump häufiger über die Vergangenheit rede. Vor allem über die 1980er und 1990er Jahre. Beispielsweise zitiert er fiktive Figuren aus dieser Zeit wie Hannibal Lecter aus «Das Schweigen der Lippe» – er meint natürlich «Das Schweigen der Lämmer». Und er fragt nach, wo der Moderator Johnny Carson sei, er solle doch zurück ins Fernsehen kehren. Dieser verstarb jedoch im Jahr 2005.
Trump bezieht sich zudem auf historische Ereignisse, als hätten sie kürzlich erst stattgefunden. So fragte Trump seine Anhänger, ob sie sich an die Landung von Charles Lindbergh in New York erinnern, der eigentlich in Paris gelandet war und das 1927. Also knapp 20 Jahre vor der Geburt von Trump.
Auch wenn es um die moderne Technologie geht, greift Trump bisweilen auf Wörter zurück, die so im Jahr 2024 aus der Zeit fallen: «Die meisten Leute haben keine Ahnung, was eine Telefon-App ist», meint er. Und das in einem Land, in dem 96 Prozent der Menschen ein Smartphone besitzen, schreibt die «NYT» weiter.
Die Bedenken hinsichtlich seines Alters haben sich in den vergangenen Wochen verstärkt. Das zeigt nicht nur die Analyse der «NYT», sondern auch andere Umfragen: Eine Mehrheit der Amerikaner*innen hält ihn für zu alt, um Präsident zu sein. Seine Kritiker*innen haben immer wieder versucht, das Thema darauf zu lenken.
Ehemalige Angestellte stellen Veränderungen bei Trumps Reden fest
Einige, die Trump seit Jahren kennen, erzählen der Zeitung, dass sie ebenfalls eine Veränderung in seinem Sprachstil feststellen. «Er tritt nicht mehr auf dem Niveau an, wie vor acht Jahren, keine Frage», sagte Anthony Scaramucci, der ehemalige Kommunikationsdirektor des Weissen Hauses und ehemaliger Trump-Verbündeter. «Er hat einen Schritt verloren. Er hat die Fähigkeit verloren, kraftvolle Sätze zu formulieren». Weiter heisst es: «Man kann Trump mögen oder hassen, aber er ist ein sehr effektiver Kommunikator gewesen», so Scaramucci.
Sarah Matthews, ehemalige stellvertretende Pressesprecherin von Trump, sagte, der ehemalige Präsident habe seinen Biss verloren. «Ich glaube nicht, dass irgendjemand sagen würde, dass Trump der am besten geschliffene Redner ist, aber seine jüngsten Reden scheinen zusammenhangloser zu sein, er schweift noch mehr ab und hat einige ziemlich auffällige Momente der Verwirrung», sagte sie. «Als er gegen Biden antrat, ist das vielleicht nicht so sehr aufgefallen.»
Trump weist alle Bedenken zurück
Trump wiederum weist alle Bedenken zurück. Er sagt, er habe alle kognitiven Tests bestanden. Kürzlich beschwerte er sich auch bei einer Kundgebung: «Ich spreche zwei Stunden lang ohne Teleprompter und wenn ich nur ein Wort leicht verliere, heisst es: ‹Er ist kognitiv beeinträchtigt›.»
US-Wahlen 2024 im Fokus
Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.
Patrick Semansky/AP/dpa
Auch Steven Cheung, Kommunikationsdirektor von Trumps Kampagnen, bezeichnet ihn als «den stärksten und fähigsten Kandidaten» und wies die Behauptungen zurück, er habe mit dem Alter nachgelassen. «Trump hat mehr Energie und Ausdauer als jeder andere in der Politik und ist der klügste Anführer, den dieses Land je gesehen hat», sagte er in einer Mitteilung.
Bisher hat seine Kampagne sich geweigert, medizinische Unterlagen von Trump herauszugeben und stattdessen lediglich auf ein einseitiges Schreiben verwiesen, das im Juli, als er angeschossen wurde, von seinem ehemaligen Arzt im Weissen Haus veröffentlicht wurde. Dort steht, dass es Trump «gut geht».
Experten wissen nicht, ob es am Alter liegt
Experten sagen, dass es schwierig zu beurteilen sei, ob die Veränderungen in Trumps Sprachstil auf typische Alterserscheinungen oder auf einen schlechten gesundheitlichen Zustand hindeuten könnten. «Das kann sich ändern, wenn man älter wird, das ist normal», sagte Bradford Dickerson, ein Neurologe an der Harvard, gegenüber der «NYT».
Laut Dickerson gebe es aber auch «rote Flaggen», wenn sich die Sprache einer Person relativ zu ihrer früheren Ausdrucksweise deutlich verändert. Diese Veränderungen können auf kognitive Probleme hinweisen, insbesondere wenn sie in kurzer Zeit auftreten.
Andere wiederum, die Zeit mit Trump im privaten Umfeld verbracht haben, betonen jedoch, dass sie keinen Unterschied feststellen konnten.
Ob seine düsteren und wütenden Reden also mit dem Alter zusammenhängen, ist umstritten. Er hatte schon immer einen unverwechselbaren Redestil, der seine Anhänger fesselte, auch wenn Kritiker*innen ihm Realitätsferne vorwarfen.
Trump selbst aber ist sich sicher: «Ich liege niemals falsch», das sagte er zumindest kürzlich in Wisconsin.
Trump bekam bei einer Wahlveranstaltung Unterstützung von Elon Musk.
Er trat dabei genau an derselben Stelle auf, an der im Juli ein Attentat auf ihn verübt worden war.