G7 in Biarritz Überraschung am Geifer-Gipfel – Trump will Irans Präsidenten treffen

Von Philipp Dahm

26.8.2019

Die einen möchten Klimawandel bekämpfen und Freihandel. Die USA forcieren dagegen den Handelskrieg mit China – alles andere seien bloss «Nischenthemen». Und was ist mit den Beziehungen zu Iran und Russland?

Zum Abschluss des G7-Gipfels im französischen Biarritz zauberte Emmanuel Macron noch eine gute Nachricht aus dem Hut: US-Präsident Donald Trump wolle sich mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani treffen.

Ein Treffen könnte sich in den kommenden Wochen organisieren lassen. Das verkündete der französische Präsident und Gipfelgastgeber am Montagnachmittag bei einem gemeinsamen Auftritt mit Trump vor den Medien. Trump sagte lediglich, er sei «unter Umständen bereit», sich mit Ruhani zu treffen.

Die geplante Annäherung der verfeindeten Staaten USA und Iran war eine Meldung mit positiver Strahlkraft. Doch auch diese konnte kaum darüber hinwegtäuschen, dass sich zwischen den G7-Staaten verschiedene Bruchlinien aufgetan hatten, was sich auch im Verlauf des Gipfels zeigte:

Streitpunkt Gipgelagenda

Dass das Treffen im französischen Biarritz nicht der Gipfel der Einigkeit werden würde, hatte sich bereits am Samstag abgezeichnet: Mitglieder der US-Delegation äusserten ihren Unmut über den Fahrplan, den Gastgeber Frankreich für die Zusammenkunft vorgesehen hat. Mehr noch: Im Weissen Haus glaubt man offenbar, die Themensetzung sei explizit gegen Donald Trump gerichtet.

Klimawandel, Geschlechterfragen, Ungleichheit und die Wirtschaft Afrikas – das alles seien bloss «Nischenthemen», die verhinderten, dass über nationale Sicherheit und das Erlahmen der Weltwirtschaft gesprochen werden würde, behaupten Quellen der «New York Times» und von Bloomberg – sie wollen anonym bleiben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wolle so schlicht bei den heimischen Wählern punkten, lautet die Kritik.

Dazu passt, dass der Gastgeber bereits zu Beginn der Besprechung ankündigte, es werde keine gemeinsame Abschlusserklärung geben. Gerade auch mit Blick auf das Thema Klimawandel sei es eindenk doch sehr unterschiedlicher Auffassungen «sinnlos», einen Konsens zu erwarten. Heute Nachmittag will Macron aber dennoch vor die Presse treten. 

Streitpunkt Russland

Am Samstagabend schepperte es dann erneut im Gipfel-Karton: Ein Abendessen artete in hitzige Diskussionen aus, als Donald Trump bei seinen Kollegen eine diplomatische Amnestie für Wladimir Putin forderte: Russsland war aus den G8 ausgeschlossen worden, nachdem Moskau 2014 die Krim annektiert hatte.

«Die meisten der anderen Staatslenker haben darauf beharrt, eine Familie, ein Club, eine Gemeinschaft liberaler Demokratie zu sein. Und aus diesen Gründen sagen sie, dass man Präsident Putin, der das nicht verkörpert, nicht zurückkommen lassen darf», sagte ein Diplomat gemäss «Quartz».

Nur von Italiens Premier Guiseppe Conte bekam Trump Rückendeckung für seinen Wunsch, den starken Mann aus dem Kreml wieder salonfähig zu machen. Japans Premier Shinzo Abe verhielt sich neutral in der Angelegenheit – und der Rest der Gipfelteilnehmer lehnte dankend ab.

Streitpunkt Internet-Extremismus

Der «Aufruf von Christchurch» wurde von der neuseeländischen Regierungschefin Jacinda Ardern Mitte Mai als Reaktion auf das Moschee-Attentat initiiert: Der Verbund will Staaten und internationale Firmen zusammenbringen, um zu verhindern, dass sich Extremisten via Social Media organisieren und ihre Taten verherrlichen. 17 Staaten haben das nichtbindende Dokument bereits unterzeichnet: Deutschland, Frankreich und Italien sind darunter, die Schweiz nicht.

Auch diverse Konzerne, die ihr Geld online verdienen, sind an Bord: von A wie Amazon über Facebook und Google bis hin zu Twitter und Youtube. Dem Radiosender Europe 1 zufolge hätten diese am Freitag unter der Schirmherrschaft von Emmanuel Macron mit den Gipfel-Teilnehmern eine «Charta für ein offenes, freies und sicheres Internet» unterzeichnen sollen, doch der Punkt verschwand plötzlich und ohne Erklärung von der Tagesordnung.

Dem Radiosender zufolge sei in dem Zusammenhang von «Druck von Donald Trump» die Rede gewesen. Nun soll die Charta am heutigen Montag diskutiert werden. Beobachter vermuten hinter dem US-Veto Ärger über die Abgabe, die Online-Unternehmen neu in Frankreich auf ihre Umsätze entrichten müssen. Doch der Zug könnte auch eine Reaktion auf das Klagen der Internetfirmen sein, die sich angeblich genötigt fühlen, ein entsprechendes Papier zu unterzeichnen, schreibt der «Sydney Morning Herald».

Streitpunkt Iran

Der Überraschungsbesuch des iranischen Aussenministers Mohammed Dschawad Sarif erinnert an einen weiteren Fall, in dem Europa diametral anders als Washington agiert: in der Frage des Atomabkommens mit dem vorderasiatischen Land. Die Visite sei zwischen den USA und Frankreich abgesprochen gewesen – und weiter sagte Donald Trump sogar, Washington strebe keinen Regimewechsel in Teheran an. «Sie müssen mit dem Terrorismus aufhören», forderte der US-Präsident jedoch.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani zeigte sich gesprächsbereit: «Wenn mir klar ist, dass ich mit einem Treffen die Probleme der Iraner lösen könnte, dann werde ich das defintiv tun», sagte er am Montag. Lösungen müssten in allen Bereichen gesucht werden. «Dazu gehört nun mal auch Diplomatie, solange es den nationalen Interessen dient.»

Gegenüber Reuters betonten die Iraner aber auch, dass man sich das Recht, Uran anzureichern, nicht nehmen lassen würde. Auch das nationale Raketenprogramm stünde nicht zur Debatte: «Über das iranische Raketenprogramm kann und wird nicht verhandelt werden. Wir haben das klar und deutlich unterstrichen.»

Update 14 Uhr: Geld gegen Waldbrände

Im Kampf gegen die verheerenden Brände des Amazonas-Regenwaldes in Südamerika haben die G7-Staaten Soforthilfe von 20 Millionen US-Dollar zugesagt. Das sagte Chiles Präsident Sebastián Piñera am Montag in Biarritz an der Seite von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.

In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. Die Zahl der Feuer stieg nach Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE seit Anfang des Jahres um 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

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