Donald Trumps früherer Anwalt Michael Cohen watschte seinen Ex-Chef vor dem US-Kongress öffentlich ab. Aber wie gefährlich wird die Aussage Cohens für den US-Präsidenten?
Der Ex-Anwalt von Donald Trump, Michael Cohen, hat den US-Präsidenten in einer öffentlichen Anhörung schwer belastet. Bei seiner Aussage am Mittwoch (Ortszeit) vor dem Kontrollausschuss im US-Repräsentantenhaus bezeichnete Cohen seinen früheren Chef als Betrüger und Rassisten. Er warf ihm diverse Vergehen vor - zum Teil moralischer Natur, zum Teil aber auch rechtlicher Art, die Trump irgendwann womöglich in Schwierigkeiten bringen könnten. Trump hatte Cohen noch kurz vor der Anhörung einen Lügner genannt.
Der US-Präsident wies die Vorwürfe zurück. Er verwies zudem darauf, dass Cohen nach dessen Angaben keine Beweise für Geheimabsprachen seines Wahlkampflagers mit Vertretern Russland habe. Das sei der eine Punkt gewesen, über den Cohen nicht gelogen habe, sagte Trump am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Hanoi.
Cohen hat mehr als ein Jahrzehnt für Trump gearbeitet und ist eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Präsidenten. Der 52-Jährige wurde oft als Trumps «Ausputzer» beschrieben, bis es zum Bruch zwischen beiden kam. Vor dem Kongress gab sich Cohen demütig und äusserte Reue - dafür dass er für Trump gearbeitet, für ihn gelogen und der Bevölkerung lange die Wahrheit über Trump vorenthalten habe.
Im vergangenen Jahr hatte sich Cohen vor Gericht wegen mehrerer Vergehen schuldig bekannt: unter anderem wegen einer Falschaussage vor dem Kongress und wegen Verstössen gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung - durch Schweigegeldzahlungen im Auftrag von Trump. Im Dezember war er wegen dieser Delikte zu drei Jahren Haft verurteilt worden und soll seine Strafe im Mai antreten.
Kritiker werteten Cohens Auftritt als Versuch, sich reinzuwaschen und von seinen eigenen Fehltritten abzulenken. Die Republikaner in dem Ausschuss hielten Cohen seine Verfehlungen vor und mühten sich, ihn als unglaubwürdigen Zeugen abzutun. Auch Trump griff Cohen am Mittwoch vorab aus der Ferne an: «Er lügt, um seine Gefängniszeit zu verringern», schrieb Trump auf Twitter. Der Präsident weilte zu der Zeit in Vietnam für ein Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, das ergebnislos abgebrochen wurde.
Der demokratische Ausschussvorsitzende Elijah Cummings kündigte an, das Gremium werde den Vorwürfen weiter nachgehen. «Das ist nicht das Ende eines Prozesses, sondern der Anfang», sagte er nach der Sitzung. Einige von Cohens Aussagen sind für den Präsidenten schlicht unangenehm und hochgradig unschmeichelhaft, andere bringen ihn durchaus in Erklärungsnot: Das Wichtigste im Überblick.
Die Sache mit Wikileaks
Cohen sagte, Trump sei vorab über die Veröffentlichung von E-Mails durch die Enthüllungsplattform informiert gewesen. Er habe gewusst, dass sein langjähriger Vertrauter Roger Stone mit Wikileaks-Gründer Julian Assange über die E-Mails aus dem Lager der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton gesprochen habe. Die Aussage ist pikant, weil CNN im November berichtet hatte, Trump habe schriftlich gegenüber dem FBI-Sonderermittler Robert Mueller angegeben, dass Stone ihm nichts von Wikileaks gesagt habe. Stone, der im Januar angeklagt wurde, sagt das ebenfalls. Von den dreien muss also jemand die Unwahrheit sagen.
Schweigegeld im Wahlkampf
Cohen untermauerte seine Vorwürfe, er habe im Auftrag Trumps Schweigegeld an den Pornostar Stormy Daniels sowie an das Ex-Playmate Karen McDougal gezahlt, um im Wahlkampf Schaden von Trump abzuwenden. Beide Frauen behaupten, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben. Trump räumte nach mehreren Dementis eine Zahlung ein, bestreitet aber, etwas mit den Frauen gehabt zu haben. Cohen sagt, Trump habe die Rückzahlung des Schweigegeldes an ihn persönlich angewiesen, als er bereits Präsident gewesen sei. Er beschuldigte Trump also, sich im Amt kriminell verhalten zu haben. Cohen behauptet auch, dass Trump ihn im Februar 2018 aufgefordert habe, öffentlich zu erklären, dass er selbst nichts über das Geld gewusst habe. Ob Trump damit womöglich wie Cohen gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstossen hat, muss sich zeigen.
Die Russland-Connection
Cohen sparte nicht mit Details, was ein einstiges Bauprojekt Trumps in Moskau angeht: der Trump-Tower, der letztlich nie gebaut wurde. Cohen selbst hat sich schuldig bekannt, den Kongress über das Projekt angelogen zu haben. Nun erklärte er, der Präsident habe ihn nicht direkt zu dieser Lüge angewiesen. Die persönlichen Anwälte des Präsidenten hätten seine Erklärung vor dem Kongress aber überprüft und geändert. Und er habe sich indirekt zu einer Falschaussage gedrängt gefühlt.
Cohen sagte auch, dass er zwar keine direkten Beweise dafür habe, dass Trump oder sein Wahlkampfteam 2016 Geheimabsprachen mit Russland getroffen hätten. Er habe aber den Verdacht, dass Trump von einem Treffen mit einer russischen Anwältin gewusst habe, an dem unter anderem sein ältester Sohn Donald Trump Jr. dabei gewesen sei. Sonderermittler Mueller untersucht, ob es solche Geheimabsprachen gegeben hat. Cohen kooperiert mit Mueller.
Eine Frage des Geldes
Cohen sagte, Trump habe übertriebene Angaben zu seinem Vermögen gemacht, wenn es seinen Zielen zugute gekommen sei - etwa bei der Platzierung auf der «Forbes»-Reichenliste. Auf der anderen Seite habe Trump sein Vermögen kleingerechnet, um Steuern zu sparen. Cohen legte dem Kongress nach eigenen Angaben mehrere Dokumente vor, um seine Vorwürfe zu belegen. Dazu gehören demnach auch Kopien von Trumps Vermögensbilanzen von 2011 bis 2013, die dieser unter anderem an die Deutsche Bank weitergereicht habe. Ob Trump hierdurch Probleme bekommen könnte, hängt sehr von Details ab.
Die «Ausputzer»-Jobs
Cohen beschrieb ausführlich seine Arbeit für Trump in den vergangenen Jahren. Zu seinen Aufgaben habe früher etwa gehört, auf Anweisung Trumps Geschäftsleute anzurufen, um ihnen zu sagen, dass Trump sie für ihre Leistungen nicht oder nicht wie vereinbart bezahlen werde. Auch habe er auf Anweisung seines Ex-Chefs dessen Schulen mit Klagen gedroht, für den Fall, dass sie Trumps frühere Noten veröffentlichen sollten. Eine andere Anekdote: Trump habe ihn angewiesen, einen Strohmann zu finden, der bei einer Versteigerung für ein Porträtbild Trumps bieten würde. Diese Geschichten werfen zwar ein schlechtes Bild auf Trump, bringen ihn in seiner jetzigen Rolle aber nicht wirklich in Schwierigkeiten.
Psychogramm eines Präsidenten
Cohen verwendete viel Zeit darauf, den Menschen Donald Trump zu beschreiben. Er zeichnete das Bild eines Mannes, der keine Moral habe, als unaufrichtigen Egoisten, dem es nicht um das Wohl des Landes, sondern um eigene Bereicherung gehe, als jemanden, der auf Schwarze herabschaue. «Er ist ein Rassist. Er ist ein Hochstapler. Und er ist ein Betrüger», sagte Cohen. Diese Beschreibungen sind für Trump wenig schmeichelhaft, aber weniger bedrohlich. «Charakterstudien» dieser Art gab es schon einige.
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