Trump zu Pence am 6. Januar «Du wirst als Feigling in die Geschichte eingehen»

Jan-Niklas Jäger

10.11.2022

Mike Pence und Donald Trump im Jahr 2020. Der ehemalige Vizepräsident Pence gibt in einem neuen Buch einen Einblick hinter die Kulissen der Trump-Regierung.
Mike Pence und Donald Trump im Jahr 2020. Der ehemalige Vizepräsident Pence gibt in einem neuen Buch einen Einblick hinter die Kulissen der Trump-Regierung.
Bild: AP Photo / Patrick Semansky / Keystone

In einem Buch beschreibt Mike Pence, was sich vor und nach dem 6. Januar zwischen ihm und Donald Trump abspielte. Dessen Anhänger hatten Pence' Kopf gefordert, weil er sich weigerte, Joe Bidens Wahl zu verhindern.

Jan-Niklas Jäger

Der ehemalige US-Vizepräsident Mike Pence stand beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Weil er Donald Trumps Forderung, die Zertifizierung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl zu verweigern, nicht nachkam, forderten einige Aufständische sogar seinen Kopf in Sprechchören: «Hang Mike Pence!» – «Hängt Mike Pence!»

Nun beschreibt dieser in einem neuen Buch, was sich vor und nach dem Aufstand hinter den Kulissen abspielte. «Ich sagte [Trump], er solle, wenn wir vor Gericht nichts erreichen, die Ergebnisse schlicht akzeptieren, die Machtübergabe einleiten und sein politisches Comeback vorbereiten», schreibt Pence in einem Auszug aus dem Buch, den das «Washington Journal» nun veröffentlicht hat.

So hätte Trump 2024 wieder kandidieren und leicht gewinnen können. «Ich weiss nicht», soll der ehemalige Präsident geantwortet haben. «2024 ist noch so weit weg.»

«Hunderttausende werden dich abgrundtief hassen»

Am Morgen des 6. Januar habe Trump Pence bei einem Telefongespräch gesagt, er würde «als Feigling» in die Geschichte eingehen: «Wenn du die Zertifizierung nicht aufhältst, habe ich vor fünf Jahren einen grossen Fehler gemacht.» Damit bezog sich Trump auf seine Entscheidung im Jahr 2016, mit Pence als möglichem Vizepräsidenten zu kandidieren.

Bereits vorher habe Pence dem damaligen Präsidenten mitgeteilt, dass die Verfassung ihm die Macht, die Wahl zu negieren, gar nicht zusprechen würde. «Du bist zu ehrlich», habe Trump daraufhin gesagt. «Hundertausende werden dich abgrundtief hassen. Sie werden denken, dass du blöd bist.»

Anzeichen von Reue

Nach den Ereignissen vom 6. Januar habe Trump hingegen Reue angedeutet, etwa nachdem er erfahren hatte, dass sich neben Pence auch dessen Ehefrau und Tochter im Gebäude befunden hatten.

Ausserdem habe er mit «echter Traurigkeit in seiner Stimme» gesprochen, als er laut über die Vorgänge nachgedacht habe: «Was, wenn wir die Kundgebung nicht gemacht hätten? Was, wenn sie nicht zum Kapitol gegangen wären? [...] Es ist schrecklich, so zu enden.»

Pence' Buch, das den Titel «So Help Me God» trägt, erscheint in den USA am kommenden Dienstag. Die Veröffentlichung wird als Versuch gewertet, Pence' öffentliches Profil zu schärfen, da dieser eine eigene Präsidentschaftskandidatur für 2024 in Betracht ziehe.

Schlechte Chancen für Pence

Gute Chancen kann sich Trumps ehemaliger Vize allerdings nicht ausmalen. Sowohl sein ehemaliger Chef als auch Floridas Gouverneur Ron DeSantis sind bei den Anhänger*innen der Republikaner deutlich beliebter.

DeSantis konnte seine Chancen auf eine Präsidentschaftskandidatur zuletzt mit seinem deutlichen Sieg bei den Zwischenwahlen verbessern, während Trumps Einfluss aufgrund vieler verlorener Wahlen ihm nahestehender Kandidaten als geschmälert gilt.