Trump, DeSantis und die Midterms«Ich kann ihnen Dinge erzählen, die nicht sehr schmeichelhaft sind»
Von Philipp Dahm
9.11.2022
DeSantis siegt in Florida – und lässt Trump bangen
Der als künftiger Präsidentschaftskandidat gehandelte Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, ist wiedergewählt worden. Der rechte Hardliner gilt als aufstrebender Star der Republikaner – und als Konkurrent von Ex-Präsident Donald Trump.
09.11.2022
Donald Trump hat sich die Midterms anders vorgestellt: Während ein von ihm protegierter Kandidat wie Mehmet Oz abschmiert, setzt Ron DeSantis zum Höhenflug an – und gerät damit in Trumps Visier.
Von Philipp Dahm
09.11.2022, 17:40
Philipp Dahm
Donald Trump hat einen Plan an jenem 7. November. Die Idee ist eigentlich, dass der Ex-Präsident den Kandidaten James David Vance unterstützt, der Senator von Ohio werden will. Doch der 76-Jährige macht lieber Werbung für sich selbst.
«Ich werde am 15. November in Mar-a-Lago eine sehr grosse Ankündigung machen», sagt der New Yorker. Worum es geht, hat er kurz zuvor in Pennsylvania angedeutet, wo er eigentlich Wahlkampf für den republikanischen Kandidaten Mehmet Oz machen sollte.
Trump kündigt «sehr wichtige» Erklärung an
Kurz vor den Zwischenwahlen in den USA befeuert Ex-Präsident Donald Trump die Spekulationen um eine erneute Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2024. Bei einem Wahlkampfauftritt in Ohio verspricht Trump eine «sehr grosse Ankündigung» für den 15. N
08.11.2022
Es geht darum, wer 2024 das Weisse Haus angreifen soll: «Wir gewinnen fett in der republikanischen Partei bei der Nominierung. Das hat noch nie jemand zuvor gesehen», prahlt der Ex-Präsident. «Trump bei 71 Prozent, Ron DeSanctimonious bei 10 Prozent. Mike Pence bei 7 Prozent – Mike schlägt sich besser als erwartet. Liz Cheney – es kann nicht sein, dass sie auf 4 Prozent kommt. Es kann nicht sein.»
Liz Cheney hat sich zu Trumps Feindbild gemacht, weil sie in jenem Komitee sitzt, das den Sturm aufs Kapitol untersucht. Trumps früherer Vizepräsident Mike Pence hat sich disqualifiziert, weil er die Wahl 2020 nicht angefochten hat. Und «Ron DeSanctimonious» alias Ron DeSantis gilt als einer, der Trump beerben könnte: Das gefällt dem machtbewussten Golf-Fan gar nicht.
Gewehr bei Fuss
Trump wähnt sich vor den Zwischenwahlen auf Kurs. «Ich glaube, wir werden eine grossartige Nacht haben», bekundet der Ex-Präsident in Palm Beach, Florida, nachdem Gattin Melania und er ihre Stimmen abgegeben haben. «Es wird grossartig für unser Land.» Die Themen, die die Menschen bewegten, seien Verbrechen, «die Steuern niedrig halten» und die Grenze: «Millionen und Millionen von Leuten kommen in unser Land.»
Trump hat guten Grund, optimistisch zu sein: Seine Fusssoldaten stehen Gewehr bei Fuss. Die Speerspitze bilden Frauen, die keine Gefangenen machen. So wie Sara Palin in Alaska, Sarah Huckabee Sanders in Arkansas, Marjorie Taylor Greene in Georgia, Tudor Nixon in Michigan oder Kari Lake in Arizona. Männliche election deniers sind natürlich auch vertreten.
Hinzu kommen wichtige Positionen auf Ebene der Bundesstaaten, die neu besetzt werden – und auch hier stehen willige Trump-Fans bereit, um sich zum Staatsanwalt oder Secretary of State, der Wahlergebnisse besiegelt, machen zu lassen. Unter dem Strich geht es darum, entscheidende Posten mit Getreuen zu besetzen, damit es keinen Widerstand wie am 6. Januar 2020 gibt, als in Washington ein Coup in der Luft lag.
«Wenn sie gewinnen, gebührt mir alle Anerkennung»
Trump wird noch vor der Schliessung der Wahllokale gefragt, welchen Anteil er hätte, falls sich seine Kandidat*innen durchsetzten. «Nun, ich denke, wenn sie gewinnen, gebührt mir alle Anerkennung», lautet die unnachahmliche Antwort. «Und wenn sie verlieren, sollte man mich überhaupt nicht dafür verantwortlich machen. Aber es wird wahrscheinlich das Gegenteil sein.»
Doch nach der rauschenden Wahlnacht muss bei Donald Trump Katerstimmung herrschen. Seine Kandidat*innen haben nicht nur auf breiter Front versagt, sondern seine Einmischung könnte die Republikaner sogar die Mehrheit im Senat vermiesen. Etwa weil Mehmet Oz in Pennsylvania das Senatorenrennen gegen John Fetterman verliert. Oder weil Doug Mastriano im Gegensatz zu Josh Shapiro nicht Gouverneur wird.
Oz, der aus dem TV bekannte Arzt, der nie in Pennsylvania gewohnt hat, ist keine Ausnahme. Tudor Nixon scheitert damit, in Michigan Gretchen Whitmer aus dem Gouverneursamt zu drängen. Kari Lake liegt in Arizona hinter der Konkurrenz, auch wenn das Endergebnis noch nicht feststeht. Ob Herschel Walker, Trumps Mann in Georgia, obsiegt, muss sich erst noch zeigen.
Gehört die Partei Trump?
Unter dem Strich gibt es wenig Gewinner*innen im Trump-Lager: James David Vance holt in Ohio den Senatorenposten und Sarah Huckabee Sanders, die in Arkansas Rekorde bei den Parteispenden gebrochen hat, wird Gouverneurin. Das ist auch dann ein sehr überschaubarer Erfolg, wenn Herschel Walker noch in Georgia siegen sollte. Trotz rund 130 election deniers, die am 8. November in Amt und Würden gewählt wurden.
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Schlimmer noch: Trumps grösster parteiinterner Widersacher geht aus dieser Wahl gestärkt hervor. Ron DeSantis gewinnt das Gouverneursrennen in Florida mit Abstand. Der Ruf, er solle sich um den Posten des Präsidentschaftskandidaten bewerben, wird nach diesem Wahlsieg nur noch lauter werden.
Dabei dürfte Trump seine Kandidatur extra früh ankündigen, um mögliche parteiinterne Konkurrenten abzuschrecken. Gegen ihn anzutreten, wäre politischer Selbstmord, meint etwa der rechte Radiomoderator Brian Glenn. Die Republikaner seien seine Partei. «Absolut, ich denke, das ist klar und offensichtlich», stimmt ihm Marjorie Taylor Greene zu.
«Wenn er antritt, tritt er an»
DeSantis solle lieber in Florida bleiben, denn «das Land braucht starke republikanische Gouverneure», findet Greene: «Wir brauchen starke republikanische Gouverneure, die kämpfen, die für acht Jahre bleiben und ihre Staaten retten, die ihre Staaten nicht aufgeben und versuchen, Präsident zu werden oder irgendeine andere grosse Position zu ergattern.»
DeSantis gehört wie Trump zum rechten Flügel der Republikaner. Bei seinen Wahlkampfauftritten spricht er über die «Indoktrinierung» von Kindern und Jugendlichen an Amerikas Schulen durch die «Verbreitung der Gender-Ideologie». Der 44-Jährige bietet ähnliche Hardliner-Positionen wie Trump, aber er teilt nicht dessen Hang zu Skandalen, Kontrollverlust und Chaos.
DeSantis gilt als disziplinierter und smarter als sein Parteikollege. Das macht ihn nach Einschätzung mancher Kritiker*innen gefährlicher als Trump. Doch der hat die Konkurrenz auf dem Schirm: «Wenn er antritt, tritt er an», sagt der 76-Jährige laut «Wall Street Journal». «Aber wenn er antritt, kann ich Ihnen Dinge über ihn erzählen, die nicht sehr schmeichelhaft sind. Ich weiss mehr über ihn als jeder andere, ausser vielleicht seiner Frau, die seinen Wahlkampf leitet.»
Das klingt wie eine Drohung. Und nun ist jener Ron DeSantis unter den Republikanern einer der grössten Gewinner der Zwischenwahlen: Dass Donald Trump tatsächlich einen «grossartigen Abend» hatte, muss bezweifelt werden.