«Trump Tapes» «Die Sache ist die: Ich liege nie falsch»

Von Philipp Dahm

26.10.2022

Strafprozess gegen Trump-Unternehmen in New York gestartet

Strafprozess gegen Trump-Unternehmen in New York gestartet

In New York hat ein Prozess gegen die lange Zeit von Ex-US-Präsident Donald Trump geführte gleichnamige Unternehmensgruppe wegen Steuerbetrugs begonnen. Das Verfahren in Manhattan startete am Montag mit der Auswahl der zwölf Geschworenen.

26.10.2022

Starjournalist Bob Woodward macht seine Gespräche mit Donald Trump öffentlich, um vor ihm zu warnen. Die Interviews entblössen die Allmachtsfantasien des Ex-US-Präsidenten in dessen ganz eigenem Ton.

Von Philipp Dahm

Sie werfen Fragen auf, diese «Trump Tapes», die Bob Woodward veröffentlicht hat. Der Journalist hat zwischen 2019 und 2020 ganze 20 Interviews, die er mit dem damaligen US-Präsidenten führte, in einem über achtstündigen Hörbuch zusammengefasst.

Warum um alles in der Welt hat Donald Trump diesem Mann, der schon Richard Nîxon zu Fall gebracht hat, so viele Interviews gegeben? Und das, nachdem Woodward mit «Fear», «Rage» und «Peril» drei wenig schmeichelhafte Bücher über den 76-Jährigen zu verantworten hat?

Trump hat sich dem Journalisten nicht nur in ausführlichen Gesprächen gestellt, sondern ihn auch immer wieder angerufen. «Ich habe vor nichts Angst», sagt er auf einer Aufnahme. «Wenn ich Angst hätte, würde ich heute kein Interview mit Ihnen machen.»

Es darf auch die Frage gestellt werden, warum Woodward die Tonaufnahmen veröffentlicht, die er bereits für seine Bücher verwendet hat. Der 79-Jährige, geboren in Geneva in Illinois, will im Nachhinein erkannt haben, dass seine drei Bücher «nicht weit genug» gegangen seien. Trump stelle eine «nie dagewesene Gefahr» für die Demokratie dar.

Woodward glaubt, es sei etwas anderes, Trump zu hören. Das könne «eine gedruckte Seite nicht einfangen». Und der Ex-Präsident äussert sich freigiebig zu einer ganzen Reihe von Themen. Nur einmal wird er wortkarg, als Woodward ihn fragt, ob er im Weissen Haus bleiben werde, wenn das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 angefochten werde: «Ich will das gar nicht kommentieren.»

Grimmig: Trump gut drei Wochen nach den Präsidentschaftswahlen im November 2020 im Weissen Haus.
Grimmig: Trump gut drei Wochen nach den Präsidentschaftswahlen im November 2020 im Weissen Haus.
EPA

Oft geht es um Covid, und das Gesagte tönt bekannt. Erst «ein kleiner Rückschlag wegen des China-Virus», der «in ein paar Monaten mit der Hitze verschwindet», dann hat Trump «alles unter Kontrolle» und schliesslich bekommt er «nie Anerkennung für die grossartigen Sachen», die er tut.

Wer tut sich das wohl acht Stunden lang an? Und um zur letzten Frage zu kommen: Braucht es das? Es gibt Zweifler: «Die Medien machen bei Trump immer noch denselben Fehler», titelt «The Atlantic» – man wäre besser beraten, «ihn zu ignorieren». Trump beachtet das neue Audiobook aber sehr wohl – und regt sich auf. Nicht wegen Vertraulichkeiten, sondern weil er sich nervt, dass Woodward mit seiner Stimme Geld verdient.

Screenshot: Truth Social

Hier eine Auswahl der bemerkenswertesten Zitate aus den »Trump Tapes»:

Trump vor seiner Wahl 2016

«Ich glaube nicht, dass [Präsident Barack] Obama schlau ist, verstehen Sie? Ich denke, er ist ziemlich überschätzt. Und ich finde nicht, dass er ein guter Redner ist. Er ist so: ‹Ihr wisst schon, hey, schaut.› Ich bin auf die besten Schulen gegangen. Ich war grossartig. Ich habe einen Onkel, der 40 Jahre Professor am [Massachusetts Institute of Technology] war – einer der respektiertesten in der Geschichte der Schule. 40 Jahre. Der Bruder meines Vaters. Und mein Vater war klüger als er. Das ist eine gute Herkunft. Wissen Sie, man redet von der Elite. Wirklich, die Elite? [Sie sagen:] ‹Ahhh, sie haben schöne Häuser.› Ich habe viel schönere als sie. Alles, was ich habe, ist schöner als ihres.»

Amtsübergabe: Barack Obama bei Trumps Vereidigung am 20. Januar 2017 in Washington.
Amtsübergabe: Barack Obama bei Trumps Vereidigung am 20. Januar 2017 in Washington.
AP

Trump über Fehler und Entschuldigungen

«Ich habe den Ruf, dass ich mich nicht entschuldige. Das ist falsch. Ich entschuldige mich, wenn ich falsch liege.» Woodward hakt nach, wann Trump das zuletzt getan habe. «Oh, ich weiss nicht. Die Sache ist die: Ich liege nie falsch.»

Trump auf die Frage, ob ihm beim Schreiben einer wichtigen Rede geholfen wurde

«Ich hole die Leute, sie liefern Ideen. Aber diese Ideen gehören mir, Bob. Wollen Sie was wissen? Alles gehört mir.»

Trump über Kim Jong-un

Woodward zitiert die CIA, die den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un als «listig, durchtrieben, aber letztlich dumm» beschreibt. Trump: «Ich bin anderer Meinung. Er ist listig. Er ist durchtrieben. Aber er ist sehr schlau.» Und warum schreibt die CIA das? «Weil sie nicht Bescheid wissen, okay? Weil sie nicht Bescheid wissen. Sie haben keine Ahnung. Ich bin der einzige, der Bescheid weiss.»

Trump über sein Verhältnis zu Kim Jong-un

«Das Wort ist Chemie. Du triffst jemanden und die Chemie stimmt. Du triffst eine Frau: In der ersten Sekunde weisst du, ob alles passieren wird oder nicht.»

Die Chemie stimmt: Kim Jong-un und Donald Trump (rechts) im Juni 2018 in Singapur.
Die Chemie stimmt: Kim Jong-un und Donald Trump (rechts) im Juni 2018 in Singapur.
AP

Trump über Wladimir Putin

«Ich respektiere Putin. Ich denke, Putin mag mich. Ich denke, ich mag ihn.

Trump spricht über geheime Waffen

«Ich habe ein Waffensystem aufgebaut, dass zuvor noch nie jemand in diesem Land hatte. Wir haben Sachen, die man noch nie gesehen oder davon gehört hat. Wir haben Sachen, von denen Putin und Xi [Jinping, der chinesische Präsident] noch nie gehört haben.»

Trump über den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, nachdem Sanktionen wegen des Mordes an Jamal Khashoggi gefordert wurden

«Ich habe ihm den Arsch gerettet, und es war nicht einfach.»

Trump erklärt seinem Sohn Chinas Schuld an der Pandemie

«Er war 13. Oben im.Weissen Haus. In seinem Schlafzimmer. Er sagte: ‹Dad, was passiert?› Ich sagte: ‹Es ist aus China gekommen, Barron. Klar und simpel. Es kam aus China. Und es hätte gestoppt werden müssen. Und, um ehrlich zu sein, Barron, sie hätten uns zwei Monate früher davon wissen lassen müssen. Jetzt haben es 141 Länder. Die Welt hätte kein Problem. Wir hätten es locker stoppen können.›»