Übersicht Taliban schlagen versöhnliche Töne an +++ Schweiz verlegt Soldaten nach Taschkent

Agenturen/red

17.8.2021

28 Schweizer Staatsangehörige befinden sich gemäss EDA nach der Evakuierung des Schweizer Kooperationsbüros in Kabul noch in Afghanistan.

Agenturen/red

Die militant-islamistischen Taliban wollen auch weitere politische Kräfte an der Macht in Afghanistan beteiligen. Das sagte der langjährige Sprecher der Islamisten, Sabiullah Mudschahid, bei seiner ersten öffentlichen Pressekonferenz in Kabul am Dienstag. «Wenn die Regierung gebildet ist, dann wird jeder einen Teil daran haben.» Die Islamisten seien nicht für Macht hier, sondern um eine islamische Regierung aufzubauen. Der Taliban-Vizechef Mullah Baradar ist am Dienstag in Kandahar im Süden des Landes eingetroffen.

Nach ihrem rasanten Eroberungszug und der Flucht des Präsidenten Aschraf Ghani haben die Taliban am Sonntag faktisch die Macht im Land übernommen. Viele Afghanen befürchten nun eine Rückkehr der Schreckensherrschaft der Islamisten der 1990er-Jahre, während der etwa Frauen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen waren und die Vorstellungen der Islamisten mit barbarischen Strafen durchgesetzt wurden. Viele, die für die Regierung, Streitkräfte oder Ausländer tätig waren, haben auch Angst vor möglichen Racheaktionen der Islamisten.

Taliban-Sprecher Mudschahid schlug bei der Pressekonferenz weitere versöhnliche Töne an und versuchte derartige Bedenken offenbar zu zerstreuen. Die Taliban hätten mit niemandem Feindseligkeiten. Er versichere seinen Landsleuten, auch jenen, die in Opposition zu den Islamisten gestanden hätten, dass eine allgemeine Amnestie gelte. Diese umfasse auch ehemalige Übersetzer von ausländischen Streitkräften. Man habe auch alle Soldaten begnadigt, die in den vergangenen Jahren mit ihnen gekämpft hätten.

Sicherheit von Botschaften gewährleistet

Mudschahid versicherte zudem, dass die Sicherheit von Botschaften und der Stadt Kabul gewährleistet sei. Niemandem würde in Afghanistan etwas passieren. Die Taliban setzten sich auch für die Rechte von Frauen im Rahmen der islamischen Scharia ein. Frauen könnten in den Bereichen Gesundheit, Bildung und anderen Bereichen tätig sein. Auch Medien sollten sich keine Sorgen machen. Sie müssten unparteiisch bleiben und Inhalte sollten nicht islamischen Werten entgegenstehen. Auf eine Frage nach dem Tod vieler unschuldiger Zivilisten sagte er, das sei ohne Absicht passiert.

Wie genau in Zukunft das Land geführt werden soll, wie eine Regierung aussehen wird, welchen Namen und Struktur sie haben soll, ist noch unbekannt. Laut Sprecher Mudschahid arbeitet die Taliban-Führung gerade «ernsthaft» daran.

Am Dienstag landete der Taliban-Vizechef Mullah Baradar in Kandahar im Süden des Landes. Er ist der bislang höchstrangigste Vertreter der Islamisten, der offiziell in Afghanistan eingetroffen ist. Es ist unbekannt, wo sich der Taliban-Führer Haibatullah Achundsada befindet. Baradar soll Geheimdienstkreisen zufolge einen Posten ähnlich einem Ministerpräsidenten erhalten («Sadr-e Asam») und allen Ministern vorstehen.

Taliban übernehmen immer mehr Behörden

In Kabul haben die Islamisten am dritten Tag nach ihrer Machtübernahme immer mehr Behörden und Ministerien übernommen. Regierungsangestellte seien ihrem Aufruf gefolgt, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, sagte ein Beamter eines Ministeriums, der namentlich nicht genannt werden wollte, am Dienstag. Es seien viele seiner Kollegen zur Arbeit gekommen, aber keine Frauen.

Die Islamisten hätten Listen der Angestellten und würden nur jenen Zutritt erlauben, die auf der Liste stünden. Lokale Medien veröffentlichten Fotos, auf denen zu sehen war, dass auch Verkehrspolizisten wieder zu ihrer Arbeit zurückkehrten. Bewohner der Stadt sagten, es hätten wieder vermehrt Geschäfte geöffnet und mehr Menschen seien auf der Strasse.

Überrascht zeigten sich Bewohner der Stadt darüber, dass der populäre Fernsehsender ToloNews am Dienstag seine bekannte Moderatorin durch das Programm führen liess, die auch einen Taliban-Vertreter interviewte. ToloNews schickte auch eine Reporterin durch Kabul, um live über die Situation in der Stadt zu berichten.

Ein Bewohner des Viertels Pul-e Sorch sagte, die Taliban würden über Lautsprecher-Autos die Menschen aufrufen, sie ohne Angst zu akzeptieren. Alles sei normal, sie alle seien Brüder und sie würden für Sicherheit in der Stadt sorgen.

Berichte über Sicherheitszwischenfälle

Allerdings gab es in den vergangenen Tagen Berichte über Sicherheitszwischenfälle in der Stadt. Taliban-Kämpfer sollen sich Zutritt zu Wohnhäusern verschafft und Autos mitgenommen haben. Gleichzeitig sagten mehrere Bewohner Kabuls auch, dass einfache Kriminelle die Ankunft der Taliban ausnutzten und wohl vorgäben, Taliban zu sein.

Am Dienstag gab es in einer Audiobotschaft eine Warnung an Taliban-Kämpfer, unter keinen Umständen Privathäuser zu betreten oder Fahrzeuge mitzunehmen. Sollte dies ein Beamter oder eine Einzelperson tun, sei das ein «Verrat am System» und man ziehe sie zur Rechenschaft. Die von ToloNews veröffentlichte Sprachnachricht wurden Taliban-Vizechef Mullah Jakub zugeschrieben.

Chaos am Flughafen

Chaos herrschte weiter rund um den Flughafen der Stadt. Die Start- und Landebahn war am Dienstag zwar wieder in Betrieb, dennoch versuchten weiterhin Hunderte Menschen, auf das Gelände und in der Folge auf einen Evakuierungsflug aus dem Land zu kommen. Die Taliban würden die Menschen mit einer Peitsche schlagen und auch in die Luft schiessen, um sie auseinanderzutreiben, berichtete ein Augenzeuge. Dennoch würden es die Menschen weiter versuchen.

Am Montag war der Flugverkehr eingestellt worden, da sich Menschentrauben auf dem Flugfeld aufhielten. US-Militärs versuchten, sie mit Warnschüssen zurückzudrängen. Einem Augenzeugen zufolge ist in der Nacht zu Dienstag eine Frau in der Nähe des militärischen Teils des Flughafens zu Tode getrampelt worden.

28 Schweizer noch in Afghanistan — Ausland-Einsatz der Armee

28 Schweizer Staatsangehörige befinden sich gemäss Aussendepartement EDA nach der Evakuierung des Schweizer Kooperationsbüros in Kabul noch in Afghanistan. Am Montag hatte das EDA diese Zahl noch mit 26 beziffert. Der Bundesrat hat ein Detachement der Armee für Ausreise-Evaluationen in die usbekische Hauptstadt Taschkent geschickt.

Es seien derzeit 28 Bürgerinnen und Bürger im Konsulat der Schweizer Botschaft in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad angemeldet, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.

Für die Ausreise der lokalen Angestellten des Kooperationsbüros mit ihren Kernfamilien arbeite das EDA weiter intensiv an verschiedenen Optionen, hiess es weiter. Der Zugang zum Flughafen Kabul und Einschränkungen im Flugverkehr seien Herausforderungen, die es dabei zu berücksichtigen gelte. Die Lage am Flughafen sei «sehr volatil». Das EDA stehe mit seinen Mitarbeitenden in ständigem Kontakt. Über operationelle Fragen mache man aus Sicherheitsgründen keine Angaben.

In Afghanistan und den Nachbarstaaten blieben die Bedürfnisse weiterhin gross. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) prüfe, wie sie diese unter den veränderten Voraussetzungen erfüllen könne. Die laufenden und künftigen Programme würden entsprechend angepasst.

Wie das Verteidigungsdepartement VBS auf Anfrage von Keystone-SDA eine Information von Schweizer Radio SRF bestätigte, hat die Schweizer Armee ein Detachement in die usbekische Hauptstadt Taschkent verlegt. Dort sollen die Spezialisten das EDA bei der Evaluation und Vorbereitung verschiedener Evakuations-Optionen aus Kabul unterstützen.


Die Ereignisse des Tages im Überblick

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der ersten Pressekonferenz seit ihrer faktischen Machtübernahme in Afghanistan haben die militant-islamistischen Taliban versöhnliche Töne angeschlagen.
  • Nach Angaben des EDA befinden sich derzeit noch 28 Schweizer Staatsangehörige in Afghanistan.
  • Während die UN offene Grenzen fordern, warnen Zweifler im In- und Ausland vor einer »Flüchtlingswelle».
  • Nach viel Kritik und nur sieben Rettungen hat die deutsche Luftwaffe in einem zweiten Flug 125 Menschen aus Kabul geholt. 
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  • 21.47 Uhr

    Wir beenden den Live-Ticker am Dienstag

  • 21.36 Uhr

    Dänen wollen anderen Ländern bei der Evakuierung aus Kabul helfen

    Dänemark hat angekündigt, anderen Nationen bei der Evakuierung aus Afghanistan helfen zu wollen. Verteidigungsministerin Trine Bramsen sagte, nachdem man die eigenen Bürger und Helfer in Sicherheit gebracht habe, werde Dänemark die Operation in Kabul fortsetzen. «Wir sind immer noch in Afghanistan einsatzbereit und haben mehr Kapazitäten in dem Gebiet gewonnen.»

    Nach Angaben des dänischen Verteidigungsministeriums gibt es bereits ein offizielles Hilfeersuchen der USA. Dänemark hat die pakistanische Hauptstadt Islamabad als Basis für die Operation in Afghanistan. Am Dienstagnachmittag war ein dänisches Militärflugzeug mit dänischen Diplomaten auf dem Flughafen von Kabul gelandet.

    Auch Schweden hat zwei Militärflugzeuge in die Region geschickt, die bei einer Stabilisierung der Lage am Flughafen von Kabul schnell nach Afghanistan fliegen können. «Jetzt werden wir versuchen, die einheimischen Mitarbeiter und ihre Familien nach Hause zu holen», sagte Aussenministerin Ann Linde dem schwedischen Fernsehen SVT. Das schwedische Botschaftspersonal wurde bereits evakuiert.

  • 21.19 Uhr

    Waffen des afghanischen Militärs teils in Händen der Taliban

    Waffen und andere Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte sind nach US-Angaben nun zum Teil in den Händen der Taliban. Es gebe zwar keine genaue Liste dazu, wo sich nun alle militärischen Gegenstände befänden, aber ein «ordentlicher Anteil» davon sei an die Taliban gefallen, sagte US-Präsident Joe Bidens nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan. «Und wir haben natürlich nicht den Eindruck, dass sie diese bereitwillig am Flughafen an uns übergeben werden», sagte Sullivan am Dienstag.

    Das afghanische Militär gebe es nicht mehr als zusammenhängende Organisation, sagte er im Weissen Haus. Die Sicherheitskräfte hätten das Gewaltmonopol in den grösseren Städten an die Taliban abgegeben, sagte Sullivan. Vor allem die USA hatten jahrelang für einen Grossteil der militärischen Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte gesorgt, inklusive des Aufbaus einer Luftwaffe.

    Die militant-islamistischen Taliban hatten am Wochenende faktisch die Macht im Land übernommen. Viele Einheiten der afghanischen Streitkräfte ergaben sich ohne grössere Kämpfe. Das US-Militär hat mit mehreren Tausend Soldaten die Kontrolle des Flughafens in Kabul übernommen, um Evakuierungsflüge zu organisieren.

  • 20.48 Uhr

    Schweizer Armee verlegt Detachement nach Taschkent

    Wie das Verteidigungsdepartement VBS auf Anfrage von Keystone-SDA eine Information von Schweizer Radio SRF bestätigte, hat die Schweizer Armee ein Detachement in die usbekische Hauptstadt Taschkent verlegt. Dort sollen die Spezialisten das EDA bei der Evaluation und Vorbereitung verschiedener Evakuations-Optionen aus Kabul unterstützen.

  • 20.33 Uhr

    Taliban sagen laut US-Regierung Flughafen-Zugang für Zivilisten zu

    Bei den Evakuierungsbemühungen in Afghanistan haben die Taliban nach Angaben der US-Regierung zugesagt, Zivilisten unbehelligt zum Flughafen in Kabul zu lassen. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte vor Journalisten im Weissen Haus, man gehe davon aus, dass die Zusage bis zum Monatsende gelte, spreche über den genauen Zeitplan und Ablauf aber mit den Taliban. «Ich will nicht öffentlich verhandeln. Ich arbeite daran, die beste Methode zu finden, um die meisten Menschen auf möglichst effiziente Weise herauszubekommen», sagte Sullivan.

    Sullivan wollte sich nicht darauf festlegen, ob die US-Soldaten in Afghanistan bleiben würden, bis alle geplanten Evakuierungen abgeschlossen seien. Er sagte auf Nachfrage, nach US-Erkenntnissen gelinge es Menschen «im Grossen und Ganzen», zum Flughafen zu gelangen. «Es gab Fälle, in denen uns berichtet wurde, dass Menschen abgewiesen oder zurückgedrängt oder sogar geschlagen wurden.» Diese Fälle würden bei den Taliban angesprochen, um sie zu lösen.

    In Afghanistan haben die militant-islamistischen Taliban faktisch die Macht übernommen. Viele Einheiten des afghanischen Militärs ergaben sich kampflos. Der Flughafen in der Hauptstadt Kabul steht inzwischen unter der Kontrolle des US-Militärs. Die US-Soldaten sollen die Sicherheit des Flughafens gewähren und die Evakuierung unter anderen von Amerikanern und früheren afghanischen Mitarbeitern der US-Streitkräfte organisieren.

  • 20.20 Uhr

    Bericht des US-Generalinspekteurs: USA haben Afghanistan während Einsatzes falsch eingeschätzt

    Die US-Regierung hat während ihres Einsatzes in Afghanistan einem Bericht zufolge wenig Kenntnis über das Land gehabt und demzufolge zahlreiche Fehlentscheidungen getroffen. «Die Unkenntnis der vorherrschenden sozialen, kulturellen und politischen Gegebenheiten in Afghanistan hat erheblich zu den Fehlern auf strategischer, operativer und taktischer Ebene beigetragen», hiess es in einem Bericht des US-Generalinspekteurs für den Wiederaufbau in Afghanistan (Sigar).

    Die US-Regierung sei zum Beispiel fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Herausforderungen mit Blick auf Staatsführung im Irak und Afghanistan ähnlich seien. «Tatsächlich waren sie es nicht», heisst es in dem Bericht. Die Autorinnen und Autoren nennen auch ein Beispiel für verfehlte Planung: Die Konstruktion einiger von den USA finanzierter Schulen habe für die Installation des Daches einen Kran vorgesehen. «Aber Kräne konnten in dem bergigen Gelände, das für viele Teile des Landes charakteristisch ist, nicht eingesetzt werden», heisst es.

    Die Fehleinschätzung des sozialen und politischen Umfelds in Afghanistan durch die US-Regierung hätten zur Folge gehabt, dass Initiativen zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau des Landes nur unzureichend an den lokalen Kontext angepasst worden seien. «Viele Fehler sind auf die vorsätzliche Nichtbeachtung von Informationen zurückzuführen, die möglicherweise vorhanden waren.» Dem Bericht zufolge sind Milliarden US-Dollar verschwendet worden, weil finanzierte Projekte gescheitert sind.

    Die Forderung nach schnellen Fortschritten hätte dazu geführt, dass kurzfristig Projekte umgesetzt worden seien, die gar nicht den Möglichkeiten Afghanistans oder der afghanischen Regierung entsprachen. Darüber hinaus habe die weit verbreitete Korruption zu Verschwendung und Missbrauch von US-Geldern geführt. 20 Jahre später habe sich vieles in Afghanistan verbessert - vieles aber auch nicht. «Wenn es das Ziel war, ein Land wiederaufzubauen und zu hinterlassen, das sich selbst erhalten kann und die nationalen Sicherheitsinteressen der USA kaum bedroht, dann ist das Gesamtbild düster.»

  • 20.11 Uhr

    400 Visa für afghanische Ortskräfte laut US-Chefdiplomat genehmigt

    Rund 400 Visa für afghanische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von EU-Delegationen und EU-Missionen sind nach Angaben des EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell genehmigt worden. Man sei sich der schwierigen Lage in Afghanistan bewusst und unternehme alles, um diese Menschen sowie deren Familien ausser Landes bringen zu können, sagte er am Dienstagabend mit Blick auf die faktische Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban.

    Dies gelte auch für weitere Menschen aus der Zivilgesellschaft wie Journalistinnen und Journalisten oder Intellektuelle, die aufgrund der neuen Situation Angst hätten. Explizit dankte er zudem Spanien, Frankreich und Italien für ihre Unterstützung bei den Evakuierungsbemühungen.

  • 19.46 Uhr

    Afghanische Soldaten helfen laut US-Militär bei Sicherung des Flughafens

    Etwa 500 bis 600 afghanische Soldaten helfen US-Angaben zufolge weiterhin bei der Sicherung des Flughafens in Kabul. Sie unterstützen die US-Soldaten und andere internationale Truppen bei ihrem Einsatz, wie ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums sagte. Sprecher John Kirby erklärte auf Nachfrage, es stehe den afghanischen Soldaten frei, sich ähnlich wie frühere örtliche Mitarbeiter der US-Streitkräfte für ein US-Visum zu bewerben, falls sie dies wünschten.

    In Afghanistan haben inzwischen die militant-islamistischen Taliban faktisch die Macht übernommen. Viele Einheiten des afghanischen Militärs ergaben sich kampflos. Der Flughafen Kabul steht inzwischen unter der Kontrolle des US-Militärs.

    Bis Dienstagabend wollten die US-Streitkräfte rund 4000 Soldatinnen und Soldaten am Flughafen haben, im Laufe der Woche sollten es 6000 werden. Sie sollen die Sicherheit des Flughafens gewähren und die Evakuierung von Amerikanern und früheren afghanischen Mitarbeitern der US-Streitkräfte organisieren.

  • 19.24 Uhr

    EU wird laut Borrell mit den Taliban reden müssen

    Die EU wird nach Einschätzung ihres Aussenbeauftragten Josep Borrell einen Dialog mit den neuen Machthabern in Afghanistan aufnehmen müssen. «Die Taliban haben den Krieg gewonnen, also werden wir mit ihnen reden müssen», sagte er nach einer Videokonferenz der EU-Aussenminister. Ziel soll es demnach sein, eine mögliche neue Migrationskatastrophe und eine humanitäre Krise zu verhindern. Um die Frage einer offiziellen Anerkennung der Taliban geht es laut Borrell nicht.

  • 19.13 Uhr

    Deutsche Bundesregierung will offenbar mit Taliban direkt verhandeln

    Die deutsche Bundesregierung will mit den Taliban direkt verhandeln und über die Evakuierung afghanischer Ortskräfte sprechen. Dies kündigte der deutsche Aussenminister Heiko Maas auf einer Pressekonferenz an. Zuvor hatte der «Spiegel» darüber berichtet. Für die Verhandlungen soll Botschafter Markus Potzel nach Katar reisen.

  • 19.12 Uhr

    Mitbegründer der Taliban nach Afghanistan zurückgekehrt

    Nach der Machtübernahme der Taliban ist ein Mitbegründer und Führungsmitglied der radikalen Islamistenbewegung nach Afghanistan zurückgekehrt. Wie ein Taliban-Sprecher im Onlinedienst Twitter mitteilte, landete Mullah Abdul Ghani Baradar von Katar kommend am Flughafen von Kandahar. Es ist die erste in aller Öffentlichkeit stattfindende Rückkehr eines Mitglieds der Taliban-Führung seit deren Vertreibung aus dem Land durch die USA im Jahr 2001.

    Baradar hatte zuletzt das politische Büro der Taliban in Katar geleitet. Er verantwortete unter anderem die Unterzeichnung eines Abkommens mit der Regierung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Februar 2020, das den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan regelte.

    Die Metropole Kandahar im Süden Afghanistans hat für die Taliban eine hohe symbolische Bedeutung: Dort wurde ihre Bewegung ins Leben gerufen, und von dort regierten sie das Land ab 1996 bis zu ihrer Vertreibung.

    Nach der Einnahme Kabuls am Sonntag rief Baradar die Taliban-Kämpfer in einem Online-Video zur Disziplin auf: «Jetzt ist es an der Zeit, zu beweisen, dass wir unserer Nation dienen und für Sicherheit und ein angenehmes Leben sorgen können.»

  • 19.03 Uhr

    Belgien will Frauenrechtlerinnen aus Afghanistan ausfliegen

    Belgien will Frauenrechtlerinnen aus Afghanistan ausfliegen. Keine Gruppe werde mehr unter den Folgen der Machtübernahme der Taliban leiden als die Frauen, schrieb der Staatssekretär für Asyl und Migration, Sammy Mahdi, auf Twitter. Zudem sagte er laut Nachrichtenagentur Belga, dass er für Afghanen, die über Belgien evakuiert werden, ein humanitäres Visum ausstellen werde. Dies sei eine moralische Pflicht.

    Nach Angaben des Staatssekretariats soll sich die Evakuierung vor allem auf die mit Belgien verbundenen Frauenrechtsorganisationen konzentrieren. Neben Aktivistinnen sollen belgische Staatsangehörige, Dolmetscher sowie afghanische Familienangehörige von Belgiern ausgeflogen werden.

    Ein erster Flieger sollte sich am Dienstag auf den Weg nach Pakistan machen, um sich dort in Stellung zu bringen. Insgesamt soll die Rettungsmission den Angaben zufolge mehrere Tage dauern.

  • 18.36 Uhr

    300 Personen demonstrieren vor Uno-Sitz in Genf gegen Taliban

    Rund 300 Personen haben auf der Place des Nations in Genf gegen die Taliban demonstriert. Vor dem Uno-Gebäude riefen sie die internationale Staatengemeinschaft zur Unterstützung des afghanischen Volkes auf.

    Die Demonstranten waren mehrheitlich afghanischer Herkunft und kamen aus der ganzen Schweiz. Auf Schildern in mehreren Sprachen war zu lesen: «Stoppt den Terrorismus», «Wir wollen Frieden», «Kabul blutet», «Afghanisches Leben zählt» und «Die Schweiz darf nicht schweigen».

    Die Rednerinnen und Redner sprachen hauptsächlich in Farsi, aber auch in Deutsch, Französisch und Englisch. Sie warnten vor allem vor dem Schicksal der Frauen unter den Taliban. Sie würden jeglicher Freiheit beraubt werden. «Wir haben die gleichen Rechte wie andere Menschen», sagte eine weinende Rednerin.

    Bereits am Montagabend versammelten sich vor dem Bundeshaus in Bern mehrere hundert Personen. Darüber hinaus läuft eine Online-Petition, die die sofortige Aufnahme von mindestens 5000 Afghaninnen und Afghanen in der Schweiz fordert. Sie hat in weniger als 24 Stunden mehr als 6800 Unterschriften gesammelt.

  • 18.11 Uhr

    Allgemeine Amnestie in Afghanistan gilt laut Taliban-Sprecher

    In der ersten Pressekonferenz seit ihrer faktischen Machtübernahme in Afghanistan haben die militant-islamistischen Taliban versöhnliche Töne angeschlagen. Die Taliban hätten keine Feindseligkeiten mit irgendjemandem, sagte der langjährige Sprecher der Islamisten, Sabiullah Mudschahid, in Kabul. Er versichere seinen Landsleuten, auch jenen, die in Opposition zu den Islamisten gestanden hätten, dass eine allgemeine Amnestie gelte.

    Sie gelte auch für ehemalige Übersetzer von ausländischen Streitkräften. Man habe auch alle Soldaten begnadigt, die in den vergangenen Jahren mit ihnen gekämpft hätten, sagte Mudschadhid weiter. Auf eine Frage nach dem Tod vieler unschuldiger Zivilisten sagte er, das sei ohne Absicht passiert.

    Mudschahid versicherte zudem, dass die Sicherheit von Botschaften und der Stadt Kabul gewährleistet sei. Niemandem würde in Afghanistan etwas passieren. Das Chaos in Kabul der vergangenen Tage rühre von der Unfähigkeit der ehemaligen Regierung. Die Taliban setzten sich auch für die Rechte von Frauen im Rahmen der islamischen Scharia ein. Frauen könnten in den Bereichen Gesundheit, Bildung und anderen Bereichen tätig sein. Auch Medien sollten sich keine Sorgen machen. Sie müssten unparteiisch bleiben und Inhalte sollten nicht islamischen Werten entgegenstehen.

    Sabiullah Mudschahid (M), Sprecher der Taliban, spricht auf seiner ersten Pressekonferenz im Medieninformationszentrum der Regierung in Kabul.
    Sabiullah Mudschahid (M), Sprecher der Taliban, spricht auf seiner ersten Pressekonferenz im Medieninformationszentrum der Regierung in Kabul.
    Rahmat Gul/AP/dpa

    Mudschahid versprach zudem die Einbeziehung auch anderer Kräfte in eine neue Regierung. «Wenn die Regierung gebildet wird, werden alle einen Anteil haben», sagte er. «Wir haben Afghanistan in elf Tagen eingenommen», sagte er. Die Islamisten seien jedoch nicht für Macht hier, sondern um eine islamische Regierung aufzubauen. Ihre Kämpfer dürften private Häuser nicht betreten.

    Nach ihrem rasante Eroberungszug und der Flucht des Präsidenten Aschraf Ghani haben die Taliban am Sonntag die Macht im Land de facto übernommen. Viele Afghanen befürchten eine Rückkehr der Schreckensherrschaft der Islamisten der 1990er-Jahre, während der etwa Frauen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen waren und die Vorstellungen der Islamisten mit barbarischen Strafen durchgesetzt wurden.

  • 17.30 Uhr

    Tränen bei der Nato-Pressekonferenz

    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist bei einer Pressekonferenz unmittelbar mit der menschlichen Dimension des Afghanistanrückzugs konfrontiert worden.

    Unter Tränen fragte die aus Afghanistan stammende Journalistin Lailuma Sadid, wie es möglich gewesen sei, dass Mächte wie die USA und Europa es nicht geschafft hätten, das Land vor den Taliban zu beschützen und nun Tausende Frauen nicht wüssten, was die Zukunft für sie bedeute.

    Sie rief zudem dazu auf, dass die Nato ein Emirat der Taliban nicht anerkennen dürften. Stoltenberg antwortete, er könne den Schmerz nachvollziehen, die Entscheidung den Einsatz in Afghanistan zu beenden, sei nicht leicht gewesen.

    Als eine weitere Journalistin später nachhakte, wie die Nato gedenke, die Bevölkerung in Afghanistan weiter zu unterstützen, hiess es, das wichtigste sei, den Flughafen in Kabul in Betrieb zu halten. Über die Frage, wie lange dies der Fall sei wolle er nicht spekulieren, sagte Stoltenberg.

  • 17.09 Uhr

    USA haben Kontakt zu den Taliban

    Die Kommandeure der US-Truppen am Flughafen Kabul stehen nach Angaben des Pentagons mit den Taliban-Kämpfern ausserhalb des Flughafengeländes in Kontakt. Es habe Gespräche gegeben, und «es gibt zwischen ihnen und uns eine Kommunikation», sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby.

    Solche Kontakte gebe es mehrmals pro Tag. Kirby wollte sich nicht zum Inhalt der Gespräche äussern. Er verwies aber darauf, dass es bislang keine Angriffe gegen die Mission der US-Truppen am Flughafen gegeben habe.

    Der Kommandeur der US-Truppen im Nahen Osten, Kenneth McKenzie, hatte sich am Wochenende im Emirat Katar mit Vertreten der Taliban-Führung getroffen. McKenzie habe dabei klargemacht, dass ein Angriff auf die US-Truppen oder den Einsatz am Flughafen der afghanischen Hauptstadt eine «schnelle und sehr schlagkräftige Antwort» des US-Militärs nach sich ziehen würde, hatte Kirby gestern erklärt.

    Das US-Militär ist am Flughafen Kabul inzwischen mit rund 3500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, im Lauf des Dienstags sollte die Zahl noch auf rund 4000 steigen. In einigen Tagen sollen es dann bis zu 6000 Soldaten sein. Sie sollen die Sicherheit des Flughafens gewähren und die Evakuierung von Amerikanern und früheren afghanischen Mitarbeitern der US-Streitkräfte organisieren.

  • 16.53 Uhr

    Die Taliban versprechen Dinge

    Ein Taliban-Sprecher hat in Aussicht gestellt, dass Mädchen und Frauen auch nach der Machtübernahme der Islamisten in Afghanistan weiterhin Schulen und Universitäten besuchen dürfen.

    «Ja, sie können Bildung und höhere Bildung in Anspruch nehmen, das bedeutet auch Universitäten», bestätigte der Taliban-Vertreter Suhail Shaheen in einem Fernsehinterview mit dem britischen Sender Sky News.

    Die Frage, ob von Frauen in Afghanistan künftig erwartet werde, dass sie sich verschleierten und Burka trügen, verneinte der Sprecher. Ein Hijab, also ein Kopftuch, würde hingegen erwartet. «Das ist zu ihrer eigenen Sicherheit», ergänzte der Taliban-Vertreter.

  • 16.45 Uhr

    Religiöse Gesetze? Gelten für andere!

    Nach den Taliban im Vergnügungspark (siehe unten) gibt es nun auch ein Video der Kämpfer, die gerade das Fitnesscenter im Präsidentenpalast für sich entdeckt haben. Sie probieren dabei Sachen aus, die sie der Bevölkerung später verbieten werden.

  • 16.35 Uhr

    Erste Pressekonferenz der Taliban

  • 16.30 Uhr

    Deutsche holen statt 7 nun 125 Menschen aus Kabul

    Mit einem zweiten Bundeswehr-Flugzeug sind nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums 125 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen worden0. «Mit 125 Evakuierten ist der A400M von Kabul wieder auf dem Weg nach Taschkent/Usbekistan», hiess es auf Twitter.

    Aussenminister Heiko Maas schrieb auf Twitter davon, dass «mehr als 120 Personen, Deutsche, Afghanen und Angehörige anderer Nationen» an Bord seien. «Die Luftbrücke ist angelaufen und wird intensiv fortgesetzt, sofern die Sicherheitslage dies irgendwie zulässt.»

    Nach der faktischen Machtübernahme der Taliban hatte eine erste Maschine in der vorangegangenen Nacht die ersten fünf Deutschen sowie einen Europäer und einen Afghanen aus Kabul unter schwierigen Bedingungen ins Nachbarland Usbekistan ausgeflogen. Der Transportflieger vom Typ A400M war zuvor fünf Stunden lang über dem Flughafen Kabul gekreist, der wegen chaotischer Zustände auf dem Rollfeld gesperrt war. 

    Symbolbild: Eine A400M Atlas der deutschen Luftwaffe hat 125 Menschen aus Kabul evakuiert.
    Symbolbild: Eine A400M Atlas der deutschen Luftwaffe hat 125 Menschen aus Kabul evakuiert.
    Symbolbild: Commons/Julian Herzog

    Die deutsche Bundesregierung will die Evakuierungsaktion nun mit Hochdruck fortsetzen. Die beiden A400M sollen zwischen Kabul und Taschkent pendeln. Auch US-Maschinen sollen weiter genutzt werden. In der Nacht zu Montag waren 40 Botschaftsmitarbeiter mit einem Flugzeug der amerikanischen Verbündeten nach Doha im Golfemirat Katar gebracht worden.

    Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, sollte eine dauerhafte Luftbrücke, in Abstimmung etwa mit der US-Regierung, zustandekommen, könnten auch mehr Transportkapazitäten bereitgestellt werden.

  • 16.12 Uhr

    Die Türkei mauert sich ein

    Die Türkei ist schon seit Jahren sowohl Ziel- als auch Transitland für Afghanen. Neben den 3,6 Millionen Syrern lebt Schätzungen zufolge bis zu einer halben Million Afghanen im Land. Präsident Reccep Tayib Erdogan spricht inzwischen von einer neuen «Migrationswelle» über den Iran: Das wolle er nicht dulden. Man werde «Ein- und Ausreise vollständig verhindern», betonte er kürzlich.

    Dazu baut das Land an der Ostgrenze zum Iran eine Mauer. Trotz der Abriegelung schaffen es Schätzungen von Beobachtern vor Ort zufolge täglich mindestens einige Hundert Afghanen aus dem Iran über die Grenze. Einheimische verdienen in dem schwer zu kontrollierenden bergigen Gebiet auch mit Schmuggel.

    Afghanische Flüchtlinge haben am 21. JUni 2021 bei Van die Grenze zur Türkei überquert.
    Afghanische Flüchtlinge haben am 21. JUni 2021 bei Van die Grenze zur Türkei überquert.
    EPA

    Syrer in der Türkei stehen unter temporärem Schutz. Für sie erhält Ankara im Rahmen des sogenannten Flüchtlingspakts finanzielle Unterstützung. Die EU will dem Land weitere drei Milliarden Euro zahlen, diesmal könnte das Geld auch an Projekte für Afghanen fliessen.

    In der Praxis könnte Unterstützung aber schwierig sein. Viele Afghanen seien gar nicht registriert, sagt Menschenrechtsanwalt Mahmut Kacan, der sich in der Grenzprovinz Van für die Rechte von Migranten einsetzt. Besonders gefährdete Afghanen könnten zwar in der Türkei einen bedingten Schutzstatus zur Umsiedlung in ein Drittland beantragen.

    Viele fürchteten aber, abgeschoben zu werden und lebten in der Illegalität. Die Türkei sei daher oft nur Transitland und das eigentliche Ziel Europa, so Kacan. Bis zur Weiterreise könnten aber Monate oder sogar Jahre ins Land gehen.

  • 16 Uhr

    300'000 Flüchtende alleine in diesem Jahr

  • 14:07 Uhr

    Noch 28 Schweizer*innen in Afghanistan

    28 Schweizer Staatsangehörige befinden sich gemäss Aussendepartement EDA nach der Evakuierung des Schweizer Kooperationsbüros in Kabul noch in Afghanistan. Am Montag hatte das EDA diese Zahl noch mit 26 beziffert. Es seien derzeit 28 Bürgerinnen und Bürger im Konsulat der Schweizer Botschaft in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad angemeldet, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.

    Für die Ausreise der lokalen Angestellten des Kooperationsbüros mit ihren Kernfamilien arbeite das EDA weiter intensiv an verschiedenen Optionen, hiess es weiter. Der Zugang zum Flughafen Kabul und Einschränkungen im Flugverkehr seien Herausforderungen, die es dabei zu berücksichtigen gelte. Die Lage am Flughafen sei «sehr volatil». Das EDA stehe mit seinen Mitarbeitenden in ständigem Kontakt. Über operationelle Fragen mache man aus Sicherheitsgründen keine Angaben.

    In Afghanistan und den Nachbarstaaten blieben die Bedürfnisse weiterhin gross. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) prüfe, wie sie diese unter den veränderten Voraussetzungen erfüllen könne. Die laufenden und künftigen Programme würden entsprechend angepasst.

  • 13.44 Uhr 

    UN-Flüchtlingshilfswerk fordert offene Grenzen für Afghanen

    Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat alle Länder aufgefordert, Flüchtende aus Afghanistan hereinzulassen und niemanden mehr dorthin abzuschieben. UNCHR-Sprecherin Shabia Mantoo begründete dies am Dienstag in Genf mit der sich verschlechternden Sicherheitslage, der Menschenrechtssituation und der humanitären Krise in Afghanistan, wo die militant-islamistischen Taliban faktisch die Macht übernommen haben. «Staaten haben die rechtliche und moralische Verantwortung, den aus Afghanistan Fliehenden Schutz zu gewähren und Flüchtende nicht zwangsweise zurückzuschicken», sagte sie.

    Das Nachbarland Usbekistan gab am Dienstag bekannt, dass es Fluchtbewegungen verhindern wolle. Auch Griechenland kündigte an, einen möglichen Zustrom stoppen zu wollen. Laut Mantoo verfügt das UNHCR über keine genauen Statistiken zu den aktuellen Ausreisen aus Afghanistan. Im Vergleich zu den 550'000 Binnenvertriebenen innerhalb Afghanistans seit Anfang des Jahres seien Menschen jedoch bislang nur «sporadisch und in geringerem Masse» über die Grenzen geflohen.

    Die Sprecherin begrüsste die Entscheidung mehrerer europäischer Staaten wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande, Abschiebungen auszusetzen. Die UNHCR-Warnung gegen Zwangsrückführungen werde so lange aufrecht bleiben, bis ausreichende Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte für eine sichere und menschenwürdige Rückkehr hergestellt seien.

  • 13.25 Uhr 

    Forscher erwartet keine Flüchtlingszahlen wie 2015/16

    Der Migrationsforscher Steffen Angenendt von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin hält Warnungen vor Flüchtlingszahlen in einer Grössenordnung wie 2015 und 2016 für überzogen. Es sei unlauter, wenn Politiker mit Warnungen vor einer Wiederholung des Jahres 2015 Ängste schürten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Ich gehe davon aus, dass die Zahl afghanischer Flüchtlinge in der EU in den kommenden Monaten weiter wachsen wird, dass wir aber bei Weitem nicht die Zahlen von 2015 und 2016 erreichen werden.» In den beiden Jahren kamen mehr als 1,1 Millionen Asylsuchende nach Deutschland, viele von ihnen Syrer.

    Gleichwohl werde nicht nur die Zahl der Geflüchteten innerhalb Afghanistans zunehmen, sondern auch die Zahl jener, die versuchten, ins Ausland zu gelangen, sagte Angenendt. «Es wird zunächst neue Fluchtbewegungen nach Iran und Pakistan geben, in Länder, die schon seit Langem viele afghanische Flüchtlinge aufgenommen haben, die zunehmend überlastet sind und in denen die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge immer schlechter werden.» Ob die Menschen dort bleiben könnten, hänge auch von der Unterstützung Deutschlands für diese Aufnahmeländer ab.

    «Dass aber diese Menschen demnächst in sehr grosser Zahl nach Europa weiterwandern, halte ich derzeit für wenig wahrscheinlich», sagte Angenendt. «Dagegen sprechen schon die grosse Entfernung und die damit verbundenen hohen Kosten.» Der Vergleich sei auch deshalb krumm, weil 2015 und 2016 die meisten Flüchtlinge aus Syrien kamen. «Sie hatten also deutlich kürzere Wege nach Europa als die Afghanen.» Zudem hätten die meisten Transitländer zwischen Afghanistan und Deutschland in den vergangenen Jahren die Grenzüberwachung massiv verschärft. «Das macht die Flucht noch riskanter und teurer.»

    Menschen am Flughafen in Kabul warten am 16. August 2021 auf ihre Chance, aus dem Land geflogen zu werden. 
    Menschen am Flughafen in Kabul warten am 16. August 2021 auf ihre Chance, aus dem Land geflogen zu werden. 
    Bild: Keystone
  • 12:55 Uhr

    Taliban kommunizieren über WhatsApp

    Die militant-islamistischen Taliban nutzen laut Medienberichten Facebooks Chatdienst WhatsApp, der sie als amerikanisches Unternehmen sperren muss. So schrieb die «Washington Post», die Taliban hätten Einwohnern von Kabul über WhatsApp-Gruppen mitgeteilt, dass die die Kontrolle über die Stadt übernähmen.

    Eine WhatsApp-Sprecherin sagte am Dienstag, der Chatdienst müsse US-Sanktionen befolgen – und dazu gehöre, Profile zu entfernen, «die sich als offizielle Accounts der Taliban zu erkennen geben». Zugleich ersuche man weitere Informationen von US-Behörden «angesichts der sich verändernden Situation in Afghanistan».

    Die Chats bei WhatsApp sind mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt. Das bedeutet, dass grundsätzlich nur die beteiligten Nutzer, aber nicht die Plattform selbst Zugang zu Inhalten der Unterhaltungen im Klartext haben. WhatsApp analysiert deshalb für den Dienst verfügbare Informationen wie Namen, Fotos oder Profilbeschreibungen, um problematische Gruppen zu identifizieren.

    Insgesamt suche Facebook proaktiv nach talibanfreundlichen Inhalten und entferne sie von der Plattform, betonte Instagram-Chef Adam Mosseri im Sender Bloomberg TV. Zugleich schränkte er ein, die Situation entwickele sich rapide. «Wir werden anpassen müssen, was wir machen und wie wir das machen, um auf sich verändernde Risiken zu reagieren.»

  • 12.08 Uhr

    Video von Taliban in Autoscootern geht viral

    In beängstigendem Tempo eroberten die Taliban seit dem Abzug der internationalen Truppen weitläufige Gebiete in Afghanistan. Auch die Hauptstadt Kabul befindet sich nunmehr unter der Kontrolle der radikal-islamistischen Gruppierung.

    Angesichts der Gewalt auf den Strassen und panisch flüchtenden Menschenmassen wirkt ein Video, das gerade in den sozialen Medien viral geht, geradezu absurd. Es zeigt eine Gruppe von Taliban, die sich in einem Kabuler Freizeitpark mit Autoscooterfahren beschäftigen. Einer der Taliban sitzt sogar mit seinem Gewehr hinter dem Steuer.

    Der Journalist Emir Nader twitterte den Clip und schrieb dazu: «Die Taliban spielen auf einem Jahrmarkt in Kabul. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich eine militante Gruppe mit einem Autoscooter fahren sehe.»

  • 11.58 Uhr

    Russische Militärübung in Tadschikistan

    Angesichts der Lage in Afghanistan hat Russland ein neues Manöver in dem zentralasiatischen Land Tadschikistan gestartet. Daran seien etwa 1000 Soldaten beteiligt, die in Afghanistans Nachbarland stationiert seien, teilte der Zentrale Wehrbezirk der russischen Armee am Dienstag der Agentur Interfax zufolge mit. Auf zwei Übungsplätzen der Ex-Sowjetrepublik sollten die Soldaten «ihre Kampffähigkeiten» verbessern, hiess es. Geplant sind demnach Schiessübungen, darunter unter Einsatz von Artilleriesystemen.

    Russland, das in Tadschikistan seine grösste Auslandsbasis unterhält, hatte erst kürzlich mit Tadschikistan und Usbekistan eine gemeinsame Militärübung abgehalten. Bei dem sechstägigen Manöver in Tadschikistan trainierten 2500 Soldaten unter anderem die Abwehr ausländischer Kämpfer. Russland hat den Verbündeten in Zentralasien wegen der Lage in Afghanistan seine Hilfe zugesagt.

  • 11.33 Uhr

    SVP plädiert für Hilfe vor Ort

    Die SVP setzt bei der Bewältigung der Afghanistan-Krise auf Hilfe vor Ort und in den umliegenden Staaten. Nur an Leib und Leben Bedrohte dürften in der Schweiz Asyl erhalten. Die Jungpartei verlangt, dass gemäss dem «Verursacherprinzip» die USA für Asylgesuche von Afghanen in der Schweiz zuständig sein soll.

    Entschieden abgelehnt werden von der SVP Kontingent-Flüchtlinge und «Asyl à la carte», wie aus einer Mitteilung der Partei vom Dienstag hervorgeht. Durch unkontrollierte Asylströme würden auch Islamisten, Gewalttäter und Nicht-Integrierbare in die Schweiz kommen. Die Schweiz müsse strikt neutral bleiben.

    Die Junge SVP verlangt vom Bundesrat die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen mit den USA über die Zuständigkeit von rechtmässig gestellten Asylgesuchen von Afghanen in der Schweiz. Die USA müssten für ihren misslungenen Rückzug aus Afghanistan Verantwortung übernehmen.

  • 11.20 Uhr

    Taliban-Vize verbietet Kämpfern das Betreten von Privathäusern

    Der Vizechef der militant-islamistischen Taliban hat seine Kämpfer angewiesen, keine Privathäuser in der afghanischen Hauptstadt Kabul zu betreten. Unter keinen Umständen sollte irgendjemand in die Häuser von Menschen gehen oder ihre Fahrzeuge mitnehmen, hiess es in einer vom lokalen TV-Sender ToloNews veröffentlichten Audionachricht, die dem Taliban-Vizechef Mullah Jakub zugeschrieben wurde. Sollte dies ein Beamter oder eine Einzelperson tun, sei das ein «Verrat am System» und man ziehe sie zur Rechenschaft.

    Hintergrund der Botschaft ist offensichtlich, dass sich seit der faktischen Machtübernahme der Taliban in Kabul Berichte mehrten, dass Taliban-Kämpfer sich Zutritt zu Wohnhäusern verschafften und Autos mitnahmen. Gleichzeitig sagten mehrere Bewohner Kabuls auch, dass einfache Kriminelle die Ankunft der Taliban ausnutzten und wohl vorgaben, Taliban zu sein.

    Kämpfer der Taliban am 16. August 2021 in Kabul: Mullah Jakub, der Vizechef der radikalen Islamisten soll seine Männer angewiesen haben, keine Privathäuser in Kabul zu betreten. 
    Kämpfer der Taliban am 16. August 2021 in Kabul: Mullah Jakub, der Vizechef der radikalen Islamisten soll seine Männer angewiesen haben, keine Privathäuser in Kabul zu betreten. 
    Bild: Keystone
  • 10.45 Uhr

    Griechenland will afghanische Migranten stoppen

    Griechenland wird einen möglichen Migrantenzustrom aus Afghanistan an den Grenzen des Landes, die auch EU-Grenzen sind, stoppen. Dies sagte Migrationsminister Notis Mitarakis am Dienstag angesichts der dramatischen Entwicklungen in Afghanistan.

    «Wir wollen nicht, dass unser Land das Einfallstor der EU für Menschen wird, die nach Europa aufbrechen wollen», sagte Mitarakis im griechischen Staatsfernsehen (ERT).

    Über die neue Lage in Afghanistan werden am Mittwoch die Innenminister der EU beraten. Eine gemeinsame Migrationspolitik sei notwendig, sagte Mitarakis. Sein Land werde weiterhin scharf die See- und Landesgrenzen zur Türkei überwachen: «Wir wollen kein neues 2015 erleben.» Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise vor sechs Jahren in der Ägäis waren binnen eines Jahres mehr als 850 000 Migranten aus der Türkei nach Griechenland und damit in die EU gekommen.

  • 10.11 Uhr

    Dänemark stockt Entwicklungshilfe für Afghanistan auf

    Dänemark spendet dem Internationalen Roten Kreuz und UN-Organisationen 100 Millionen dänische Kronen (14,4 Millionen Franken), um die humanitäre Krise in Afghanistan zu lindern. Entwicklungshilfeminister Flemming Møller Mortensen sagte der dänischen Nachrichtenagentur Ritzau am Dienstag: «In Afghanistan herrscht seit Langem Not, und die Hilfe geht an die Menschen, nicht an Regime oder politische Führer.»

    Das Geld soll dem Plan zufolge zwischen dem Humanitären Fonds der Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) aufgeteilt werden. Sie erhalten jeweils 35 Millionen Kronen. Die restlichen 30 Millionen Kronen gehen an das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

    «Wir beurteilen die Lage fortlaufen und in Zusammenarbeit mit unseren sehr engen Partnern, die seit vielen Jahren in Afghanistan arbeiten», sagte Møller Mortensen. Es sei wichtig, die neuen dänischen Gelder Organisationen zu geben, denen man vertraue und die auch im Alltag bewiesen hätten, dass sie die afghanische Bevölkerung erreichten. Bislang investierte Dänemark rund 400 Millionen dänische Kronen (57,7 Mio Franken) jährlich in die Entwicklungshilfe in Afghanistan.

  • 9.23 Uhr 

    Erste deutsche Maschine transportiert nur sieben Passagiere

    Die erste Evakuierungs-Maschine der deutschen Bundeswehr hat am Montag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nur sieben Menschen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul ausgeflogen. Der Airbus A400M ist offiziell für 114 Passagiere ausgelegt. Es heisst aber, dass während der Evakuierungsaktion bis zu 150 Menschen mit ihm transportiert werden könnten.

    Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Morgen in der ARD gesagt, dass der Flug unter äusserst schwierigen Bedingungen erfolgt sei. «Wir haben eine sehr unübersichtliche, gefährliche, komplexe Situation am Flughafen, vor allen Dingen durch die Menschenmengen», sagte die Politikerin. 

    Das Auswärtige Amt erklärte inzwischen in einer Stellungnahme zu dem Vorgang: «Wir können bestätigen, dass in der Nacht mit einem Flug aus Kabul sieben Personen evakuiert wurden.»  Ursächlich dafür seien die chaotischen Umstände am Flughafen». Wegen regelmässiger Schusswechsel am Zugangspunkt habe in der Nacht nicht gewährleistet werden können, «dass weitere deutsche Staatsangehörige und andere zu evakuierende Personen ohne Schutz der Bundeswehr überhaupt Zugang zum Flughafen erhalten würden», so der Sprecher. Die Aufnahme von Personen aus dem zivilen Teil des Flughafens sei zudem von den für die Sicherheit verantwortlichen Partnern nicht ermöglicht worden. 

  • 9.17 Uhr 

    Flüge landen am Flughafen Kabul

    Die Start- und Landebahn des Flughafens Kabul in Afghanistan ist nach Angaben eines Nato-Vertreters wieder geöffnet. Der zivile Repräsentant der Nato in Afghanistan, Stefano Pontecorvo, schrieb am Dienstag auf Twitter, er sehe Flugzeuge landen und abheben. Zuletzt war der Flugverkehr eingestellt, da sich Menschentrauben auf dem Flugfeld aufhielten. Viele Afghanen versuchen, nach der faktischen Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban das Land zu verlassen.

    Derzeit bemühen sich zahlreiche westliche Länder, ihre Staatsbürger und Ortskräfte, an denen Racheaktionen der Taliban befürchtet werden, aus Afghanistan in Sicherheit zu bringen. Es ist allerdings unklar, ob die zu Evakuierenden ohne Probleme auf das Flughafengelände gelangen können.

    Der US-Sender CNN berichtete, Taliban-Kämpfer hätten in Humvees vor dem Flughafen Stellung bezogen und würden versuchen, die Menschenmassen rund um den Flughafen zu kontrollieren. Auf von CNN gezeigten Videos war zu sehen, wie Menschen versuchen, durch Tore oder über mehr als drei Meter hohe Sprengschutzmauern auf den Flughafen zu gelangen. Es gibt unbestätigte Berichte, dass die Taliban sie zurückdrängen. Ortskräfte haben Angst, am Weg zum oder vor dem Flughafen von den Taliban kontrolliert zu werden. Sie sagen sie müssten Dokumente mitführen, die eine Berechtigung zur Evakuierung belegten.

    Nachdem sich zahlreiche Menschen auf dem Flugfeld des Flughafens in Kabul befanden, war der Flugbetrieb eingestellt worden. Nun ist die Runway angeblich wieder frei. 
    Nachdem sich zahlreiche Menschen auf dem Flugfeld des Flughafens in Kabul befanden, war der Flugbetrieb eingestellt worden. Nun ist die Runway angeblich wieder frei. 
    Bild: Keystone
  • 7.52 Uhr

    Taliban verkünden Generalamnestie für Regierungsmitarbeiter

    Die radikalislamischen Taliban haben angeblich eine Generalamnestie für alle afghanischen Regierungsmitarbeiter verkündet. Die Islamisten forderten die Beamten demnach am Dienstag auf, zu ihrem Arbeitsplatz zurückzukehren. «Sie sollten mit vollem Vertrauen in Ihren Alltag zurückkehren.»

    Das Taliban-Führungsmitglied Amir Chan Muttaki soll zudem mit Vertretern der gestürzten afghanischen Regierung verhandeln, wie eine über die Gespräche informierte Quelle sagte. Zu den Gesprächspartnern gehörten demnach der frühere Chef des Verhandlungsrates, Abdullah Abdullah und Ex-Präsident Hamid Karsai. Ziel der Taliban-Führung sei es, andere Gruppen in eine von ihnen geführte Regierung einzubinden. Taliban-Sprecher Suhail Schahin hatte von einer umfassenden afghanischen Regierung gesprochen.

    Muttaki war in der 2001 vertriebenen Talibanregierung Hochschulminister und hatte der Quelle zufolge bereits Kontakt zu Mitgliedern der vom Westen unterstützten Regierung aufgenommen, bevor deren Präsident Aschraf Ghani ins Ausland floh. Informierte Afghanen sagten, die Gespräche hätten nach Ghanis Flucht am Wochenende begonnen und bisweilen bis in die Nacht gedauert. Über den Inhalt war nur wenig bekannt.

    Taliban am 16. August 2021 in Kabul. (Symbolbild)
    Taliban am 16. August 2021 in Kabul. (Symbolbild)
    Bild: Keystone
  • 7.05 Uhr 

    Chinas Aussenminister kritisiert USA

    Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben US-Aussenminister Antony Blinken und sein chinesischer Kollege Wang Yi über die Lage gesprochen. Nach Angaben des Aussenministeriums in Peking kritisierte Wang Yi in dem Telefonat am Montagabend das Vorgehen der USA und den «überhasteten» Rückzug der US-Streitkräfte, der negative Folgen habe. Auch zeige Afghanistan, dass es schwierig sei, ein ausländisches Modell in einem Land mit anderer Geschichte und Kultur anzuwenden. «Probleme mit Gewalt und militärischen Mitteln zu lösen, führt nur zu neuen Problemen», wurde Wang Yi auch zitiert.

    China sei bereit, einen Dialog mit den USA zu führen, um einen reibungslosen Übergang in Afghanistan zu fördern und einen neuen Bürgerkrieg und eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Das Land dürfe kein Zufluchtsort und Nährboden für Terrorismus werden. Es müsse ermutigt werden, ein «offenes und inklusives politisches System» aufzubauen, das zu seinen nationalen Bedingungen passe. Als ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und wichtige Akteure im internationalen System müssten die USA und China kooperieren.

    Zu dem Telefonat mit Wang Yi teilte das US-Aussenministerium nur kurz mit, dass Blinken mit seinem Amtskollegen über die Entwicklung, die Sicherheitslage und die Bemühungen zur Rückführung von amerikanischen und chinesischen Bürgern gesprochen habe.

  • 6.15 Uhr

    Terrorexperte warnt vor «Nacht der langen Messer»

    Der Nahost-Experte Ulrich Tilgner misstraut den Versprechen der Taliban, es werde keine Racheakte geben. «Die Nacht der langen Messer kommt später», sagt Tilgner dem «Blick». Für die Schweiz sieht er eine humanitäre Verpflichtung. Sie solle etwa die Leute, die für das EPA oder Schweizer Organisationen vor Ort gearbeitet hätten, aufnehmen. So könne man ein Vorbild für viele Länder sein.

    Vor allem am Flughafen von Kabul spielten sich nach der Machtübernahme der radikalislamistischen Taliban dramatische Szenen ab: Hunderte Menschen versuchten am 16. August 2021 auf der Startbahn in eine Transportmaschine der U.S. Air Force zu gelangen.
    Vor allem am Flughafen von Kabul spielten sich nach der Machtübernahme der radikalislamistischen Taliban dramatische Szenen ab: Hunderte Menschen versuchten am 16. August 2021 auf der Startbahn in eine Transportmaschine der U.S. Air Force zu gelangen.
    Bild: Keystone/Verified UGC via AP
  • 5.45 Uhr

    SVP: Flüchtlinge in regionale Camps – nicht in der Schweiz

    Nach der Machtübernahme der Taliban gibt es für viele Menschen nur noch ein Ziel – weg aus Afghanistan. In der Schweiz fordern linke Parteien nun die unbürokratische Aufnahme von 10'000 afghanischen Flüchtlingen. Die SVP stellt sich derweil auf den Standpunkt, eine «Flüchtlingswelle» wie 2015 gelte es zu verhindern, berichtet der «Tages-Anzeiger». Fraktionschef Thomas Aeschi sei für eine Unterbringung der Flüchtlinge in Camps in Pakistan oder im Iran.

    Laut dem Bericht widersprechen Zahlen, die das SEM Ende Juli präsentierte, Birchers Befürchtungen. 2015 hätten 40’000 Flüchtlinge in der Schweiz einen Asylantrag gestellt. Für 2021 gehe das SEM von 15’000 Anträgen aus, nachdem die Gesuche in den letzten 18 Monaten auf einem historischen Tiefststand lagen. Erst ab 2022 dürfte es gemäss dem Staatssekretariat eine «mehr oder weniger kontinuierliche» Zunahme der Asylgesuche geben.

    Die Aussenpolitische Kommission des Ständerats lehnte in ihrer Sitzung einen Antrag zur Aufnahme eines Flüchtlingskontingents ab.

  • 5.02 Uhr

    Prinz Harry wendet sich an Afghanistan-Veteranen

    Prinz Harry (36), der als Royal in der britischen Armee diente und zweimal in Afghanistan im Einsatz war, hat sich nach der faktischen Machtübernahme der Taliban in Afghanistan an Veteranen gewandt. In einer Botschaft, die am Montag von der «Invictus Games Foundation» veröffentlicht wurde, rief Harry die Invictus-Gemeinschaft und Militärangehörige dazu auf, aufeinander zuzugehen und sich gegenseitig zu unterstützen.

    Bei den von Harry ins Leben gerufenen «Invictus Games» treten kriegsversehrte Soldaten in paralympischen Wettbewerben an. Die gemeinsame Erklärung mit Dominic Reid, Vorsitzender der Invictus-Stiftung, verweist darauf, dass viele Teilnehmer bei den Spielen in Afghanistan gedient hätten und auch ein «Team Afghanistan» bei den Wettbewerben mitgewirkt habe. Die nächsten Spiele sollen 2023 in Düsseldorf stattfinden.

    Für Harry sind die «Invictus Games» eine Herzensangelegenheit. Sein eigener Einsatz in Afghanistan hatte ihn tief geprägt. Zwar musste er mit dem Abschied aus dem engeren Kreis der Königsfamilie im vergangenen Jahr seine Funktion im Militär aufgeben, doch den «Invictus Games» blieb er weiter verbunden. Harry und seine Frau Herzogin Meghan leben mit ihren zwei kleinen Kindern in Kalifornien.

    Prinz Harry bei seinem 20-wöchigen Einsatz als Helikopter-Pilot in Afghanistan. (11. Dezember 2012)
    Prinz Harry bei seinem 20-wöchigen Einsatz als Helikopter-Pilot in Afghanistan. (11. Dezember 2012)
    Bild: Keystone/AP Photo/ John Stillwell, Pool
  • 5 Uhr

    UN-Sicherheitsrat fordert Ende der Gewalt in Afghanistan

    Der UN-Sicherheitsrat hat zu einem sofortigen Ende der Gewalt in Afghanistan aufgerufen. Zugleich sollten Verhandlungen über die Bildung einer neuen, gemeinschaftlichen und repräsentativen Regierung beginnen, der auch Frauen gleichberechtigt angehören, heisst es in einer Erklärung vom Montag (Ortszeit). Der Schutz aller Afghanen und internationalen Bürger müsse gewährleistet sein. Weder die Taliban noch andere Gruppen sollten afghanischen Boden nutzen, um andere Länder zu bedrohen oder anzugreifen.

    Afghanistans UN-Botschafter Ghulam Isaczai hatte während der Sitzung dazu aufgerufen, einen humanitären Korridor für die Evakuierung derjenigen zu schaffen, die Ziel von Angriffen und Vergeltung der Taliban werden könnten. Zugleich sollten die Nachbarländer ihre Grenzen für Flüchtlinge sowie die Lieferung von humanitären Hilfsgütern öffnen.

  • 2.03 Uhr

    Rund 640 Afghanen in einem einzigen Evakuierungsflug

    Ein Flugzeug der United States Air Force hat einem Medienbericht zufolge mit einem einzigen Flug rund 640 afghanische Zivilisten in Sicherheit gebracht. Die Internetseite «Defense One» veröffentlichte am Montag ein Foto des vollgepackten Innenraums der Transportmaschine vom Typ C-17, in dem die Afghanen auf dem Boden sitzen, der vor lauter Menschen nicht mehr zu sehen ist. «Defense One» berichtete, panische Afghanen hätten sich in Kabul über die halboffene Rampe ins Flugzeug gezogen. Die Besatzung habe sich entschieden zu fliegen, statt die Menschen wieder von Bord zu zwingen. Nach Angaben des Herstellers Boeing ist die Frachtmaschine eigentlich für bis zu 134 Passagiere ausgelegt.

  • 0.46 Uhr

    Erste Maschine der Bundeswehr fliegt Menschen aus

    Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat die deutsche Bundeswehr eine erste Gruppe von Menschen aus der Hauptstadt Kabul in Sicherheit gebracht. In der Nacht zum Dienstag startete ein A400M-Transportflugzeug in Richtung Taschkent in Usbekistan, wie das deutsche Verteidigungsministerium auf Twitter mitteilte. Wie viele Menschen an Bord waren, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Nach Informationen von «Bild» (Online) aus Regierungskreisen waren aber nur sieben Personen von der offiziellen Ausflugsliste auf dem Rückflug in der Maschine, weil wegen der nächtlichen Ausgangssperre nicht mehr zum Flughafen gebracht werden konnten. Bundeswehr-Soldaten blieben vor Ort in Kabul, um weitere Evakuierungsflüge vorzubereiten.

  • 0.03 Uhr

    Rund 600 deutsche Soldaten sollen Evakuierung absichern

    Die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will bis zu 600 Bundeswehrsoldaten zur Absicherung der Evakuierungsaktion in Afghanistan bereitstellen. Das sagte die CDU-Politikerin am Montag in Berlin in der Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden des Bundestags, an der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnahm. Neben den speziell für solche Einsätze ausgebildeten Fallschirmjägern der Division Schnelle Kräfte sollen beispielsweise auch Feldjäger und Sanitäter zum Einsatz gekommen. Am Mittwoch will das Bundeskabinett ihren Mandatsentwurf beschliessen, der Bundestag soll in der kommenden Woche darüber entscheiden. Darin könnten die 600 Soldaten, über die zuerst der «Spiegel» berichtete, als Obergrenze festgeschrieben werden.

    Die Bundeswehr will mit mehreren Militärmaschinen deutsche Staatsbürger sowie Afghanen, die für die Bundeswehr oder Bundesministerien gearbeitet haben oder noch arbeiten, von Kabul nach Taschkent im Nachbarland Usbekistan bringen. Bundesaussenminister Heiko Maas sagte am Montagabend in der ARD, dass auch Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen, Kulturvereinen, Journalisten, Menschenrechtsverteidigern und Frauenrechtlerinnen auf der Ausreiseliste stehen. «Denen werden wir die Möglichkeit geben, wenn es uns gelingt vor Ort auf dem Flughafen die Voraussetzungen zu schaffen, auszufliegen.»

  • 0 Uhr

    Biden droht bei Angriffen auf US-Ziele mit Vergeltung

    US-Präsident Joe Biden hat den Taliban für den Fall eines Angriffs auf US-Kräfte mit «einer raschen und starken» militärischen Reaktion gedroht. Das gelte für jede Handlung der Taliban in Afghanistan, die das US-Personal oder deren Mission gefährden würde, sagte Biden am Montag im Weissen Haus. Gleichzeitig verteidigte der US-Präsident nachdrücklich seinen Entschluss, die amerikanischen Truppen aus dem Krisenland abzuziehen. Amerikanische Soldaten könnten und sollten nicht in einem Krieg kämpfen und sterben, den die afghanischen Streitkräfte selbst nicht kämpfen wollten. Er warf der entmachteten politischen Führung und den Streitkräften des Landes vor, kampflos geflohen zu sein. Biden betonte, das ursprüngliche Ziel des US-Einsatzes in Afghanistan, das Ausmerzen der Terrorgruppe Al-Kaida nach den Anschlägen vom 11. September 2001, sei längst erreicht worden. Die USA könnten islamistische Terrorgruppen wie Al-Kaida auch ohne eine permanente Militärpräsenz in dem Zielland effektiv bekämpfen. Mehr dazu hier

  • 23.42 Uhr

    Russland: Kabul unter Taliban sicherer als unter Ghani

    Während man in den meisten Teilen der Welt mit Schrecken auf die Bilder des Flughafens in Kabul schauen dürfte, versucht Russland offensichtlich, sich mit den neuen Machthabern gutzustellen, berichtet die «Süddeutsche Zeitung». Russlands Afghanistan-Botschafter Dmitri Schirnow lobte demnach das Verhalten der Taliban. Deren Vorgehensweise sei «gut, positiv und sachlich», sagt er dem Sender Echo Moskau. «Die Situation in Kabul ist jetzt unter den Taliban besser als unter Aschraf Ghani», erklärt Schirnow unter Verweis auf den geflohenen afghanischen Präsidenten.

  • 22.44 Uhr

    Erste Bundeswehrmaschine in Kabul gelandet

    Das erste Militärflugzeug der deutschen Bundeswehr für den Evakuierungseinsatz ist nach stundenlanger Verzögerung unter schwierigen Bedingungen auf dem Flughafen Kabul gelandet. Die Maschine vom Typ A400M war zuvor fünf Stunden lang über dem Flughafen gekreist, der wegen chaotischer Zustände auf dem Rollfeld vorübergehend gesperrt war, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Militärkreisen erfuhr. Das Benzin hätte nicht mehr lange gereicht. Zuvor hatte bereits eine andere Transportmaschine der Bundeswehr den Anflug auf Kabul abbrechen und zum Nachtanken ins usbekische Taschkent fliegen müssen.

    Die beiden Flugzeuge sollen deutsche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte, die früher für die Bundeswehr oder Bundesministerien gearbeitet haben oder noch arbeiten, zunächst nach Taschkent ausfliegen. Von dem dortigen Drehkreuz soll es dann mit einer Chartermaschine weiter nach Deutschland gehen. Die beiden Maschinen waren am Morgen vom niedersächsischen Wunstorf Richtung Kabul gestartet und in Baku in Aserbaidschan zwischengelandet.

    Nach der Übernahme Kabuls durch die militant-islamistischen Taliban hatten sich am Montag auf dem Flughafen dramatische Szenen abgespielt. Verzweifelte Menschen versuchten, auf Flüge zu kommen, wie Videos und Bilder in sozialen Medien zeigten. Sie liefen auf das Rollfeld, kletterten unter anderem über Drehleitern, um in ein Flugzeug zu gelangen. Daraufhin wurde der Flugverkehr vorübergehend eingestellt.

    Ein dritter deutscher A400M, der für medizinische Transporte ausgerüstet ist, sowie ein Airbus A310 MRTT starteten am Montag vom niedersächsischen Wunstorf nach Taschkent. Die usbekische Hauptstadt soll Drehscheibe für den Evakuierungseinsatz werden.

  • 22.39 Uhr

    Biden erhebt Vorwürfe gegen entmachtete Führung

    US-Präsident Joe Biden hat nach dem Siegeszug der Taliban in Afghanistan schwere Vorwürfe gegen die entmachtete politische Führung und die Streitkräfte Afghanistans erhoben. «Die politischen Anführer Afghanistans haben aufgegeben und sind aus dem Land geflohen», sagte Biden am Montag im Weissen Haus. «Das afghanische Militär ist zusammengebrochen, manchmal ohne zu versuchen zu kämpfen.» Die jüngsten Ereignisse hätten bekräftigt, dass der US-Truppenabzug aus Afghanistan die richtige Entscheidung gewesen sei. «Amerikanische Truppen können und sollten nicht in einem Krieg kämpfen und in einem Krieg sterben, den die afghanischen Streitkräfte nicht bereit sind, für sich selbst zu führen.»