Klimaneutral bis 2050 Tausend Milliarden für die Klimawende der EU

dpa/toko

14.1.2020

Die EU will bis 2050 «klimaneutral» werden und ihre bisherige Wirtschaftweise umkrempeln. Neue Energien, neue Fabriken, neue Autos, optimal gedämmte Häuser: Es wird ein Kraftakt.

Investitionen für eine Billion Euro (rund 1,07 Billionen Franken) sollen bis 2030 die europäische Klimawende anschieben. Das Geld soll etwa zur Hälfte aus dem EU-Haushalt kommen, der Rest von den EU-Staaten und privaten Investoren. Die EU-Kommission stellte das Investitionsprogramm in Strassburg vor.

Die Behörde betonte, der Umbau der Wirtschaft solle sozial abgefedert werden. Für besonders hart betroffene Regionen sind 100 Milliarden Euro (107 Milliarden Franken) eingeplant. Sie könnten auch deutschen Kohlerevieren zugute kommen.

Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans sagte im Europaparlament, diese Hilfen seien «ein Versprechen, dass die Europäische Union Ihnen bei diesem Übergang zur Seite steht». Die EU-Staaten sollen selbst entscheiden, wo in ihrem Land besondere Hilfe nötig sei. Kommissionsvize Valdis Dombrovskis stellte klar, dass diese Mittel für den «gerechten Wandel» nur Teil der Gesamtsumme sind, die die Kommission in den nächsten zehn Jahren mobilisieren will. «Wir müssen grün sehen, wenn wir investieren», sagte Dombrovskis.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte im Dezember das Ziel ausgegeben, die Europäische Union bis 2050 klimaneutral zu machen. Dann sollen alle Treibhausgase vermieden oder gespeichert werden, um die Erderwärmung zu bremsen.

Umbau der Wirtschaft

Mit dem Programm für nachhaltige Investitionen solle dieser Green Deal untermauert werden, sagte Timmermans. «Wir haben die Fähigkeiten, wir haben das Wissen und die Technologie, um unseren Green Deal umzusetzen.» Bedenken wegen der hohen Kosten wies von der Leyen selbst zurück. Es gehe um eine neue Wachstumsstrategie für Europa, sagte die Kommissionschefin. Handle man jetzt nicht, wären die Kosten viel höher.

Mit dem Green Deal geplant ist eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas und der Umbau von Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und privater Energienutzung. Allein zur Umsetzung der bisherigen EU-Klimaziele für 2030 setzt die EU-Kommission einen jährlichen Investitionsbedarf von 260 Milliarden Euro an – auf zehn Jahre also 2,6 Billionen Euro (rund 2,8 Billionen Franken). Schätzungen gehen sogar von drei Billionen oder mehr aus. Das geplante Investitionsprogramm wird demnach nur einen Teil abdecken. Daneben ruhen die Hoffnungen auf Grossanlegern wie Pensionsfonds oder Versicherungen.

Für das Gesamtprogramm bis 2030 rechneten EU-Beamte vor, dass rund 500 Milliarden Euro aus dem EU-Gemeinschaftshaushalt kommen, dazu kämen 100 Milliarden Euro ergänzende Gelder von den EU-Staaten, 100 Milliarden für den «gerechten Wandel» und 300 Milliarden, die mit Hilfe des bestehenden EU-Programms InvestEU von privaten Investoren aufgebracht werden sollen.

Grosse Parteien signalisieren Unterstützung

Für die 100-Milliarden-Hilfen sollen wiederum binnen sieben Jahren nur 7,5 Milliarden Euro frisches Geld aus dem EU-Haushalt bereit stehen. Auch hier soll dann mit Beträgen der EU-Staaten sowie Hilfen des Investitionsprogramms InvestEU und der Europäischen Investitionsbank (EIB) die Gesamtsumme erreicht werden. Gefördert werden sollen zum Beispiel Umschulungen oder die Ansiedlung neuer Unternehmen. Die EU-Kommission spricht von 108 besonders betroffenen Regionen in Europa und mehr als 250.000 Beschäftigten.

Die grossen Parteien im Europaparlament signalisierten bereits Unterstützung für das Investitionsprogramm und den Hilfsfonds. Christ- und Sozialdemokraten und Grüne begrüssten den Plan grundsätzlich. Doch wurden auch Zweifel am Finanzierungsmodell laut, das mit vergleichsweise geringen EU-Mitteln über finanzielle «Hebel»und private Investoren riesige Summen mobilisieren soll.

«Die EU-Kommission rechnet mit Milliardenbeträgen, die ihr derzeit gar nicht zur Verfügung stehen», monierte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. «Mit Luftbuchungen lässt sich das Klima nicht retten.» Die Finanzierung des Investitionsprogramms hängt auch von einer Einigung auf einen mittelfristigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 ab, der bisher noch heftig umstritten ist.


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