Amerika verstehen Steuert Putin die Late-Night-Hosts? Die Antwort ist ganz klar: «NJET!»

Philipp Dahm

20.3.2019

Bei Stephen Colbert schellen russische Alarmglocken.
Bei Stephen Colbert schellen russische Alarmglocken.
Screenshot: YouTube

50 (Re-)Tweets in zwei Tagen: Laut Twitter-Barometer stehen die Zeichen im Weissen Haus auf Sturm. Late-Night-Meteorologen wissen: Ein Tief namens Müller ist Trumps persönliche Klimakatastrophe.

Donald Trump geht eigene Wege. So auch am Wochenende. Während Staatschef überall auf der Welt das Blutbad in Christchurch durch einen weissen Nationalisten verdammt, äussert sich auch der US-Präsident gleich mehrfach. Natürlich auf Twitter – nur eben nicht zu jenem Thema. Allein am Sonntag setzte der Mann 29 Tweets ab.

The Late Show with Stephen Colbert

«Vielleicht hat er das [die Hand betreffende] Karpaltunnelsyndrom», sagt Stephen Colbert in seiner «Late Show». «Oder eine Geisteskrankheit. Oder er will uns von etwas Müllerischem ablenken.»

Colbert will, dass Sie hinschauen.
Colbert will, dass Sie hinschauen.
Screenshot: YouTube

Während der neuerliche Anschlag von Rechts kaum beachtet wird, findet Trump ausgesprochen unlustig, dass «Fox» die Sendung von Jeanine Pirro abgesetzt hat. Die Ex-Richterin hatte eine US-Abgeordnete für unamerikanisch erklärt, weil sie ein «Köpftuch» trage. «Das heisst nicht Köpftuch, sie Rässistin», watscht Colbert Pirro ab und fragt sich, ob ihr beim Sender niemand gesagt hätte, dass diese Woche die Mexikaner «dran sind».

Trump hingegen sieht die Schuld für den Rauswurf hingegen bei der «radikalen Linken» und den «Fake News Medien». Das wiederum bringt Colbert auf die Palme. «Ja, die radikale Linke und die Mainstreammedien haben einen raffinierten Plan ersonnen, um Jeanine Pirro alt aussehen zu lassen: Sie haben eine Kamera auf sie gerichtet.»

Im Rampenlicht sieht sich auch Donald Trump. Sogar zu sehr, denn immer wieder wird der Präsident von den Late-Night-Stars beim Wort genommen. Dumm nur, dass der Mann aus dem Weissen Haus sich auf Twitter auch über «Saturday Night Live» beschwerte – doch es lief nur eine Wiederholung der Show. Trump gipfelt in der Unterstellung, Satire- und Late-Night-Shows würden sich mit den Demokraten und Russland verschwört.

Dazu fällt Colbert nur das ein, was Sie ab Minute 3:44 sehen.

Colbert im Video.

Jimmy Kimmel Live

Die Steilvorlage lässt sich auch Jimmy Kimmel nicht entgehen. Nach einem Abstecher zur Crack-Community von Mobile, Alabama, greift ab 1:45 Trumps Tweet auf. «Er hat eine 40-minütige Pause gemacht, um sich zu sammeln, und dann mit dem Wahnsinn weiterzumachen. Dann kam das: …»

Kimmel regt sich auf. «Mal ab davon, dass Trump der [zuständigen Behörde] bedeutet, sie solle Late-Night-Comedyshows zensurieren, weil er nicht will, dass wir Witze über ihn machen, ist natürlich verstörend. Wladimir Putin und Kim Jong-un würden sowas machen. Aber das Verrückteste ist, dass die «Saturday Night Live»-Episode, über die er getweetet hat, eine Wiederholung war. Und zwar eine Wiederholung der Weihnachtsfolge. Er weiss doch, dass nicht Weihnachten ist, oder? So abgehängt ist er dann auch nicht, oder?»

Lächelt, bevor er angreift: Jimmy Kimmel.
Lächelt, bevor er angreift: Jimmy Kimmel.
Screenshot: YouTube

Kimmel endet so: «Der Gedanke, dass wir mit Russland unter einer Decke stecken, ist lächerlich. Nun ja, ich tue es nicht. Fragen wir doch mal bei unseren Autoren nach: Jungs, arbeitet irgendjemand von Euch mit den Russen zusammen?»

Die so: «NJET!» Kimmel lobt: «Die besten Schreiber, die man für Wodka kaufen kann.»
Die so: «NJET!» Kimmel lobt: «Die besten Schreiber, die man für Wodka kaufen kann.»
Screenshot:  YouTube

«Trump nahm sich auch Zeit, um Beleidigungen über den jüngst verstorbenen Senator John McCain zu twittern. Er hat warum auch immer erzählt, McCain sei der schlechteste seiner Klasse gewesen, was nicht stimmt.» Dann kommt der Gastgeber auf die geschasste Jeanine Pirro zu sprechen: Während Kimmel Trumps unten stehenden Tweets liest, sollen wir uns den Präsidenten vor dem Spiegel vorstellen.

Das Fazit vom Ganzen bei 4:25 anzusehen, lohnt sich.

Kimmel im Video.

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten die wohl beste Navigationshilfe: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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