Late Night USA «Hör auf, schrecklich zu sein, dann reden wir auch nicht mehr drüber»

Philipp Dahm

15.3.2019

Stösst Trumps Dünnhäutigkeit übel auf: Stephen Colbert.
Stösst Trumps Dünnhäutigkeit übel auf: Stephen Colbert.
Bild: YouTube

Donald Trump findet, dass ihn die nationalen Late Night Shows zu hart rannehmen. Und was passiert, wenn sich Prominente über Spott beklagen? Eben, dann geht's erst richtig los.

Es ist ein altes Gesetz in der Kommunikation, das besagt: Wenn du nicht willst, dass Kritik an dir wahrgenommen wird, musst du sie ignorieren. Andersrum heisst es ja auch: Getroffene Hunde bellen. Doch Donald Trump kommuniziert anders – da werden sich Kritiker und Fürsprecher des starken Mannes aus dem Weissen Haus einig sein.

The Late Show with Stephen Colbert

Insofern kann es nicht verwundern, dass sich der US-Präsident zu unseren Late-Night-Stars geäussert hat. Wie er das getan hat… Nun gut, das ist natürlich klar: via Twitter. Also: Was er über die TV-Lästerer gesagt hat und wie die das aufgenommen haben, schauen wir uns genauer an.

«[Die TV-Morgenshow ] ‹Fox & Friends› hat bewusst ein Zitat von Jay Leno aus dem Kontext gerissen. Und Trump wiederum hat dieses aus dem Zusammenhang gerissene Zitat aus dem Kontext gerissen und getweetet: …»

«Lasst uns grad hier stoppen: Die Comedy, die ich mache, ist nicht einseitig. Ich nehme den Präsidenten hoch. Aus...

Bild: YouTube

... allen...

Bild: YouTube

... Blickwinkeln.»

Screenshot: YoutTube

Nachdem er den Rest des Tweets verlesen hat, korrigiert Colbert seinen Widersacher: «Wir sind Nummer eins, die Late Show. Und ich hasse den Präsidenten nicht. Ich traue ihm einfach nur nicht. So wie ich auch die Boeing 737 Max 8 nicht hasse, aber ich steige auch nicht ein. Dann twitterte Trump in Hyperspeed und mit schreienden Fingern: …»

«Gefolgt nur 27 Sekunden später von: …»

«Das heisst, dass genau zwischen diesen beiden Tweets der Moment war, in dem Amerika gross wurde. Die Frage muss also sein: Was hat Trump um 7.17 Uhr am Morgen auf ‹Fox News› gesehen?»

Voilà, Werbung für die Fast-Food-Kette «Arby's». Passt ja.

Bild: YouTube

Nicht Fisch und nicht Vogel ist auch Colberts Greatness-Moments-Theorie: Nach Absetzen des ersten Tweets fiel Trump wahrscheinlich einfach auf, dass der erste Spruch nicht schlau ist, wenn er doch selbst Amerikas Steuermann und nun schon seit Jahren am Ruder ist.

Colbert im Video.

Jimmy Kimmel Live

Ab Minute 0:38  liest Jimmy Kimmel seinem Publikum den Tweet vor und endet mit: «What a snowflake» – «So ein Sensibelchen.» Sobald das Gelächter verebbt, stellt der Gastgeber richtig, was Leno gesagt hat. Hier der Auftritt des Late-Night-Altmeisters in der «Today Show»:

«Als ich das gemacht habe, gab es einen notgeilen Clinton und einen dummen Bush. Es war etwas einfacher», hat Leno seine Zeit mit der aktuellen Late-Night-Lage verglichen. «Er hat Recht, es ist jetzt schwerer: Trump ist notgeil und dumm auf einmal. Jetzt müssen wir beide Bereiche abdecken.»

Jimmy Kimmel steht über Trumps Tweet.
Jimmy Kimmel steht über Trumps Tweet.
Bild: YouTube

Dann wird Kimmel ernst: «Ich will nicht jeden Abend über Trump reden. Niemand von uns Show-Moderatoren will das, aber er lässt uns keine andere Wahl. Wenn er stets still im Weissen Haus vor sich hinarbeiten würde, würde ich ihn nicht erwähnen.»

Die Pointe: «Alleine heute vor zehn Uhr morgens ist sein ehemaliger Wahlkampfmanager zum zweiten Mal in dieser Woche verurteilt worden, er hat sich selbst erfolgreichster Präsident der Geschichte genannt und hat die Leute via Tweet wissen lassen, dass seine Frau nicht von einem Double ersetzt worden ist. Hör auf, schrecklich zu sein, und dann reden wir auch nicht mehr drüber.»

Kimmel im Video.

Nochmal Colbert

Neuer Tag, nächste Runde im Kampf Präsident gegen Präsentator. Colberts neuer Monolog greift ab Minute 4:43 die nächste präsidiale TV-Kritik auf, die so geht:

Colbert erklärt, dass es deutlich mehr als drei Late-Night-Talker gibt. Und sie alle seien schwach. «Und was soll das: Was wir machen, wenn Sie nicht mehr Präsident sind? Nun, dann kommt erstmal eine Parade. Dann gibt es eine nationale Orgie. Und dann? Ich denke: ein Sandwich und ein Nickerchen. Es gab vor Ihrer Präsidentschaft Late-Night-Shows, es wird Late-Night-Shows geben, wnen Sie weg sind. Sie werden sehen. Wenn der Wärter sie fernsehen lässt.»

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten die wohl beste Navigationshilfe: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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