«Sky Shield» Schweiz will europäischem Luftabwehrsystem beitreten

SDA, smi

7.7.2023 - 11:40

Bundesrätin Viola Amherd (M.) empfängt die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und den deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius zu einem Treffen in Bern.
Bundesrätin Viola Amherd (M.) empfängt die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und den deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius zu einem Treffen in Bern.
Bild: Keystone/Alessandro della Valle

Die Schweiz will sich am europäischen Luftverteidigungssystem «Sky Shield» beteiligen. Bundesrätin Viola Amherd hat am Freitag in Bern eine entsprechende Absichtserklärung unterschrieben. 

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  • Bundesrätin Viola Amherd ist mit der österreichischen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius zusammengetroffen.
  • Diese drei deutschsprachigen Nachbarländer unterhalten regelmässige Kontakte, um in der Sicherheitspolitik zusammenzuarbeiten.
  • Die VBS-Vorsteherin Viola Amherd hat bei dem Treffen eine Absichtserklärung unterzeichnet, dem «European Sky Shield» beizutreten, einem europäischen Luftabwehrsystem, das von Deutschland vorangetrieben wird. 

Was bereits zu Wochenbeginn publik worden war, ist am heutigen Freitag Tatsache geworden: Die Schweiz möchte Teil des europäischen Schutzschildes «Sky Shield» werden. 

«Jegliche Teilnahme an internationalen Konflikten wird explizit ausgeschlossen», sagte Bundesrätin Viola Amherd in Bern vor den Medien. Die Schweiz habe wie Österreich ihre neutralitätsrechtlichen Vorbehalte in einer Zusatzerklärung festgehalten. Jedes Land könne das Ausmass seiner Beteiligung am Luftschild selbst definieren.

Die Unterzeichnung der Absichtserklärung erfolgte beim jährlichen trilateralen Treffen der Verteidigungsminister Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Neben Amherd nahmen der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und dessen österreichische Amtskollegin Klaudia Tanner teil. Auch Österreich will «Sky Shield» beitreten.

Kosteneinsparungen als Ziel

Die Schweiz prüft als Folge der Absichtserklärung, in welchen Bereichen sie die Zusammenarbeit stärken kann. Das VBS nannte im Vorfeld der Unterzeichnung als Beispiel das bodengestützte Luftverteidigungssystem (Bodluv) namens «Patriot». Dort könnten Synergien genutzt werden, etwa beim Informationsaustausch sowie bei Betrieb und Ausbildung. Das VBS rechnet dadurch mit Kosteneinsparungen.

Die von Deutschland initiierte «European Sky Shield Initiative» soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, Lücken im derzeitigen Nato-Schutzschirm für Europa zu schliessen. Defizite gibt es beispielsweise im Bereich ballistischer Raketen, die auf ihrer Flugbahn grosse Höhen erreichen, aber auch bei der Abwehr von Drohnen und Marschflugkörpern. Mehr als ein Dutzend europäische Staaten haben sich dem Projekt bereits angeschlossen.

Engere Koordination

Der Bundesrat war in seinem Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht im September 2022 zum Schluss gekommen, die Verteidigungspolitik konsequenter als bisher auf die internationale Zusammenarbeit auszurichten und die Beteiligung daran auszubauen. Dies umfasst demnach auch die «Förderung der Forschungszusammenarbeit im Rüstungsbereich».

Im März hatte Amherd bei einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel ihre konkreten Wünsche einer verstärkten Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Verteidigungsbündnis erläutert. Stoltenberg habe ihr bestätigt, dass die Nato dafür offen sei, sagte sie danach.

Am Freitag sagte Amherd, dass die Schweiz ihre Beschaffungsvorhaben mit den europäischen Partnern enger koordinieren wolle. Als Grund nannte sie die massiv verschlechterte sicherheitspolitische Lage – in der Ukraine, im Sudan, im Kosovo, in Mali, Taiwan, Syrien, im Jemen und in Afghanistan sei die Situation angespannt. «Kooperation ist deshalb wichtiger denn je», sagte Amherd.

«Lösungen im Rahmen des für die Schweiz Möglichen»

Im Treffen mit den deutschen und österreichischen Partnern wies Amherd weiter darauf hin, dass die Schweiz in der Ukraine und für die Ukraine wertvolle Arbeit leiste, auch wenn sie keine Waffen liefern könne. Der Bund helfe aber beispielsweise bei der Minenräumung.

Sie habe dem deutschen Amtskollegen versichert, dass sie sich weiterhin «für Lösungen im Rahmen des für die Schweiz möglichen» einsetzen wolle, sagte Amherd. Das Parlament diskutiert derzeit eine Ausserdienststellung von Leopard-2-Kampfpanzern, die im Anschluss an den deutschen Hersteller zurückverkauft werden sollen.

Insgesamt stelle der Ukraine-Krieg für die Schweiz «keine einfache politische Ausgangslage» dar, so Amherd. Dass Teile der Neutralität nicht überall auf Verständnis stiessen, sei nachvollziehbar. Deshalb sei Dialog wichtig, «damit kein Zweifel an unserer Solidarität» entstehe.

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