Drohnen-Vorfall Russland setzt Ausrufezeichen über dem Schwarzen Meer

Von Philipp Dahm

15.3.2023

Nach Drohnen-Vorfall: USA warnen Russland vor Eskalation

Nach Drohnen-Vorfall: USA warnen Russland vor Eskalation

Nach einem militärischen Zwischenfall zwischen den USA und Russland über dem Schwarzen Meer warnt die US-Regierung Moskau vor einer Eskalation. Nach Angaben des US-Militärs war eine unbemannte amerikanische Militärdrohne am Dienstag in internationalem Luftraum über dem Schwarzen Meer mit einem russischen Kampfjet zusammengestossen.

15.03.2023

Der «Zusammenstoss» zwischen einem russischen Jet und einer US-Drohne über dem Schwarzen Meer ist kein Unfall. Vielmehr scheint Moskau Washington klarmachen zu wollen: bis hierhin und nicht weiter.

Von Philipp Dahm

Russland weiss von nichts. Ja, russische Jets sind aufgestiegen, wegen einer amerikanischen Drohne, Typ MQ-9 Reaper. Sie sei mit abgeschaltetem Transponder geflogen und habe «die Grenzen des temporären Luftraum-Regimes verletzt», meldet die staatliche Tass.

Das Moskauer Verteidigungsministerium meldet weiter, die Drohne sei abgestürzt. Sie sei nach abrupten Manövern in einen unkontrollierten Zustand übergegangen, habe Höhe verloren und sei ins Meer gestürzt.

Die MQ-9 Reaper ist eine Aufklärungsdrohne, die aber auch mit Waffen bestückt werden kann.
Die MQ-9 Reaper ist eine Aufklärungsdrohne, die aber auch mit Waffen bestückt werden kann.
Bild: EPA/Archiv

Das US-Militär stellt den Fall anders dar. 30 bis 40 Minuten sei die Drohne in internationalen Gewässern von dem Su-27-Duo beschattet worden, schreibt CNN unter Berufung auf Brigadegeneral James Hecker von der US Air Force.

Tägliche Überwachungsflüge

Der berichtet trocken, die Reaper sei «abgefangen und von einem russischen Flugzeug getroffen worden», was zu einem «Crash und Totalverlust der MQ-9 geführt» habe. Tatsache ist: Russland und die USA sind im Kontext des Ukraine-Krieges erstmals direkt aneinandergeraten.

Nun sind derartige Aufklärungsflüge des Westens nichts Neues: Seit über einem Jahr spionieren die Nato sowie Norwegen und Finnland an Russlands Grenzen die Lage im internationalen Luftraum aus. In der Regel mit eingeschaltetem Transponder, der die Positionsdaten der Flugsicherheit wegen übermittelt.

Moskau ist sich dessen schmerzlich bewusst: Mit ihren weitreichenden Sensoren übermitteln Drohnen wie die Reaper, aber auch See-Aufklärer wie die P-8 Poseidon oder Spionageflugzeuge wie die RC-135 Rivet Joint, permanent Daten von der Front. Die Reaper, die regelmässig die Route über dem Schwarzen Meer am Rand internationaler Gewässer abfliegt, ist für Putin wie eine lästige Mücke. Und nun hat er offenbar zugeschlagen.

«Bewusste Eskalation»

«Sie sammeln nachrichtendienstliche Informationen, die das Kiewer Regime anschliessend für Angriffe auf unsere Streitkräfte und unser Territorium nutzt», beschwert sich Moskaus Botschafter in Washington, Anatoli Antonow.

Pentagon zu Drohnenvorfall: Piloten verhielten sich «bedauerlich»

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Der Absturz einer US-Aufklärungsdrohne über dem Schwarzen Meer hat die wegen des Ukraine-Kriegs ohnehin starken Spannungen zwischen Washington und Moskau nochmals verschärft.

15.03.2023

Antonow war zuvor ins US-Aussenministerium bestellt worden, wo er «alle Unterstellungen der amerikanischen Seite kategorisch zurückgewiesen» habe. Der Diplomat schreibt wenig diplomatisch: «Es ist doch völlig klar: Es sind die Vereinigten Staaten, die die Situation in Richtung einer bewussten Eskalation und eines direkten bewaffneten Konflikts treiben.»

Moskau betont, die Su-27-Jets hätten keine Waffen eingesetzt. Die braucht es aber auch gar nicht, um eine Drohne zum Absturz zu bringen, erklärt der Experte David Martin beim US-Sender CBS: Es sei zum Beispiel eine «recht gewöhnliche Technik», dass ein Jet sich vor eine Drohne setzt, um dann den Afterburner zu zünden. 

Stärkt Peking Moskau den Rücken?

Die resultierenden Wirbelschleppen sorgten dann dafür, dass es zu einem Strömungsabriss kommt und die Drohne abschmiert. Im vorliegenden Fall sollen die russischen Jets jedoch nach US-Darstellung erst Treibstoff über der Reaper abgelassen haben, bevor eines der Flugzeuge schliesslich den Propeller der Drohne gestreift hat, bevor sie ins Meer stürzte.

Das heisst: Das ungewöhnliche Grounding war kein Versehen und auch keine spontane Aktion. Moskau hat Washington ganz offenbar ein Zeichen geben wollen: bis hierhin und nicht weiter. Warum Wladimir Putin diesbezüglich gerade jetzt einen Kurswechsel einschlägt, ist unklar. Ob das erstarkte russische Selbstbewusstsein mit China zusammenhängt?

Su-27-Jets der Kunstflug-Staffel Russkiye Vityasy (Russische Ritter) zeigen akrobatische Fähigkeiten über St. Petersburg.
Su-27-Jets der Kunstflug-Staffel Russkiye Vityasy (Russische Ritter) zeigen akrobatische Fähigkeiten über St. Petersburg.
Bild: Keystone/Archiv

Immerhin gibt es Gerüchte, dass Xi Jinping in der kommenden Woche nach Moskau reisen wird. Die wichtigsten Punkte werden Unterhändler bereits zuvor ausgearbeitet haben: Es ist gut möglich, dass Peking Moskau Rückendeckung für weitere Konfrontationen mit der Nato gibt.

Was wirklich über dem Schwarzen Meer passiert ist, könnte sich jedoch bald klären. Die Reaper sendet per Livestream Video-Bilder an ihre Kommandozentrale zurück: Das US-Militär prüft nun, ob es Aufnahmen zu dem Vorkommnis freigeben kann.