Erdbeben in der Türkei Reporter berichten von Schikanierung in Krisengebieten

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24.2.2023

42'000 Menschen kamen bei den Erdbeben in der Türkei bereits um.
42'000 Menschen kamen bei den Erdbeben in der Türkei bereits um.
Bild: Shadati/XinHua/dpa

Drei regierungskritische Fernsehsender werden wegen ihrer Berichterstattung zum Krisenmanagement Erdoğans mit Strafzahlungen bedacht. Vor Ort sehen sich Reporter aller Fraktionen Gefahren ausgesetzt.

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Wegen ihrer Berichterstattung über das Erdbeben im Süden der Türkei, das die Leben von mehr als 42‘000 Menschen gefordert hat, werden drei Fernsehsender von der türkischen Regulationsbehörde für Medien mit Strafzahlungen bedacht.

Die Strafe wurde von einem Mitglied der Behörde öffentlich gemacht, das von der Opposition nominiert wurde und der Entscheidung kritisch gegenüber steht.

Alle drei Sender – Halk TV, Tele 1 und FOX (nicht zu verwechseln mit dem US-Sender) – stehen Präsident Recep Tayyip Erdoğan kritisch gegenüber. Halk TV steht der Oppositionspartei CHP nahe.

«Eine einzige Schande»

Grund für die Strafzahlungen sind kritische Berichte über das Katastrophenmanagement der Regierung. Der Chefredakteur von Tele 1 nannte die Entscheidung «eine einzige Schande».

Seit dem Putschversuch im Jahr 2016 geht Erdoğan zunehmend stärker gegen kritische Presseberichte vor. Im vergangenen Jahr wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Verbreitung von «Fake News» mit drei Jahren Gefängnis bestraft.

Eine solche Haftstrafe könnte etwa den freien Journalisten Ali Koçer treffen. Er muss sich vor Gericht verantworten, weil er Videos aus einer von den Erdbeben betroffenen Region verbreitet hat.

Schikanierung in den Krisengebieten

Wie die «Jerusalem Post» berichtet, häufen sich auch vor Ort Attacken auf Reporter. So spricht der türkische Journalist Murat Yildiz davon, während seiner Arbeit von den Behörden bedroht zu werden.

«Sie haben uns ständig schikaniert, sind uns gefolgt», so Yildiz. «Sie kommen und überprüfen unsere Notizen und Fotos.» Gürkan Özturan von Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit spricht von Attacken auf neunzehn Journalisten an acht verschiedenen Orten innerhalb eines einzigen Tages.

Doch auch Zivilisten und in den Gebieten aktive Milizen können eine Bedrohung darstellen. Plünderungen sind keine Seltenheit. Erol Önderoğlu, türkischer Vertreter von Reporter ohne Grenzen, merkt an, dass die Attacken auf Reporter durch Behördenkräfte nicht systematisch seien.

Auch regierungsnahe Reporter werden bedroht

Vielmehr würden die Sicherheitskräfte in vielen Fällen angesichts vieler Bedrohungen vor Ort für Ordnung sorgen und so sicherstellen, dass Journalisten ihre Arbeit verrichten können.

Das könnte auch daran liegen, dass die Menschen in den vom Erdbeben erschütternden Gebieten keinen Unterschied zwischen regierungstreuen und -kritischen Journalisten machen.

So gibt Murat Yildiz an, auch beobachtet zu haben, wie einen Fotografen der regierungsnahen Nachrichtenagentur Anadolu von einer Miliz davon abgehalten wurde, Fotos zu machen.