Schlacht um Cherson Putins Truppen sollen kämpfen, seine Statthalter dürfen fliehen

tafi

19.10.2022

Ukraine: Pro-russische Verwaltung räumt Stadt Cherson

Ukraine: Pro-russische Verwaltung räumt Stadt Cherson

Angesichts der vorrückenden ukrainischen Truppen räumt die pro-russische Verwaltung die südukrainische Stadt Cherson. Auch die Verwaltung selbst zieht sich nach eigenen Angaben vollständig aus der Stadt zurück. Cherson wurde nach Beginn der russis

19.10.2022

Die von Russland besetzte Stadt Cherson könnte demnächst von der Ukraine befreit werden. Noch bevor die Offensive beginnt, geraten Putins Statthalter und Generäle in Panik.

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Die russische Armee, sagte Wladimir Saldo dem russischen Sender Rossija 24, werde gegen die vorrückenden ukrainischen Truppen kämpfen «bis zum Tod». Sich selbst bringt der prorussische Verwaltungschef der Region Cherson aber bereits in Sicherheit: «Ab heute werden alle Regierungsstrukturen der Stadt, die zivile und militärische Verwaltung, alle Ministerien, an das linke Flussufer (des Dnipro, d. Red.) verlegt.»

Hintergrund der Massnahmen: Um die von Russland besetzte Gebietshauptstadt Cherson im Süden der Ukraine bahnt sich eine Grossoffensive an. Die ukrainische Armee soll zur Befreiung des besetzten Gebietes Cherson nach russischen Angaben Zehntausende Soldaten zusammengezogen haben.

Lage für Russland immer prekärer

Noch sei die Lage zwar «stabil», wie der Vizechef der Besatzungsverwaltung, Kirill Stremoussow, der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge sagte. Aber man erwarte einen Angriff. Auch General Sergej Surowikin, der neue Oberbefehlshaber der russischen Invasionsarmee in der Ukraine, hat die Lage für seine Truppen an diesem Frontabschnitt öffentlich als «schwierig» eingeschätzt.

Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist, dass sich mit Surowikin erstmal ein General im russischen Fernsehen zum Krieg in der Ukraine geäussert hat. Laut Surowikin würde die Ukraine Wohnhäuser und die Infrastruktur der Stadt Cherson beschiessen. Durch Artillerietreffer habe die Ukraine die Übergänge über den Fluss Dnipro unpassierbar gemacht. Das erschwere die Versorgung der Stadt.

Nachdem die ukrainische Armee wichtige Verbindungen zu anderen russisch besetzten Gebieten zerstört hat, ist die Lage für die russischen Truppen zunehmend prekärer geworden. «Wir werden bedacht und rechtzeitig handeln und schliessen auch schwierige Entscheidungen nicht aus», sagte der General, ohne Details zu nennen. Militärexperten deuten diese Aussage als Ankündigung eines bevorstehenden Rückzuges aus Cherson. Seit Wochen rücken die ukrainischen Streitkräfte langsam auf die Regionalhauptstadt vor, um die russischen Besatzer über den Fluss Dnipro zurückzudrängen.

Ukraine steht vor einem Dilemma

Cherson liegt am Westufer des grössten ukrainischen Flusses: Der Dnipro teilt das Land praktisch in zwei Teile. Für Russland ist der Landstrich strategisch bedeutsam, weil er den Streitkräften ermöglicht, auf der westlichen Seite des Flusses Dnipro zu operieren und den Rest der ukrainisch kontrollierten Schwarzmeerküste zu bedrohen, darunter die Hafenstadt Odessa. Die ukrainischen Streitkräfte haben jedoch die Brücken gekappt, über die die russischen Truppen am Westufer versorgt und verstärkt wurden. Ein Rückzug an das Ostufer des Dnipro wäre für Russland militärisch eine ernsthafte Niederlage.

Wenn die ukrainischen Truppen weiter auf Cherson vorrücken, könnten sie allerdings vor einem Dilemma stehen, analysiert die «New York Times». Schliesslich möchte man es vermeiden, die Infrastruktur der Stadt zu zerstören und Zivilisten zu töten. Sollten die russischen Streitkräfte einen konzertierten Kampf um den Erhalt der Stadt führen, könnte die Ukraine wohl zögern, die gesamte Feuerkraft einzusetzen.

Ein russischer Soldat im besetzten Gebiet Cherson: Die Truppen sollen die Stadt verteidigen «bis zum Tod».
Ein russischer Soldat im besetzten Gebiet Cherson: Die Truppen sollen die Stadt verteidigen «bis zum Tod».
Uncredited/AP/dpa