Eskalation droht Nordkorea droht mit Militär: Seoul hält Lage für «sehr ernst»

dpa/afp/tafi

14.6.2020

Vor zwei Jahren gingen Nord- und Südkorea noch aufeinander zu. Doch jetzt geht Pjöngjang wieder offen auf Konfrontationskurs. Der Nachbar im Süden wird ausdrücklich als Feind bezeichnet: In Seoul ist man alarmiert.

Nordkorea will nach Aussage der Schwester von Machthaber Kim Jong Un militärisch gegen Südkorea vorgehen. «Ich fühle, dass es höchste Zeit ist, mit den südkoreanischen Behörden zu brechen. Wir werden bald die nächste Aktion in Angriff nehmen», sagte Kims einflussreiche Schwester Kim Yo Jong am Samstag in einer von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA verbreiteten Mitteilung.

Nordkorea reagiert mit der verschärften Rhetorik auf eine Propaganda-Aktion südkoreanischer Aktivisten. «Das Recht, die nächste Aktion gegen den Feind zu unternehmen, wird dem Generalstab unserer Armee anvertraut», erklärte Kim Yo Jong am Samstagabend (Ortszeit). Es sei besser, eine Reihe von Vergeltungsmassnahmen zu ergreifen, als Erklärungen abzugeben. Wie die Aktion konkret aussehen könnte, ging aus den mit Andeutungen gespickten Äusserungen nicht hervor.

Seoul beobachtet Kims Armee genau

Die Regierung in Seoul rief die kommunistische Führung in Pjöngjang am Sonntag auf, alle bilateralen Abkommen einzuhalten. Die Situation werde als «sehr ernst» angesehen, teilte das Vereinigungsministerium mit. Das ständige Komitee des Nationalen Sicherheitsrats kam in Seoul zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um die Lage zu erörtern. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums werden die Bewegungen des Militärs im Nachbarland genau beobachtet.

Kim Yo Jong habe die Abteilung, die für «Angelegenheiten mit dem Feind» zuständig sei, angewiesen, die nächste Aktion entschieden auszuführen, sagte die Funktionärin. Dazu habe sie die Befugnis vom Machthaber und der Partei. «In Kürze wird eine tragische Szene des komplett eingestürzten, nutzlosen Nord-Süd-Verbindungsbüros zu sehen sein», hiess es demnach in ihrer Erklärung.

Kim Yo Jong, die einflussreiche Schwester von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, drohte Südkorea militärische Aktionen als Vergeltung für Flugblattaktionen an.
Kim Yo Jong, die einflussreiche Schwester von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, drohte Südkorea militärische Aktionen als Vergeltung für Flugblattaktionen an.
AP Photo/Lee Jin-man

Kim spielte erneut auf eine Ballonkampagne von Ende Mai an, bei der Aktivisten und nordkoreanische Flüchtlinge in Südkorea nahe der Grenze etwa eine halbe Million Flugblätter mit Kritik an der Regierung in Pjöngjang in Richtung Norden geschickt hatten. Den Teilnehmern an der Kampagne warf Kim vor, die Würde ihres Bruders zu verletzen, indem sie «Müll auf unser unverletzliches Territorium» fliegen liessen.

Ziel dieser häufig unternommenen Aktionen ist es, die Nordkoreaner zum Sturz der autokratischen Führung aufzurufen. Der Regierung in Seoul wirft Pjöngjang vor, nichts gegen diese Kampagnen zu tun.

Spannungen seit Anfang Mai

Nordkorea hatte schon Anfang Mai mit dem Ende eines Militärabkommens mit Südkorea von 2018 über vertrauensbildende Massnahmen sowie der Schliessung eines Verbindungsbüros an der Grenze gedroht. Auch damals meldete sich Kim Yo Jong zu Wort. Später kappte Pjöngjang alle Kommunikationskanäle zu Seoul.

Machthaber Kim Jong Un schiebt dabei nach Meinung von Beobachtern seine Schwester vor, um selbst im Hintergrund seine Instruktionen zu geben und den Druck auf Seoul zu erhöhen. Kim Jong Un hatte bei den drei innerkoreanischen Gipfeltreffen vor zwei Jahren eine persönliche Beziehung zum südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In aufgebaut.

Auch US-Präsident Donald Trump sieht sein Verhältnis zu Kim, den er bisher dreimal getroffen hat, als eine freundschaftliche Beziehung. Doch seit dem gescheiterten Gipfel zwischen Kim und Trump im Februar 2019 in Vietnam befinden sich die bilateralen Verhandlungen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm in einer Sackgasse. Auch die innerkoreanischen Beziehungen kommen nicht mehr voran.

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