Late Night USA Mueller-Team kontert Justizminister – wer oder was ist nun «total illegal»?

Philipp Dahm

5.4.2019

Vorher-nachher-Effekt des Mueller-Berichts bei Donald Trump.
Vorher-nachher-Effekt des Mueller-Berichts bei Donald Trump.
Screenshot: Screenshot

Zwei Jahre dauerten die Untersuchungen von Robert Mueller, und nichts drang nach aussen. Doch die Interpretationen des US-Justizministers zu kontern, das lassen sich die Ermittler nun nicht nehmen.

Die Mannschaft von Sonderermittler Robert S. Mueller gilt als verschwiegen. Kein Wunder, kommentiert Seth Meyers ab Minute 3:36 in seiner «Late Show». «Schauen Sie sich [Mueller] an. Seine Frau weiss immer noch nicht, wie sein zweiter Name ist – ‹das bleibt zwischen mir und der Regierung›». Was der Late-Night-Gastgeber sagen will: Die Spezialisten sind diskret, und wenn sie sich doch mal äussern, haben sie auch etwas zu sagen.

Und nun hat sich Muellers Team zu Wort gemeldet. Was Justizminister William Barr zu ihrem Bericht mitgeteilt hat und was von Trump «seit zwei Wochen gefeiert wird», gebe ihre Ergebnisse nicht wieder. Das will die «New York Times» aus Muellers Umfeld erfahren haben. Die Untersuchung sei demnach schädlicher als die Zeilen des Justizministers offenbaren.

Jetzt redet Team Mueller – nach zwei Jahren Funkstille

Barr hatte dem Kongress geschrieben, es gebe keine Hinweise auf eine Trump-Verschwörung mit Russland, hielt aber auch fest, es gebe in Sachen Justizbehinderung weder konkrete Vorwürfe noch eine Entlastung.

Trump glaubt, nach dem Mueller-Bericht bräuchten die Demokraten künstliche Beatmung. «Bei jeder Wahlkampfveranstaltung sieht du aus wie ein Typ in einer Baywatch-Folge, der von einem Partyboot fällt und von David Hasselhoff zurück an den Strand gezogen wird.
Trump glaubt, nach dem Mueller-Bericht bräuchten die Demokraten künstliche Beatmung. «Bei jeder Wahlkampfveranstaltung sieht du aus wie ein Typ in einer Baywatch-Folge, der von einem Partyboot fällt und von David Hasselhoff zurück an den Strand gezogen wird.
Screenshot: Screenshot

«Wir wissen nicht, was in dem Bericht steht», fasst Meyers zusammen. «Aber es ist bemerkenswert, dass Muellers Team plötzlich mit Reportern spricht – nach zwei Jahren totalem und komplettem Schweigen. [Die Ermittler] sind offensichtlich frustriert, weil sie selbst mehrere Zusammenfassungen der Ergebnisse geschrieben haben und Barr diese allesamt ignoriert hat.

Eine Grundregel: Mir ist immer suspekt, wenn sich jemand mehr Arbeit macht, obwohl es die Option gibt, sich keine zu machen. Wir schreiben ja auch nicht jeden Abend neue [Moderationstexte], sondern kaufen sie von einer Website namens Politische-Motztiraden.com.»

Fastball-Furz

Trumps Getreue werden die neuen Spekulationen nicht umstimmen: Das Ergebnis ist für sie nur jenes, das sie selbst in Umlauf bringen. «Letzte Woche hat Trumps Stratege menschliche Form angenommen und ist bei CNN aufgetreten, um [Moderator] Anderson Cooper zu erzählen, dass es kein Demokrat 2020 mit Trump aufnehmen könne.» Niemand könne einen Fastball werfen wie Donald Trump, meint der Rechtsaussen.

Anderson Cooper sehe aus, als würde er den Stimmungsaufheller Prozac nehmen und Bannon, als würde er ihn schnupfen, findet Meyers.
Anderson Cooper sehe aus, als würde er den Stimmungsaufheller Prozac nehmen und Bannon, als würde er ihn schnupfen, findet Meyers.
Screenshot: Screenshot

«Erstmal danke, Steve, dass du von der anderen Seite zu uns gekommen bist. Was ist los mit dir, Mann? Du siehst aus wie der Geist eines verstorbenen Geistes.» Und Baseball-Bälle werfen könne der Präsident nun wirklich, meint der Moderator, zeigt ein unvorteilhaftes Beweisfoto und sagt dazu: «Seht euch sein Gesicht an: Sieht aus, als würde er furzen und sich gleichzeitig den Muskel zerren.»

Meyers: Ist das Flatulenz, eine Sportverletzung oder gar beides?
Meyers: Ist das Flatulenz, eine Sportverletzung oder gar beides?
Screenshot: Screenshot

Mit diesen Informationen wirken die Aufnahmen des Mannes aus dem Weissen Haus noch einmal bizarrer, die am Anfang der Show ab Minute 0:58 gezeigt werden. Vier Tage nach dem Barr-Brief nennt Trump die Mueller-Untersuchung «unwürdig» und «nie dagewesen».

Wie Trump nun reagiert

Dann sagt er: «Eine wunderschöne Schlussfolgerung. Ich habe den Bericht nicht gelesen. Schöne Schlussfolgerung.» Es ist schwer zu sagen, ob die Intention hinter diesen Sätzen Dreistigkeit, Dummheit, Ignoranz oder eine Mischung daraus ist. Leicht ist dagegen die Vorhersage, dass Muellers Machtmärchen noch nicht an seinem bitteren Ende angekommen ist. Aber wie sieht das wohl der Protagonist der Geschichte?

Diametral anders: Den USA gehe es blendend, und das Volk kümmere sich nicht gross um den Mueller-Bericht – was auch stimmt. Die Demokraten hielten die Vorwürfe künstlich am Leben, anstatt zu untersuchen, wer die «illegalen» Ermittlungen ins Rollen gebracht habe. Der politische Gegner werde sich jedoch ohnehin nie zufriedengeben. Der «New York Times» unterstellt er, es gebe ihre Quellen gar nicht – «was total illegal» wäre.

Diese vier Tweets setzte Trump innert zwei Stunden ab. Zusammen mit einem fünften, in dem er die Republikaner zur «Partei des amerikanischen Traums» erklärt.

Das schreibt notabene einer, der ein vererbtes Vermögen als selbst verdient deklariert. Einer, der nur Kredite bekommen hat, weil er die Bank belogen hat. Einer, dessen Ex-Anwalt Michael Cohen gerade ausgesagt hat, er sei von Trump angewiesen worden, zu lügen. Einer, der im Gegensatz zu seinen Vorgänger seine Steuererklärung nicht veröffentlicht.

Ein Geschäftsmann, der dem Volk weismachen will, dass jeder es schaffen kann, wenn er nur hart genug arbeitet. Ja, klar – wovon träumst du nachts, Amerika?

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten die wohl beste Navigationshilfe: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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