Persilschein vom Obersten Gericht Trump will Verurteilung im Schweigegeldprozess aufheben lassen

SDA

2.7.2024 - 05:11

Oberstes US-Gericht spricht Trump teilweise Immunität zu

Oberstes US-Gericht spricht Trump teilweise Immunität zu

STORY: Der Oberste Gerichtshof der USA hat Donald Trump eine teilweise Immunität gegen strafrechtliche Verfolgung zuerkannt. Bezüglich Handlungen innerhalb des Kerns ihrer verfassungsmässigen Aufgaben sei dieser Schutz für ehemalige Präsidenten zwar absolut, befanden die Richter des Supreme Court am Montag. Für ein Vorgehen in einem privaten Zusammenhang geniesse ein ehemaliges Staatsoberhaupt jedoch keine Immunität. Das eigentliche Verfahren wurde an ein untergeordnetes Gericht zurückgeschickt. Damit hat das Oberste Gericht zum ersten Mal in der fast 250-jährigen Geschichte der USA dem Präsidenten einen gewissen Schutz vor Klagen bescheinigt. Trump erklärte in einer ersten Reaktion auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social, das Urteil sei ein grosser Sieg für die amerikanische Verfassung und Demokratie. Er sei stolz, ein Amerikaner zu sein. Trump-Gegner, die vor dem Obersten Gerichtshof protestierten, zeigten sich empört: «Und wir müssen Nein sagen. Ein grosses Nein zu Tyrannen, ein grosses Nein zu den Rechtsradikalen. Ein grosses Nein zum Obersten Gerichtshof, der diesen Mann unterstützt. Und ein grosses Nein zur republikanischen Partei, die aufgegeben hat und Trump zu ihrem Retter gemacht hat. Er ist kein Retter. Er ist der Teufel. Er ist der gefährliche Donald Trump.» Hintergrund des Falls ist ein Verfahren auf Bundesebene gegen Trump im Zusammenhang mit Versuchen, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2020 umzukehren. Der Supreme Court verwarf mit seinem Urteil mit sechs zu drei Stimmen die Entscheidung eines untergeordneten Gerichts, wonach Trump keine Immunität geniesse. Die Anwälte Trumps hatten aber eine absolute Immunität gefordert. Es galt als unwahrscheinlich, dass ein Urteil in dem eigentlichen Verfahren noch vor der Präsidentschaftswahl Anfang November fällt. Von den sechs konservativen Richtern, die das Urteil mittrugen, waren drei von Trump während seiner Präsidentschaft nominiert worden. Da es sich um ein Verfahren auf Bundesebene handelt, könnte Trump es bei einem Sieg bei der Wahl am 5. November über das Justizministerium einstellen lassen. Experten zufolge könnte er sich auch selbst begnadigen, sollte es zu einem Schuldspruch kommen.

02.07.2024

Das höchste US-Gericht hat zugunsten Donald Trumps entschieden. Schon kurze Zeit später will der Ex-Präsident Profit daraus schlagen – und einen weiteren juristischen Sieg erringen.

2.7.2024 - 05:11

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der frühere US-Präsident Donald Trump will aus der Entscheidung des Obersten Gerichts zu seiner Immunität bei Amtshandlungen auch Vorteile für den Prozess um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin ziehen.
  • Richter Juan Merchan solle den Schuldspruch aufheben, und die für kommende Woche geplante Verkündung des Strafmasses verschieben, forderten Trumps Anwälte am Montag in einem Brief.
  • Ausserdem solle Merchan prüfen, welche Folgen der Entscheid des Supreme Courts auf den Schweigegeldprozess habe.
  • US-Präsident Joe Biden warnt, dass die Entscheidung des Obersten US-Gerichts, wonach US-Präsidenten weitgehenden Schutz vor Strafverfolgung für offizielle Handlungen im Amt geniessen, einen «gefährlicher Präzedenzfall».

Der frühere US-Präsident Donald Trump will aus der Entscheidung des Obersten Gerichts zu seiner Immunität bei Amtshandlungen auch Vorteile für den Prozess um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin ziehen. Richter Juan Merchan solle den Schuldspruch aufheben und die für kommende Woche geplante Verkündung des Strafmasses verschieben, forderten Trumps Anwälte am Montag in einem Brief. Ausserdem solle Merchan prüfen, welche Folgen der Entscheid des Supreme Courts auf den Schweigegeldprozess habe.

Demnach sollen die Anwälte den Richter auch gebeten haben, die für den 11. Juli angesetzte Strafmassverkündung zu verschieben. Trumps Team beruft sich dabei auf die jüngste Entscheidung des Obersten US-Gerichts, wonach US-Präsidenten weitgehenden Schutz vor Strafverfolgung für offizielle Handlungen im Amt geniessen – ein «gefährlicher Präzedenzfall», wie US-Präsident Joe Biden nach dem Richterspruch warnte.

Der Schritt von Trumps Anwälten war erwartbar und dürfte wohl aussichtslos sein, könnte wegen der folgenden juristischen Schritte aber zumindest die Verkündung des Strafmasses hinauszögern.

Trump will Urteil des Supreme Court nutzen

Trump hatte am Montag einen bedeutsamen Erfolg vor dem höchsten US-Gericht verbucht: Der Supreme Court urteilte, dass er zwar keine vollständige Immunität für die Handlungen während seiner Zeit als Präsident geniesst, aber der Schutz vor Strafverfolgung sehr weitgehend ist.

Mit ihrer Entscheidung verzögern die Richterinnen und Richter den Beginn des Wahlbetrugsprozesses gegen den 78-Jährigen in der US-Hauptstadt Washington weiter. Nun muss eine untere Instanz herausfinden, für welche Handlungen Trumps Immunität gilt. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass der Prozess in Washington noch vor der Präsidentenwahl im November beginnen wird.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung in Virginia. (28. Juni 2024)
Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung in Virginia. (28. Juni 2024)
Bild: Keystone/AP Photo/Steve Helber

In einem anderen Strafverfahren in New York wurde Trump vor wenigen Wochen verurteilt. In dem Prozess um die Verschleierung von Schweigegeld-Zahlungen an eine Pornodarstellerin wurde er von den Geschworenen in allen 34 Anklagepunkten für schuldig befunden. Es war das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass ein ehemaliger Präsident wegen einer Straftat verurteilt wurde. Trump könnte im ärgsten Fall eine mehrjährige Haftstrafe drohen.

Juristische Streitigkeiten dürften noch lange andauern

Der New Yorker Fall ist anders gelagert als etwa das Wahlbetrugsverfahren in Washington, bei dem es um Trumps Versuche geht, das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. Damals hatte Trump gegen den Demokraten Biden verloren, wollte seine Niederlage aber nicht akzeptieren. Diese Anklage betrifft seine Zeit als Präsident im Amt.

Das Verfahren in New York drehte sich in erster Linie um Trumps Handlungen als Präsidentschaftskandidat vor der Wahl 2016. Trump war mit der Argumentation, dass der Fall seine Präsidentschaft betreffe, bereits in der Vergangenheit gescheitert.

Allerdings könnten Trumps Anwälte argumentieren, dass die Anklage sich in dem Fall auch auf Beweise gestützt hat, die aus Trumps Zeit im Weissen Haus stammen. Denn der Supreme Court hat nun entschieden, dass Amtshandlungen von US-Präsidenten nicht nur vor Strafverfolgung geschützt sind. Sie dürfen auch nicht als Beweise in Strafverfahren angeführt werden. Spätestens in einem Berufungsverfahren dürfte das Thema werden. Trump hatte bereits angekündigt, nach der Strafmassverkündung gegen das Urteil vorzugehen.

Biden zu Immunitätsurteil: «Gefährlicher Präzedenzfall»

US-Präsident Biden kritisierte das Immunitätsurteil des Supreme Court und warnte vor schwerwiegenden Folgen. «Die heutige Entscheidung bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, dass es praktisch keine Grenzen für das Handeln eines Präsidenten gibt», sagte der Demokrat bei einer kurzfristig anberaumten Ansprache im Weissen Haus. Jeder Präsident, einschliesslich Trump, werde nun die Freiheit haben, das Gesetz zu ignorieren, warnte der 81-Jährige. Er will bei der Präsidentenwahl im November gegen Trump antreten.

US-Wahlen 2024 im Fokus

Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten: Wird es Trump oder Biden? Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.

Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Der Supreme Court habe mit seiner Entscheidung ein «grundlegend neues Prinzip» geschaffen: Die Macht des Präsidentenamtes werde künftig nicht mehr durch Gesetze eingeschränkt, auch nicht durch das Oberste Gericht, warnte Biden. «Die einzigen Grenzen werden vom Präsidenten selbst gesetzt.» Die Menschen in den USA hätten ein Recht darauf, vor den nahenden Präsidentenwahlen im November eine Antwort der Gerichte zur Rolle Trumps beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zu erhalten. Diese Antwort werde es nach dem Urteil wohl aber nicht mehr geben.

Biden, der sich nach einem desaströsen Auftritt bei der TV-Debatte in der vergangenen Woche in einer kritischen Phase seines Wahlkampfs befindet, nutzte die Gelegenheit und rief die Menschen zum Wählen auf. Fragen zu seiner Kandidatur beantwortete er nicht.

Liberale Richterinnen äussern fundamentale Bedenken

Das Urteil des Supreme Courts war mit sechs zu drei Stimmen ausgefallen. Die drei als liberal geltenden Richterinnen hatten sich nicht der rechtskonservativen Mehrheit des Supreme Courts angeschlossen, die Trump durch Personalentscheidungen während seiner Zeit als Präsident zementiert hatte. In der von Richterin Sonia Sotomayor verfassten abweichenden Meinung äusserten die Juristinnen ihre «Angst um unsere Demokratie».

Sotomayor skizzierte denkbare Situationen, in denen der Schutz des Präsidenten vor Strafverfolgung künftig Anwendung finden könnte – als Beispiel nannte sie einen von ihm in Auftrag gegeben Mordanschlag auf einen Rivalen, einen Militärputsch des abgewählten Präsidenten oder den Nachweis von Bestechlichkeit.

«Selbst, wenn diese Albtraumszenarien nie eintreten sollten, und ich bete, dass sie es nie tun, ist der Schaden bereits angerichtet», schrieb Sotomayor. «Bei jeder Ausübung seiner Amtsgewalt ist der Präsident jetzt ein König, der über dem Gesetz steht.» Die langfristigen Folgen der Entscheidung seien erheblich. Das Gericht schaffe damit «effektiv eine rechtsfreie Zone um den Präsidenten und rüttelt am Status quo, der seit der Gründung der Nation existiert».

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