Offene StreitpunkteUN-Klimakonferenz muss in die Verlängerung
dpa/uri
18.11.2022 - 14:48
Die COP27 in Scharm al-Scheich hätte bereits heute enden sollen. Die Teilnehmenden brauchen jedoch mindestens einen Tag länger, um weiter an Streitpunkten zu feilen.
18.11.2022, 14:48
SDA
Die Verhandlungen der UN-Klimakonferenz sind offiziell bis Samstag verlängert worden. Das teilte die ägyptische Konferenzpräsidentschaft in Scharm al-Scheich mit.
Zuvor erklärte bereits Konferenzpräsident Samih Schukri – nur wenige Stunden vor dem eigentlich geplanten Schluss –, er wolle das Treffen morgen zu Ende bringen.
«Wir müssen erneut einen Gang hochschalten», forderte Schukri mit Blick auf ungelöste Streitpunkte. In einem ersten Entwurf für eine Abschlusserklärung sahen Klimaschützer noch viele Lücken.
Zu dem zweiwöchigen UN-Treffen COP27 in Scharm el Scheich sind etwa 34'000 Teilnehmer angereist. In den vergangenen 20 Jahren ist laut dem Klima-Portal «Carbon Brief» keins dieser jährlich Treffen pünktlich zu Ende gegangen.
Forderung nach schrittweisem Kohleausstieg
In dem 10-seitigen Papier der ägyptischen Konferenzleitung vom Morgen wird ein schrittweiser Kohleausstieg gefordert. Die Forderung etlicher Staaten und Umweltaktivisten, darin auch den Abschied von Öl und Gas festzuschreiben, wird aber nicht aufgegriffen.
In der heissen Schlussphase ringen die Vertreter von rund 200 Staaten auch darum, ob nach jahrelanger Debatte ein Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden in armen Ländern gegründet werden soll.
COP27: Demonstranten fordern Ausgleichszahlungen für Klimaschäden
Die Finanzhilfen bei klimabedingten Schäden in ärmeren Ländern standen im Mittelpunkt der ersten Verhandlungswoche der UN-Klimakonferenz in Ägypten. Bei einer Protestaktion in Scharm el-Scheich fordern Demonstranten allerding mehr Handeln. Bei sei
12.11.2022
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock stellte klar, dass Rückschritte beim Klimaschutz für die Europäische Union inakzeptabel wären. Schlimmer als kein Ergebnis wäre ein Ergebnis, das den Konsens der Konferenzen von Glasgow und Paris aufweichen, verwässern oder gar zurückdrehen würde, sagte die Grünen-Politikerin. Aber keine der noch offenen Fragen ist unlösbar. «Es wird ein intensiver Tag, wahrscheinlich auch eine intensive Nacht», sagte sie.
«Kein grosser Wurf»
Jan Kowalzig von Oxfam sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Papier sei insgesamt «kein grosser Wurf» und habe keine Signalwirkung für einen angemessenen Klimaschutz. «Das ist zum Teil, was wir schon hatten – oder sogar noch abgeschwächt. Das ist ungenügend.»
Kritisch äusserte sich auch Friederike Röder von Global Citizen. Der Entwurf sei weit davon entfernt, die Klimakrise aufzuhalten, da echte Fortschritte in Schlüsselbereichen fehlten. Die Organisation 350.org erklärte, trotz Forderungen der Zivilgesellschaft und auch aus Indien und der EU ignoriere der ägyptische Vorsitz weiter die Forderung, den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen im Text zu verankern.
Es ist der erste förmliche Textentwurf, bisher hatte es nur Eckpunkte gegeben. In dem neuen Dokument werden die Staaten auch aufgefordert, ihre grösstenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern, die Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindet.
Umstrittene Rolle Chinas
Ebenfalls noch ungeklärt ist die Streitfrage, ob unter dem UN-Dach ein Fonds eingerichtet wird, der arme Länder für Klimaschäden entschädigt. Gemeint sind fatale Folgen der Erderwärmung wie Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme, aber auch der steigende Meeresspiegel.
EU-Kommissionsvize Frans Timmermans sagte, ein Fonds sei zwar nicht die bevorzugte Variante der EU, aber man gehe einen Schritt auf die Forderung der Entwicklungsländer zu. Allerdings knüpfe die EU ihre Bereitschaft an Bedingungen: Zum einen müssten die Gelder nur den verletzlichsten Staaten zugutekommen. Und es müsse sichergestellt werden, dass die Ausgleichszahlungen mit mehr Ehrgeiz bei der Eindämmung der Erderwärmung einhergehen.
Umstritten ist dabei unter anderem die Rolle Chinas. Das Land will im internationalen Klimaschutz weiter als Entwicklungsland behandelt werden, so wie es im Kyoto-Protokoll von 1992 festgelegt wurde. Westliche Staaten aber sehen China wegen seiner Wirtschaftskraft und der Rolle als grösster Verursacher von Treibhausgasen nicht als Empfängerland.
USA und China wieder in direkten Verhandlungen
Auch Martin Kaiser von Greenpeace sieht es als Knackpunkt, ob auch grosse Emittenten bereit sind, sich zu diesem Fonds zu bekennen und perspektivisch auch einzuzahlen. Die Einrichtung eines Finanztopfs für klimabedingte Schäden sei entscheidend für den Ausgang des Gipfels. «Die grosse Frage ist am Ende dieser Konferenz, ob die vielen Menschen in vulnerablen Ländern am Ende eine klare Entscheidung bekommen, dass ein Fonds etabliert wird, der die Schäden und Verluste sehr schnell und zeitnah ausgleichen kann», sagte Kaiser der dpa.
Gleichzeitig müssten nach Kaisers Worten nicht nur Europa und die USA, sondern alle G20-Länder stärker in die Verpflichtung genommen werden, aus Öl, Gas und Kohle auszusteigen. Dies dürfe nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Die USA und China stehen nach ihren im Spätsommer abgebrochenen Klimagesprächen bei dem Thema offensichtlich wieder in direkten Verhandlungen. Der US-Klimabeauftragte John Kerry habe am Donnerstagabend bei der UN-Klimakonferenz in Ägypten fast drei Stunden lang mit Chinas Klimaunterhändler Xie Zhenhua gesprochen, sagten Beobachter der Klima-Denkfabrik E3G, die die Beratungen aus der Nähe verfolgten. China hatte den Klimadialog mit den USA in Spannungen um Taiwan im August abgebrochen.