Sorge um AKW SaporischschjaKiew warnt vor «Katastrophe, wie sie Europa noch nie erlebt hat»
amo
21.2.2023
AKW Saporischschja unter Beschuss – «Spiel mit dem Feuer»
Russland und die Ukraine beschuldigten sich gegenseitig für den Angriff. IAEA-Chef Grossi sagte: «Wer auch immer dahinter steckt, muss sofort aufhören!»
20.11.2022
Die Ukraine schlägt im Zusammenhang mit dem AKW Saporischschja Alarm. Russland soll das grösste Atomkraftwerk Europas militarisieren. Am Wochenende sollen Marschflugkörper dem Gelände gefährlich nahe gekommen sein.
amo
21.02.2023, 11:59
amo
Es gilt als grösstes Atomkraftwerk Europas: Das AKW Saporischschja nahe der gleichnamigen Grossstadt. Seit Anfang März des letzten Jahres wird es von russischen Truppen besetzt. Nun warnt die Ukraine erneut vor einer möglichen Atomkatastrophe. In einem Schreiben des ukrainischen Aussendepartements, das dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» (RND) vorliegt, heisst es: «Wenn das kriminelle Vorgehen Russlands im ukrainischen Atomkraftwerk nicht gestoppt wird, könnte es zu einer Katastrophe kommen, wie sie Europa noch nie erlebt hat.»
Laut dem ukrainischen Aussenministerium setze Russland die Militarisierung des AKWs fort. Auf dem Gelände seien Soldaten und militärische Ausrüstung stationiert. Weiter wirft das ukrainische Aussendepartement Russland vor, den Wechsel der Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA zu verhindern. Moskau müsse die Rotation der Experten unverzüglich ermöglichen, sodass sie sicher durch die vorübergehend besetzten Gebiete zum AKW kommen.
Dass Experten verspätet nach Saporischschja gelangen, bestätigte am Montag auch die IAEA. Eine geplante Rotation im Januar habe sich um mehr als zwei Wochen verzögert.
Director General @rafaelmgrossi has appealed for constructive efforts by parties to facilitate this month’s rotation of IAEA experts at Ukraine’s Zaporizhzhya NPP. A planned rotation at ZNPP since early January has been delayed for more than 2 weeks. https://t.co/32m75nUANwpic.twitter.com/SyczlOfirx
— IAEA - International Atomic Energy Agency ⚛️ (@iaeaorg) February 20, 2023
Bereits im letzten Sommer entbrannte eine Diskussion über die Sicherheit Saporischschjas, nachdem das AKW unter Beschuss stand. Die IAEA erhielt erst verspätet im September Zugang zu den beschädigten Reaktoren. Damals warnte die Organisation vor einer Nuklearkatastrophe. Mehrmals war das grösste Atomkraftwerk Europas auf Notstrom-Generatoren angewiesen. Im Herbst musste Saporischschja vom Stromnetz genommen werden, nachdem die einzige externe Stromquelle der Anlage getroffen wurde.
Our team at #Zaporizhzhya confirms the offsite power line lost yday was restored & #ZNPP is reconnected to the grid—a temporary relief in a still untenable situation. A protection zone is needed now. I will travel to 🇷🇺 & will see 🇺🇦@ZelenskyyUa thereafter to establish the zone.
Im November gab die IAEA bekannt, die Reaktoren fünf und sechs der grössten Atomanlage Europas seien vollständig abgeschaltet worden. Zur Stromversorgung und Kühlung sei das Werk auf seine 20 Dieselgeneratoren angewiesen.
Zuletzt meldeten die Experten Ende Januar heftige Explosionen in der Nähe des AKWs, die auch Fenster der Büroräume zum Vibrieren gebracht hätten. Immer wieder würden sich ähnliche Explosionen in unterschiedlicher Entfernung zum Kraftwerk ereignen.
Nach Angaben des staatlichen ukrainischen Energieversorgers Energoatom kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen in und um die Kernkraftwerke, wie RND schreibt. Am Wochenende seien beispielsweise zwei Marschflugkörper bei einem Raketenangriff dem Gelände gefährlich nahegekommen. Es habe die Gefahr bestanden, dass der Reaktor getroffen wird, so Energoatom.
Nun warnte auch das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz BfS vor der Gefahr eines Atomunfalls im Zusammenhang mit Saporischschja. BfS-Präsidentin Inge Paulini teilte mit, dass das Risiko eines nuklearen Unfalls weiterhin bestehe, solange der Krieg dauere. Sie fordert mehr Sicherheit für ukrainische Kernkraftwerke: «Die Sicherheit von Kernkraftwerken muss auch in kriegerischen Auseinandersetzungen gewährleistet bleiben», schrieb Paulini am Montag.
Moskau und Kiew beschuldigten sich indes gegenseitig, für Angriffe um und auf das Atomkraftwerk Saporischschja verantwortlich zu sein. Inzwischen hat Russland das AKW nach der völkerrechtswidrigen Annexion im Herbst zu russischem Eigentum erklärt. Dafür gründete der russische Staatskonzern eigens eine Tochtergesellschaft. Die IAEA bemüht sich seit Monaten, um das Werk eine Schutzzone ohne Kämpfe einzurichten.