Uni-Besetzung Mit Pfeil und Bogen – das ist die derzeitige Lage in Hongkong 

Von Philipp Dahm

19.11.2019

Nervenkrieg am Hongkonger Unigelände: 600 Demonstranten ziehen ab, eine Vielzahl wird festgenommen. Was passiert mit den 100 auf dem Campus verbliebenen Aktivisten? Überhaupt verschärfen sich die Machtkämpfe.

Die Polizei hatte schon mit dem Einsatz scharfer Munition gedroht, doch so weit ist es nicht gekommen: In Hongkong haben die seit Wochen schwelenden Demonstrationen in der Besetzung der Polytechnischen Universität ihren bisherigen Höhepunkt erreicht, doch von Entspannung kann trotz der weitgehenden Räumung des Geländes keine Rede sein. Wie alles begann, ist hier nachzulesen.

Noch 100 Demonstranten in Uni verschanzt 

Am Abend waren noch rund 700 Menschen auf dem Universitätsgelände eingeschlossen. Doch in den frühen Morgenstunden haben rund 600 Demonstranten die belagerte Polytechnische Universität verlassen.

400 von ihnen seien umgehend festgenommen worden, heisst es, während 200 Minderjährige nach Hause entlassen wurden. Sie müssten jedoch mit einer späteren Strafanzeige rechnen, teilte Regierungschefin Carrie Lam mit. 100 Personen bleiben weiterhin in der Universität verschanzt.

Lam hofft derweil auf eine friedliche Lösung bei der anhaltenden Belagerung der Universität in Hongkong durch die Demonstranten. Sie sagte, dass sie die Polizei angewiesen habe, mit der «Situation menschlich» umzugehen. Weiterhin rief sie zur Beendigung aller Gewalt vor der für Sonntag geplanten Kommunalwahl auf.

Der Coup

Einer Gruppe von rund 50 Protestierenden gelang eine spektakuläre Flucht, indem sie sich von einer Brücke abseilten und von Helfern mit dem Töff evakuiert wurden. 

Mittelalterliche Methoden

Die obige Bildergalerie und das untenstehende Video zeigen, dass die Demonstrierenden auf eine Ausrüstung zurückgreifen, die altertümlich ist – aber auch angsteinflössend für die Gegner.  

Bisher ist von einem Polizisten die Rede, der durch Pfeil und Bogen ausser Gefecht gesetzt worden ist.

Hongkonger Gericht vs. Pekinger Parlament

Chinas Parlament hat unterdessen das Urteil eines Hongkonger Gerichts aufgehoben, das das Vermummungsverbots in der Metropole gekippt hatte. Der Sprecher des Rechtsausschusses des Volkskongresses, Jian Tiewei, sagte am Dienstag der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua, nur der Ständige Ausschuss des Parlaments in Peking könne entscheiden, ob ein Erlass mit dem Grundgesetz Hongkongs übereinstimme.

Keine andere Autorität habe das Recht, solche Urteile zu fällen. Der Sprecher äusserte zudem seine «tiefe Sorge» über die Entscheidung des Gerichts am Vortag, welches die Regierungschefin Carrie Lam «ernsthaft geschwächt» habe. 

Freiheitsstatue auf dem Hongkonger Berg

Hongkongs Regierung hatte das Verbot Anfang Oktober in einem Rückgriff auf fast 100 Jahre alte koloniales Notstandsrecht verfügt. Die Richter stellten gestern klar, dass sie ein Vermummungsverbot nicht grundsätzlich ablehnen würden. Der vorliegende Bann wahre aber kein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den geschützten Rechten der Bürger und den gesellschaftlichen Zielen.

Das 106 Seiten lange Urteil sieht auch das seit 1922 geltende Notstandsrecht aus der britischen Kolonialzeit im Widerspruch zum Grundgesetz, weil es die Regierungschefin Carrie Lam im Falle einer öffentlichen Gefahr zu weitreichenden Vollmachten ermächtige.

Bilder des Tages

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