US-Wahlen Heer von Anwälten bereitet sich auf strittigen Wahlausgang vor

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4.11.2020

KEYSTONE/AP/PATRICK SEMANSKY

Kommt es bei der US-Wahl zu dem erwartet engen Rennen zwischen Trump und Biden, scheint auch ein Rechtsstreit über Sieger und Verlierer programmiert. Längst schon kämpfen Anwälte im ganzen Land um Fristen für die Briefwahl und die Rechtmässigkeit der Auszählung.

Die Wahl in den USA beschäftigt die Gerichte des Landes bereits seit Monaten. Rund 300 Klagen wurden im ganzen Land eingereicht, viele wegen der Neuregelung von Wahlabläufen während der Corona-Pandemie. Doch wenn nach dem Wahltag der Ausgang der Präsidentschaftswahl oder wichtiger Senatsrennen strittig sein sollte, geht es ans Eingemachte. Sowohl Republikaner als auch Demokraten halten Tausende Anwälte bereit, um in einem solchen Fall in die Gerichtssäle des Landes zu marschieren und sicherzustellen, dass Wählerstimmen gezählt werden — oder eben nicht.



Seit der Wahl im Jahr 2000 zwischen George W. Bush und Al Gore, die letztlich der Oberste Gerichtshof der USA entscheiden musste, haben beide Parteien sich intensiv auf die Möglichkeit vorbereitet, dass es wieder zu einem solchen Szenario kommen könnte. Im aufgeheizten Wahlkampf in diesem Jahr, in dem Präsident Donald Trump immer wieder die Briefwahl und das letztliche Ergebnis der Wahl in Frage gestellt hat, scheint es mehr als wahrscheinlich, dass die Gerichte sich mit dem Wahlergebnis befassen werden — es sei denn einer der beiden Kandidaten gewinnt eindeutig.

Schlechte Vorbereitung auf Briefwahlstimmen

Die Briefwahl, die bei dieser US-Wahl so intensiv genutzt wurde wie bei keiner zuvor, dürfte den Anwälten auch unabhängig von Trumps Äusserungen einige Ansatzpunkte bieten. Denn in vielen US-Staaten ist man nur schlecht auf die grosse Zahl der Briefwahlstimmen vorbereitet. In Pennsylvania, dass wie vor vier Jahren die Wahl mitentscheiden wird, werden die Briefwahlstimmen frühestens am Wahltag und in einigen Bezirken auch erst ab dem Tag danach gezählt. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs von Pennsylvania werden alle Briefwahlunterlagen, die nicht in dem mitgelieferten, unbeschrifteten Kuvert eingehen, für ungültig erklärt.

«Gehen mit Anwälten da rein»

«Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie das Zählen und Überprüfen der Briefwahlstimmen in einigen Battleground States wie Pennsylvania funktionieren soll», sagt Edward Foley, Jura-Professor und Wahlrechtsexperte von der Ohio State University.

In Pennsylvania ist die Frist für den Eingang von Briefwahlstimmen der Freitag — anders als in anderen US-Staaten, in denen der Wahltag als Stichtag gilt. Die Republikaner versuchten, diese Regelung zu kippen, was vom US Supreme Court abgelehnt wurde. Doch mehrere konservativ eingestellte Richter zeigten sich offen dafür, das Thema nach der Wahl am Dienstag noch einmal aufzugreifen — besonders wenn es in Pennsylvania wieder ein enges Rennen gibt. Trump machte am Sonntag klar, dass er das vorhat. Sobald die Wahllokale geschlossen seien, «gehen wir mit unseren Anwälten da rein», sagte er.

Streit um Fristen

Auch im ebenfalls umkämpften North Carolina gab es einen Rechtsstreit über die Frist für den Eingang der Briefwahlstimmen. Auch dort ist es so, dass die Republikaner gegen eine längere Frist waren und die Demokraten dafür, denn die Partei von Präsidentschaftskandidat Joe Biden bekommt traditionell mehr Stimmen auf diesem Weg als Trumps Republikaner. Mit knapper Mehrheit gab der Oberste Gerichtshof der USA einer Verlängerung der Frist bis zum 12. November statt - also bis neun Tage nach der Wahl.

Doch es sind nicht nur solche Fristen, die vor Gericht landeten. In Nevada versuchten Trumps Wahlkampfteam und die Republikanische Partei die Zählung von Briefwahlstimmen im Grossraum Las Vegas zu stoppen. Denn: die bevölkerungsreichste Region Nevadas tendiert zu den Demokraten. Die Republikaner kritisierten, dass es in dem betriebsamen Zählzentrum kaum möglich sei, die Unterschriften der Briefwähler zu kontrollieren. Der Zählprozess dort biete eine Möglichkeit, das Ergebnis aus den Briefwahlstimmen in Frage zu stellen, sagte Trump-Anwalt Jesse Binnall vergangene Woche.

In Texas forderten die Republikaner zudem, dass Wahlzettel, die bei einem Drive-in-Wahllokal in Houston abgegeben wurden, nicht gezählt werden. Auch das lehnte der dortige Supreme Court am Sonntag ab, aber der Rechtsstreit ging in die nächste Instanz.

Dass eine solche Fülle an Klagen schon vor dem Wahltag die Gerichte beschäftigt, ist selbst für die USA beispiellos. Dass letztlich die Justiz auch die Wahl selbst entscheiden wird, scheint dadurch immer wahrscheinlicher.

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