Während heute im Zuge der Waffenruhe im Gazastreifen vier weitere Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge freikommen sollen, wird sich laut Israel der am Tag darauf geplante Abzug seiner Armee aus dem Südlibanon verzögern.
Keystone-SDA
25.01.2025, 05:28
SDA
Libanons Armee rücke nicht schnell genug nach, um eine Rückkehr der Hisbollah-Miliz zu verhindern. Vor diesem Hintergrund sprach sich die neue US-Regierung jetzt für eine Verlängerung der zunächst für 60 Tage vereinbarten Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah über die am Sonntag angesetzte Frist hinaus aus. Die Miliz warnte zuvor vor einer Verzögerung des Abzugs der Israelis. Das sei ein Bruch der Vereinbarung.
Derweil forderte Israel das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA erneut auf, seine Arbeit in Jerusalem zum Monatsende einzustellen. UNRWA sei «verpflichtet, seine Tätigkeit in Jerusalem einzustellen und alle Räumlichkeiten, in denen es in der Stadt tätig ist, bis spätestens 30. Januar 2025 zu räumen», forderte der israelische UN-Botschafter Danny Danon in einem Brief an UN-Generalsekretär António Guterres. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Damit könnte es schwierig bis unmöglich für das Hilfswerk werden, die Zivilbevölkerung im verwüsteten Gaza oder im Westjordanland zu versorgen.
UN-Hilfswerk muss Jerusalem verlassen
Israel wirft dem UN-Palästinenserhilfswerk vor, dass einige seiner Mitarbeiter an Terroraktivitäten der Hamas beteiligt gewesen seien. Israel will humanitäre Hilfe für Gaza fortan mittels anderer Organisationen gewährleisten.
Die islamistische Hamas übermittelte Israel unterdessen eine Liste mit den Namen der heute freizulassenden Geiseln, wie das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bestätigte. Es handele sich um Soldatinnen, die seit mehr als 15 Monaten im Gazastreifen festgehalten werden. Im Austausch für die Geiseln sollen am selben Tag wahrscheinlich mehr als 100 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.
Berichte: Freizulassende Geiseln sind Späherinnen
Die Soldatinnen, die heute frei kommen sollen, sind laut Medienberichten Späherinnen. Sie waren neben drei weiteren Späherinnen am 7. Oktober 2023 lebend aus der Militärbasis Nachal Oz entführt worden, als Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen ihren Terrorüberfall in Israel begannen und ein Massaker anrichteten. Eine der entführten Soldatinnen wurde nach 23 Tagen gerettet, eine andere wurde in Gefangenschaft ermordet.
Späherinnen an der Grenze zum Gazastreifen hatten Medienberichten zufolge vor dem Angriff der Hamas immer wieder vergeblich vor verdächtigen Vorgängen in dem Küstenstreifen gewarnt. Bei dem Überfall waren rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln verschleppt worden. Es war der Auslöser des Krieges im Gazastreifen, wo seither laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 47.100 Menschen getötet wurden.
Laut der Waffenruhe-Vereinbarung hätte eigentlich eine noch lebende Zivilistin vor den Soldatinnen zur Freilassung bestimmt werden müssen. Die Frau werde von einer Gruppe des mit der Hamas verbündeten Palästinensischen Islamischen Dschihad gefangen gehalten und habe von der Hamas bislang nicht übernommen werden können, hiess es in Medienberichten. Israels Ministerpräsident Netanjahu habe aber entschieden, wegen dieser eher geringfügigen Verletzung der Waffenruhe-Vereinbarung die heute geplante Geiselfreilassung nicht scheitern zu lassen, berichtete die «Times of Israel».
Rückkehr Vertriebener in den Norden Gazas soll anlaufen
Vergangenes Wochenende hatte die Hamas die erste Geisel-Liste verspätet überreicht und damit den Beginn der sechswöchigen Waffenruhe am Sonntag um Stunden verzögert. Damals kamen drei verschleppte israelische Zivilistinnen frei. Im Austausch entliess Israel 90 Palästinenser aus der Haft. Die Hamas verpflichtete sich laut Medienberichten, Israel heute Informationen über den Zustand der restlichen Geiseln zu liefern. Im Zuge der ersten Phase des Waffenruhe-Abkommens sollen insgesamt 33 Geiseln freikommen. Laut der israelischen Nachrichenseite «ynet» dürften acht von ihnen nicht mehr leben.
Israel wiederum soll laut dem Abkommen ab heute vertriebenen Palästinensern erlauben, zu Fuss aus dem Süden des abgeriegelten Küstenstreifens in ihre Wohnorte im zerstörten Norden zurückzukehren. Zwei US-Sicherheitsfirmen sowie eine dem ägyptischen Geheimdienst angegliederte Sicherheitsfirma sollen laut dem «Wall Street Journal» die Rückkehrer dabei auf Waffen kontrollieren. Die Sicherheitsfirmen sollen dabei am Netzarim-Korridor kontrollieren, der den Gazastreifen südlich von Gaza-Stadt in zwei Hälften teilt.
Wird die Waffenruhe im Libanon verlängert?
Die USA hatten mit Katar und Ägypten monatelang zwischen Israel und Hamas vermittelt, bis schliesslich der Durchbruch für die Waffenruhe gelang. Die USA gehören ausserdem zu einer Gruppe von Ländern, die die Einhaltung der Ende November vereinbarten Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon überwachen soll. Demnach sollte Israels Armee eigentlich bis Sonntag abziehen. Die Hisbollah wiederum soll sich hinter den Litani-Fluss, etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze, zurückziehen. Libanons Armee soll die Einhaltung des Deals überwachen und eine Rückkehr der Miliz verhindern.
Der Libanon habe seinen Teil der Vereinbarung jedoch bisher nicht vollständig umgesetzt, teilte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu mit. Das Abkommen sei so formuliert, dass eine Verlängerung für den Abzug der israelischen Armee möglich sei. Alle Parteien teilten das Ziel, sicherzustellen, dass die Hisbollah das libanesische Volk oder seine Nachbarn nicht weiter bedrohe, sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weissen Hauses der Deutschen Presse-Agentur. Daher sei eine kurze, vorübergehende Verlängerung der Waffenruhe «dringend erforderlich.» Das Weisse Haus arbeite mit den Partnern in der Region zusammen, um eine Verlängerung zu erreichen.
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