Lagebild UkraineFührt Selenskyjs Salamitaktik Kiews Truppen bis zur Krim?
Von Philipp Dahm
31.7.2023
Kiew spricht mit USA über Sicherheitsgarantien
Es geht um konkrete und langfristige Verpflichtungen der USA, um der Ukraine jetzt zu einem Sieg zu verhelfen und danach künftige Aggressionen Moskaus zu verhindern: Die Ukraine will nach Angaben der Präsidialverwaltung in dieser Woche mit den USA die Gespräche über Sicherheitsgarantien vor einem geplanten Nato-Beitritt des Landes beginnen.
31.07.2023
Im Süden der Ukraine haben Kiews Kräfte bei Robotyne die russische Verteidigungslinie erreicht. Am Fluss Mokri Jaly rücken sie Stück für Stück nach Süden vor. Ihr Endziel, die Krim, ist bald erreicht, so der Geheimdienst.
Von Philipp Dahm
31.07.2023, 15:19
31.07.2023, 15:25
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Waffendepots und Brücken gehen in die Luft: Die Ukraine nimmt verstärkt Ziele auf der Krim ins Visier.
In den anderen Frontabschnitten jagt Kiews Artillerie insbesondere andere Artillerie- und Flugabwehrsysteme sowie Systeme für die elektronische Kriegsführung.
Während Kiews Truppen im Süden an der Front bei Robotyne in heftige Kämpfe verwickelt sind, rücken sie am Fluss Mokri Jaly weiter nach Süden vor.
Während russische Truppen die Dörfer an Bachmuts nördlicher Flanke erfolgreich halten, erhöhen ukrainische Kräfte im Süden der Stadt den militärischen Druck.
Russische Angriffe im Norden der Front wurden zurückgedrängt.
Waffenupdate: Licht und Schatten westlicher Waffen.
Viele finden, die ukrainische Gegenoffensive komme zu langsam voran – oder erklären sie schlicht für gescheitert. Doch für die russische Seite läuft es definitiv schlechter.
Die Probleme beginnen nicht erst an der Front. Im Hinterland bemühen sich Kiews Soldaten weiter nach Kräften, die Logistik des Gegners zu stören. Bemerkenswert ist dabei der Storm-Shadow-Angriff auf die Tschonhar-Eisenbahnbrücke am 29. Juli, die eines der drei Nadelöre ist, die neben der Kertsch-Brücke von der Krim aufs Festland führen.
First an update on the #Chonhar (RU: #Chongar) bridge linking #Kherson + #Crimea#Russia's news blackout continues, but there is a low res satellite before/after shot from @hwtnv
It seems there's now a gap in the railway bridge. The white mark north is probably a stopped train. pic.twitter.com/2No2qL5xs2
Besonders ist die Marschflugkörper-Attacke einerseits, weil die russische Armee auf den Nachschub per Bahn auf dieser Strecke angewiesen ist. Zum anderen fällt auf, dass russische Militärblogger über die Unterbrechung der Bahnlinie schweigen. Das Institute for the Study of War vermutet, Moskau verbietet ihnen inzwischen, bestimmte Themen abzuhandeln.
Fokus auf die Krim
Auf der Krim ist es ungemütlich für die Russen. Nicht alleine wegen der Tschonhar-Brücke im Norden der Halbinsel. Nachdem die Kertsch-Brücke am 17. Juli mit unbemannten Kamikazebooten angegriffen worden ist, müssen dort jetzt Abwehrmassnahmen gegen USV – Unmanned Surface Vehicle – ergriffen werden.
Tatsächlich hat der Angriff auf die Kertsch-Brücke eher eine «politische und psychologische Bedeutung», erklärt der ukrainische Kommandeur Jevhen Djkji. Weil nur die Autoverbindung getroffen, müsste mit Blick auf den russischen Nachschub nachgelegt werden. «Die Krim-Brücke muss noch bearbeitet werden. Wir müssen insbesondere auf die Bahnlinie zielen.»
Von «grösserer Bedeutung» seien aber die Waffendepots auf der Krim: «Wir haben alleine in der Vorwoche vier solcher Depots ausgeschaltet, und das sollte die Lage an der Front direkt beeinflussen», sagt der 49-Jährige am 6. Juli. Der Chef des Militärnachrichtendienstes erhöht den Druck weiter: Laut Kyrylo Budanow würden Kiews Kräfte «bald» auf die Krim vordringen.
Wundertüte Antoniwka-Brückenkopf
Bevor ukrainische Soldaten die Halbinsel zurückerobern, müssen sie jedoch zunächst die russische Verteidigung im Süden überwinden. Im Oblast Cherson haben sie dafür einen Brückenkopf auf der linken, östlichen Seite des Dnjepr errichtet, den der Gegner bis heute nicht zerstören konnte.
Allein: Was Kiews Spezialkräfte dort treiben, ist unbekannt. Es gibt keine Neuigkeiten aus dem Gebiet. Es wird wohl erst später öffentlich werden, wie dort vorgegangen worden ist. Weiter nordöstlich an der Front ist das nicht der Fall: Dort toben schwere Kämpfe um das Dorf Robotyne.
Warum das so ist, zeigt ein Blick auf die obige Karte: Die ukrainische Armee erreicht bei Robotyne erstmals die russischen Verteidigungslinien. Bunker, Schützengräben, Minen und Infanterie- und Artilleriefeuer fordern ihren Tribut. Da helfen mitunter auch westliche Waffen nicht.
Destroyed Ukrainian M2A2 Bradley ODS-SA IFV with BRAT protection kit in Robotyne area. pic.twitter.com/IRoQqk3w9E
Ukrainer rücken am Fluss Mokri Jaly nach Süden vor
Weiter östlich arbeiten sich Kiews Streitkräfte von Welyka Nowosilka am Fluss Mokri Jaly weiter von Norden nach Süden vor. Nach der Eroberung von Staromajorske muss nun die Siedlung Urozhaine eingenommen werden, die auf der östlichen Seite des Mokri Jaly liegt.
Um nicht eingeschlossen zu werden, müssen sich die russischen Truppen bald aus Urozhaine zurückziehen, analysiert Reporting from Ukraine. Anschliessend wird die ukrainische Armee die weiteren Städte am Fluss nicht direkt angreifen, sondern die Gebiete westlich und östlich besetzen, um den Besatzern aus der erhöhten Lage das Leben schwer zu machen.
Videos aus Social Media verstärken dabei den Eindruck, dass Kiews Truppen mit Artillerie und Drohnen gezielt gegnerische Artillerie- und Flugabwehrsysteme jagen, aber auch Systeme zur elektronischen Kriegsführung stehen offenbar hoch im Kurs.
Outside of Novopetrykivka, on the Velyka Novosilka axis, Ukrainian forces conducted a drone-spotted strike on a good portion of a Russian Buk-M2 battery, destroying a 9A316 TEL and 9S36-1 TAR. pic.twitter.com/gJ6t7fIuQy
Bachmut: Im Norden läuft's bei Moskau, im Süden bei Kiew
Um Bachmut herum wehrt sich die russische Armee verzweifelt dagegen, die Siedlungen an den Flanken der Stadt zu verlieren. Im Norden ist sie dabei sehr erfolgreich: Mit Blick auf die Siedlungen Berchiwka und Yahidne sind die ukrainischen Streitkräfte seit Wochen nicht weitergekommen.
BAKHMUT AXIS /1940 UTC 30 JUL/ UKR remains in contact across the rail right-of-way at Klischiivka. The line of contact is assessed to conform to the rail line S to Andriivka, where UKR forces captured troops from Russia’s 83rd Guards Airborne Assault Brigade. pic.twitter.com/Cvyzz3JlbY
Im Süden von Bachmut stehen dagegen die russisch besetzten Siedlungen Klischtschijwka, Andriivka und Kurdjumiwka unter schwerem Druck der ukrainischen Armee. Obwohl die Verteidiger in ungünstiger Position kämpfen, führt Moskau Mensch und Material nach – im Fall einer thermobarischen TOS-1-Artillerie mit fatalen Folgen, wie ein Video zeigt.
Im Norden der Front konnte die ukrainische Seite die russische Armee nach ihrer erfolgreichen Offensive wieder zurückdrängen. Dennoch bleibt der Kreml dran: Genau genommen stehen die Truppen keine zwei Kilometer vor dem Dorf Torske oder ganz im Norden nur gut acht Kilometer vor der Schlüsselstadt Kupjansk.
Waffenupdate
Die ukrainischen Streitkräfte setzen vermehrt Material ein, das der Westen geliefert hat. So ist nun erstmals der polnische Schützenpanzer Rosomak in der Ukraine gefilmt worden, der mit dem Stridsvagn 122 und dem CV 90 unterwegs ist, der auch im Schweizer Arsenal steht.
Swedish Stridsvagn 122 (Leopard 2A5 modification), CV9040C IFV and a Polish supplied Rosomak APC somewhere in Ukraine. pic.twitter.com/cCfU236nkx
Apropos CV 90: Russland hat ein erbeutetes Exemplar des schwedischen Panzers präsentiert. Russischen Quellen zufolge wurde es bei Kreminna im nördlichen Frontabschnitt erobert. Demnach wurde das CV 90 von einer Panzerabwehrrakete getroffen, die den Kommandeur getötet haben soll. Die restliche Besatzung sei daraufhin geflohen.
Images have been released showing what appears a Swedish CV9040C IFV equipped with a 40mm Bofers Autocannon and the “Barracuda” Camouflage Kit having been Captured by Russian Forces near the City of Kreminna; this is the 1st Visually Confirmed Loss of a CV9040C during the War. pic.twitter.com/e4FVwMwSgK
Klar ist: Westliche Panzer sind nicht unbesiegbar. Umso wichtiger ist die Reparatur beschädigter Fahrzeuge, die nun aber in die Gänge kommt: Laut «Forbes» läuft die Kooperation zwischen der Ukraine und Polen nun besser, wenn es um die Wartung der Leopard 2 geht. Nach einem Kompromiss zwischen Berlin und Warschau stehe der Arbeit an Kiews Panzern nichts mehr im Weg.
Two more Ukrainian Leopard 2A4 tanks arrived at Bumar-Łabędy plant in Poland for repairs.
Currently, at least 4 Leopard 2A4s are under repair and maintenance in Poland.
Rheinmetall plans to open Leopard service center directly in Ukraine in a few weeks. pic.twitter.com/fXhEzDRrA2