Neue Plage Bettwanzen-Panik hat Paris fest im Griff

dpa/mmi

4.10.2023 - 20:04

ARCHIV - 07.11.2016, Sachsen, Dresden: Eine Bettwanze (Cimex lectularius), aufgenommen am Biologischen Institut der Technische Universität (TU) Dresden (angewandte Zoologie), aufgenommen am 07.11.2016 in Dresden (Sachsen). Inmitten der Aufregung um Bettwanzen in Frankreich hat Gesundheitsminister Rousseau zu beschwichtigen versucht. «Ich denke, dass es keinen Grund zu allgemeiner Panik gibt». Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Arno Burgi)
Bild: Keystone

Bettwanzen haben in Frankreich Aufregung ausgelöst. Sobald irgendwo etwas krabbelt, zücken die Menschen das Handy, fotografieren und fragen sich: Ist das eine Wanze? Nun schaltet sich die Regierung ein. 

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  • Die Bettwanze galt vor einigen Jahrzehnten als so gut wie ausgerottet – aus Frankreich war sie seit den 1950er Jahren verschwunden.
  • Berichte inklusive Fotos von Betroffenen sorgen jüngst für Aufregung bei den Einwohnern von Paris.
  • Die blutsaugenden Insekten sind offenbar nicht nur in Wohnungen und Hotels, sondern auch in Zügen und in der Pariser Metro zuletzt nachgewiesen worden. 
  • Nun schaltet sich die Politik ein – nicht zuletzt mit Hinblick auf die Olympischen Spiele, die im kommenden Sommer in der französischen Hauptstadt ausgetragen werden.

Sie sind klein und beissen und sind schwer wieder loszuwerden – und seit vergangenem Wochenende sind sie plötzlich das grosse Gesprächsthema in Frankreich. So sehr, dass sich sogar die Regierung damit beschäftigt.

Die Bettwanzen. 

Wanzenvideos verbreiten sich rasant

Los ging alles noch in den Sommerferien, als es Aufregung um Wanzen in einem Pariser Kino gab. Nachdem eine Besucherin der Zeitung «Le Parisien» schilderte, wie sie mit dem Rücken voller Bisse aus dem Saal kam, sah sich die Kinokette UGC zu einer Entschuldigung veranlasst.

Die Wanzen kämen überall vor, wo sich Menschen aufhielten, und man bekämpfe sie. Heisser Wasserdampf werde eingesetzt, ein auf die Insekten spezialisierter Hund inspiziere im Anschluss die Säle, hiess es.

Berichte über das unangenehme Thema einschliesslich Fotos von Wanzen unter dem Vergrösserungsglas haben Teile der Bevölkerung, wie es scheint, nun zu wahren Bettwanzendetektiven werden lassen.

Über die sozialen Medien werden vermeintliche Wanzen gemeldet, wackelige Videobilder inklusive. «10 oder 15 Minuten vor der Ankunft in Lille-Flandres bemerkte ich einen kleinen Käfer, der ein wenig auf dem Sitz herumlief», schilderte Passagierin Irina dem Sender BFMTV ihre Fahrt im Hochgeschwindigkeitszug TGV. «Ich fragte mich, ob es vielleicht eine Bettwanze war. Ich habe es gefilmt und an zwei Freunde geschickt, die mir das bestätigt haben.» Auch aus einem Zug von Marseille nach Paris postete ein junger Passagier eine mutmassliche Wanze.

Die millionenfach angeklickten Wanzenvideos haben die Staatsbahn SNCF auf den Plan gerufen. In den letzten Monaten habe es keine bestätigte Präsenz von Bettwanzen in den TGV-Zügen gegeben, hiess es. «Dies ist ein Risiko, bei dem wir besonders wachsam sind, wir nehmen jede Meldung ernst und es wird kein Risiko eingegangen», teilte die SNCF mit. Die Züge würden mit Blick auf Insekten konsequent desinfiziert.

Metro ausser Betrieb genommen

Am vergangenen Mittwoch dann gab es eine Wanzenmeldung quasi aus der Herzkammer des Hauptstadtlebens, der Pariser Metro. Ein Fahrer der Linie 8 war sich sicher, einen der Parasiten in der Fahrerkabine entdeckt zu haben. Die Verkehrsbetriebe RATP meldeten, die Bahn sei ausser Betrieb genommen worden, weder in dem Zug noch anderen Verkehrsmitteln habe man aber tatsächlich eine Wanze ausfindig gemacht. Längst aber hatten sich die Stadtverwaltung, die Gewerkschaft und Politiker eingeschaltet.

«Der Staat muss dringend alle betroffenen Akteure zusammenbringen, um einen Aktionsplan zu entfalten, der dieser Plage gewachsen ist, während sich ganz Frankreich darauf vorbereitet, 2024 die Olympischen und Paralympischen Spiele auszurichten», schrieb der erste Stellvertreter der Pariser Bürgermeisterin, Emmanuel Grégoire, an Premierministerin Élisabeth Borne. Angesichts der Wanzen brauche man nicht in eine Psychose zu verfallen, man müsse sich dem Problem aber stellen, sagte der Lokalpolitiker in einem TV-Interview.

In Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel nahm Verkehrsminister Clément Beaune sich am Freitag des Wanzenthemas an. Er werde in der nächsten Woche mit den Verkehrsbetrieben über die getroffenen Massnahmen im Dienste der Reisenden beraten, teilte Beaune mit. Es gehe darum, die Menschen zu beruhigen und zu schützen.

Sogar Frankreichs Gesundheitsminister versucht zu beruhigen

Auch Frankreichs Gesundheitsminister Aurélien Rousseau hat inmitten der Aufregung um die Bettwanzen zu beschwichtigen versucht. «Ich denke, dass es keinen Grund zu allgemeiner Panik gibt», sagte der Minister am Dienstag im Sender France Inter. «Wir werden nicht von Bettwanzen überflutet.» Gleichzeitig betonte er: «Wenn Sie Bettwanzen haben, ist das die Hölle.»

Im Hotel Ausschau nach Wanzen halten

Die Wanzen saugen Blut und leben in bewohnten, geschlossenen Räumen. Sie verstecken sich etwa in Betten, in Möbelfugen oder Ritzen. Sie werden zum Beispiel im Gepäck an andere Orte gebracht, aber auch durch getragene Kleidung. Ihr Biss kann starken Juckreiz verursachen. Experten empfehlen, in Hotelbetten vorab nach Wanzen Ausschau zu halten und Gepäck und Kleidung bei der Rückkehr zu Hause in der Dusche auszuschütteln.

dpa/mmi