Entsetzen und Solidarität Corona-Leugner ziehen mit Fackeln vor Haus von sächsischer Ministerin

dpa/afp/toko

4.12.2021 - 14:54

Nach Angaben der Polizei Angaben zufolge versammelten sich etwa 30 Menschen laut rufend mit Fackeln und Plakaten vor dem Haus in Grimma.
Nach Angaben der Polizei Angaben zufolge versammelten sich etwa 30 Menschen laut rufend mit Fackeln und Plakaten vor dem Haus in Grimma.
Matthias Rietschel/dpa

Im deutschen Bundesland Sachsen ziehen 30 Gegner der Corona-Massnahmen am Abend mit Fackeln vor das Privathaus der Gesundheitsministerin des Landes. Die Spitze ihrer Partei zeigt sich empört – und sichert Köpping Solidarität zu.

Gegner der Corona-Politik haben am Freitagabend vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping protestiert. Das teilte eine Sprecherin der Polizei mit.

Ihren Angaben zufolge versammelten sich etwa 30 Menschen laut rufend mit Fackeln und Plakaten vor dem Haus in Grimma. Als die Polizei eintraf, seien die Menschen in mehreren Fahrzeugen geflüchtet. 15 Autos wurden demnach von der Polizei angehalten, die Identitäten von 25 Menschen wurden festgestellt.

Anzeige erstattet

Die Polizei erstattete Anzeige wegen des Verstosses gegen das Versammlungsgesetz und prüft Verstösse gegen die Corona-Verordnung. Wegen der dramatischen Pandemie-Lage sind gemäss der sächsischen Corona-Notfallverordnung in dem Bundesland derzeit nur Versammlungen mit höchstens zehn Menschen erlaubt – und nur an einem festen Ort.

Die SPD Sachsen sowie die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verurteilten den Protest vor Köppings Haus. Esken schrieb auf Twitter: «Auch wenn die paar Hansel da versuchen, Angst und Schrecken zu verbreiten: die Vernunftbegabten und Verantwortungsbereiten sind die grosse Mehrheit, und die steht an Deiner Seite!»

Walter-Borjans twitterte: «Was sich gestern vor dem Haus von Petra @Koepping zugetragen hat, hat mit mit Sorge und Freiheitsdrang nichts zu tun. Das ist in Art und Auftritt faschistoid.» Weiter schrieb er: «Spätestens jetzt müssen auch alle, in deren Namen dieser Mob zu handeln behauptet, sich klar gegen die abgrenzen, die an den Grundfesten unserer Demokratie rütteln. Es sind schon lange nicht mehr die Anfänge, derer wir uns erwehren müssen.»

Am Freitagabend hatte es in mehreren sächsischen Orten Proteste gegen den Corona-Kurs gegeben. Die Polizei in Dresden bereitet sich auf einen Grosseinsatz vor. Am Montag wird vor dem Landtag eine Demonstration gegen die Corona-Massnahmen erwartet. Die Polizei kündigte eine «härtere Gangart» an. Zuletzt war sie in die Kritik geraten, weil Aufmärsche von Corona-Leugnern trotz Polizeipräsenz nahezu unbehelligt stattfinden konnten.

Klingbeil verspricht Solidarität

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat die Fackel-Demonstration vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping scharf verurteilt. Die Grenzen der Meinungsfreiheit seien hier überschritten worden, sagte er auf einem Parteitag in Berlin. Es könne nicht sein, dass Politiker bedroht würden und sich «rechte Verschwörer und Schwurbler» mit Fackeln vor dem Haus einer Ministerin versammelten. «Das braucht eine Antwort in der vollen Härte des Rechtsstaats, es braucht einen Widerspruch der Anständigen in diesem Land», betonte Klingbeil. Köpping versicherte er: «Wir stehen alle an deiner Seite.»

Köpping selbst schrieb bei Instagram, sachliche Kritik an den Corona-Massnahmen sei «völlig legitim» und sie sei auch «immer gesprächsbereit». «Fackel-Proteste vor meinem Haus sind aber widerwärtig und unanständig.»

Die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping muss sich mit einem Fackel-Mob auseinandersetzen.
Die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping muss sich mit einem Fackel-Mob auseinandersetzen.
dpa (Archivbild)

Kretschmann: SA-Methoden

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Proteste vor dem Wohnhaus von Köpping scharf verurteilt. «Das sind Methoden, die hat die SA erfunden», kritisierte Kretschmann beim Grünen-Landesparteitag in Heidenheim in Erinnerung an die Kampforganisation der NSDAP.

Epidemische Lage

Der Landtag will am Montag über die Feststellung der epidemischen Lage im Freistaat entscheiden. Damit will die Regierung Rechtssicherheit für eine Fortsetzung bestehender Schutzmassnahmen und ihre mögliche Erweiterung erlangen. Die aktuelle Notfallverordnung gilt bis 12. Dezember. Sie schreibt bereits stärkere Einschränkungen als in vielen anderen Bundesländern vor. Sachsen ist von der vierten Welle der Pandemie besonders hart getroffen.

dpa/afp/toko