Friedensnobelpreisträger Sowjetischer Ex-Präsident Michail Gorbatschow ist tot

dpa

31.8.2022 - 04:54

Sowjet-Präsidenten Gorbatschow ist Tod

Sowjet-Präsidenten Gorbatschow ist Tod

Der Friedensnobelpreisträger starb nach Angaben mehrerer russischer Medien im Alter von 91 Jahren in einem Krankenhaus in Moskau.

31.08.2022

Bis zuletzt kämpfte er für demokratische Freiheiten in Russland – nun ist Michail Gorbatschow mit 91 Jahren gestorben. Politiker und Politikerinnen weltweit würden seine Leistungen. Unklar ist, welche internationalen Gäste bei der Beerdigung in Moskau dabei sein können.

Er galt als Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges: Nun ist der russische Friedensnobelpreisträger und ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow nach schwerer und langer Krankheit am Dienstagabend im Alter von 91 Jahren in Moskau gestorben. Das teilte das Zentrale klinische Krankenhaus (ZKB) der russischen Hauptstadt mit.

Weltweit trauerten Politiker und Politikerinnen um Gorbatschow und erinnerten an sein Vermächtnis. Welche internationalen Gäste angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der Sanktionen der EU und der USA gegen das Land zur Beerdigung nach Moskau kommen können, ist allerdings völlig unklar.

Der ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, am Rande einer Pressekonferenz.
Der ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, am Rande einer Pressekonferenz.
picture alliance / dpa

Gorbatschow, der in den vergangenen Jahren immer wieder im Krankenhaus behandelt werden musste, wurde weltweit geschätzt: Unter seiner Führung hatte die Sowjetunion in den 1980er Jahren mit den USA wegweisende Verträge zur atomaren Abrüstung und Rüstungskontrolle geschlossen. In seiner Heimat hatte Gorbatschow als Generalsekretär der Kommunistischen Partei mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) einen beispiellosen Reformprozess eingeleitet.

Friedensnobelpreis

Das brachte den Menschen in dem totalitären System bis dahin nie da gewesene Freiheiten. 1990 erhielt Gorbatschow für seine mutigen Reformen den Friedensnobelpreis. Der politische Prozess führte letztlich zu einem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums.

Besonders die Ostdeutschen verehren «Gorbi», wie sie ihn nennen, bis heute als Staatsmann, der ihnen vor mehr als drei Jahrzehnten die Freiheit brachte. Ein Grossteil der russischen Bevölkerung sah den früheren Partei- und Staatschef allerdings stets als Totengräber der Sowjetunion – und als einen Politiker ohne Machtinstinkt. Gorbatschow trat als Präsident der Sowjetunion 1991 zurück, bevor sich der Staat wenig später selbst auflöste. Bis zu seinem Tod machte sich Gorbatschow um seine eigene politische Stiftung in Moskau verdient. Die Organisation setzt sich für demokratische Werte und eine Annäherung Russlands an den Westen ein. Ausserdem schrieb er zahlreiche Bücher.

Der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow (Mitte) hält ein Glas Wodka bei seiner Abschiedsfeier im Oktjabrskaja-Hotel am 26. Dezember 1991.
Der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow (Mitte) hält ein Glas Wodka bei seiner Abschiedsfeier im Oktjabrskaja-Hotel am 26. Dezember 1991.
Alexander Zemlianichenko/AP/dpa/Archiv

Der Politiker war Miteigentümer der kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta», die immer wieder Missstände in Russland aufdeckt. Gorbatschow hatte in den vergangenen Jahren Kremlchef Wladimir Putin mehrfach aufgefordert, die Freiheit der Medien und Wahlen nicht weiter einzuschränken.

Politiker würdigen Gorbatschow

Gorbatschows Tod löste bei vielen Politikern Trauer aus. Auch der russische Präsident Wladimir Putin äusserte nach Angaben eines Sprechers sein tiefes Mitgefühl. Putin werde der Familie am Mittwochmorgen ein Telegramm schicken, kündigte Kremlsprecher Dmitri Peskow an.

US-Präsident Joe Biden kondolierte Gorbatschows Familie und Freunden und erklärte: «Michail Gorbatschow war ein Mann mit einer bemerkenswerten Vision.» Er habe sich in der Sowjetunion nach Jahrzehnten brutaler politischer Unterdrückung für demokratische Reformen eingesetzt. «Dies waren die Taten einer ausserordentlichen Führungspersönlichkeit – einer, die die Vorstellungskraft besass, eine andere Zukunft für möglich zu halten, und den Mut hatte, ihre gesamte Karriere zu riskieren, um dies zu erreichen. Das Ergebnis war eine sicherere Welt und grössere Freiheit für Millionen von Menschen.»

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte die Bedeutung Gorbatschows für Europa heraus. «Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs», schrieb von der Leyen auf Twitter. Sie bezeichnete Gorbatschow als Führungspersönlichkeit, die zuverlässig und geachtet gewesen sei. «Er ebnete den Weg für ein freies Europa. Dieses Vermächtnis werden wir nie vergessen.»

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich «zutiefst traurig». Gorbatschow sei ein «einzigartiger Staatsmann» gewesen, der den Lauf der Geschichte verändert habe, liess Guterres mitteilen. «Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden.»

Michail Gorbatschow (rechts) bei einem Treffen im Jahr 1985 mit US-Präsident Ronald Reagan in Genf.
Michail Gorbatschow (rechts) bei einem Treffen im Jahr 1985 mit US-Präsident Ronald Reagan in Genf.
Keystone

Der britische Premierminister Boris Johnson würdigte das historische Erbe Gorbatschows. «Ich habe immer den Mut und die Integrität bewundert, die er gezeigt hat, indem er den Kalten Krieg zu einem friedlichen Ende brachte», schrieb Johnson auf Twitter. Der französische Präsident Emmanuel Macron würdigte Gorbatschow als «Mann des Friedens». Seine Entscheidung habe den Russen «einen Weg der Freiheit» geöffnet, schrieb Macron auf Twitter. «Sein Engagement für den Frieden in Europa hat unsere gemeinsame Geschichte verändert.»

Grab neben Ehefrau

Beerdigt wird Gorbatschow in Moskau auf dem Neujungfrauenfriedhof für Prominente – neben seiner Frau Raissa. Das hatte der Staatsmann schon lange vor seinem Tod geregelt. Welche internationalen Gäste zur Beerdigung kommen werden, ist jedoch ungewiss. So sind nicht nur viele ranghohe Politiker der EU von russischer Seite als Reaktion auf die westlichen Sanktionen mit Einreiseverboten belegt worden. Gesperrt ist auch der Luftraum in Russland für «unfreundliche EU-Staaten».

Der damalige sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow und seine Gattin Raissa Gorbatschowa (links) bei einem Treffen mit der isländischen Präsidentin Vigdis Finnbogadottir im Höfdi-Haus.
Der damalige sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow und seine Gattin Raissa Gorbatschowa (links) bei einem Treffen mit der isländischen Präsidentin Vigdis Finnbogadottir im Höfdi-Haus.
Martin Athenstädt/dpa

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