Lagebild Ukraine «Es gibt hier viel mehr Russen, als wir Munition haben»

Von Philipp Dahm

5.3.2023

Moskau lässt die Muskeln spielen

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Wladiwostok, Russland Russische U-Boote üben im japanischen Meer Auch weitere Schiffe, Flugzeuge und Drohnen beteiligt Dabei wurden Marschflugkörper abgefeuert Diese werden auch im Ukraine-Konflikt eingesetzt Russland streitet seit Jahrzehnten mit Japan Dabei geht es um Inselgruppe im Pazifik.

05.03.2023

Gesprengte Brücken und geschwächte Flanken: Die ukrainische Armee zieht sich offenbar kontrolliert aus Bachmut zurück – und fügt dem russischen Angreifer weiter schwere Verluste zu.

Von Philipp Dahm

In Bachmut wird «rund um die Uhr» gekämpft, berichtet der Vize-Chef der ukrainischen Nationalgarde. «Wir brauchen so viel Munition wie möglich», unterstreicht Volodymyr Nazarenko. «Es gibt hier viel mehr Russen, als wir Munition haben.»

Auch wenn sich die russische Schlinge um Bachmut schliesst, scheint die Kampfmoral der Verteidiger ungebrochen. «Wir halten, was wir halten können», sagt Soldat Jurij im unten stehenden Video stellvertretend. «Und was wir nicht halten können, halten wir auch.» 

«Wir halten aus», bestätigt sein Kamerad. «Wir schlagen sie.» Dabei gibt es einen Unterschied zu den vorherigen Wochen: «Es sind keine Sträflinge. Es ist die reguläre russische Armee, das sind Fallschirmjäger.» Sie greifen in Zehnergruppen an, sagt der Ukrainer. Ist ihre Taktik besser? «Sie sind vielleicht weniger waghalsig und dumm.»

Kontrollierter Rückzug aus Bachmut

Doch eine hohe Moral reicht nicht aus, wenn die Zahl der Gegner so hoch ist. Die ukrainische Armee hat den Ostteil von Bachmut aufgegeben, der vom Bachmutske vom Rest der Stadt: Eine Auto- und eine Eisenbahnbrücke über den Fluss wurden gesprengt.

Doch viel wichtiger ist die Verteidigung nach Norden und Süden, um eine Umschliessung zu verhindern. Die ukrainische Armee hat deshalb Elite-Truppen herangeführt, die weitere Vorstösse der Russen unterbunden haben und einen weiteren geordneten Rückzug überhaupt erst ermöglichen.

Ukrainische Verteidigungslinien in Bachmut.
Ukrainische Verteidigungslinien in Bachmut.

Was würde der Fall von Bachmut bedeuten? Die russische Armee gewinnt einen kleinen Verkehrsknotenpunkt, doch bis nach Kramatorsk und Slowjansk sind es 30 und 35 Kilometer. Die Schlüsselstädte liegen erhöht, mehrere Dörfer, Flüsse und Seen machen ein Fortkommen hinter Bachmut militärisch mehr als beschwerlich.

Wuhledar: Verlustrate von 1:7

Die mögliche Eroberung der Stadt ist für Wladimir Putin ein Pyrrhussieg. Was die Armee hier in sieben Monaten erreicht hat, ist «eigentlich nicht verhältnismässig», beurteilt Ex-Militär Erhard Bühler in seinem Podcast «Was tun, Herr General?» die Lage: «Die Bedeutung von Bachmut war von Anfang an überschätzt.»

Unverhältnismässig geht es nach Meinung des früheren deutschen Generalleutnants auch in Wuhledar zu und her: Bühler schätzt, dass die Verlustrate derzeit 1:7 zu Ungunsten der Russen beträgt. Während es dort aktuell ruhig zu sein scheint, greifen russische Kräfte Podjeda an, das nur 20 Kilometer südlich von Wuhledar entfernt liegt.

Wuhledar (unten Mitte) ist nur 20 Kilometer von Pobjeda im Süden entfernt, das im russischen Fokus steht.
Wuhledar (unten Mitte) ist nur 20 Kilometer von Pobjeda im Süden entfernt, das im russischen Fokus steht.
Karte: Militaryland

Am nördlichen Frontabschnitt stehen russische Truppen in den Dörfern Vilshana und Lyman Pershyi, doch auch wenn die nur zehn Kilometer entfernt sind, sieht die ukrainische Seite Kupjansk nicht bedroht. Um Kreminn und Swatowe herum kommt es immer wieder zu Gefechten, meldet weiterhin das Washingtoner Institute for the Study of War.

Waffen-Update

Die bereits angesprochene Knappheit von Munition ist ein dringendes Problem: Der ukrainische Verteidigungsminister hat die EU angeblich in einem Brief darum gebeten, sein Land monatlich mit 250'000 Granaten zu versorgen. Laut Olexij Resnikow könnten derzeit nur 20 Prozent der Artillerie genutzt werden, weil es an Nachschub fehlt.

Demnach verschiessen Kiews Kräfte monatlich 110'000 155-Millimeter-Geschosse, was einem Viertel des russischen Verbrauchs entsprechen soll. Die Artillerie spiele eine «kritische Rolle bei der Zerstörung der militärischen Kraft des Feindes», betont Resnikow. Maximal könnten 594'000 Granaten verschossen werden.

Der Nato-Oberbefehlshaber in Europa schätzt laut «Spiegel», dass der Kreml in dem Krieg mehr als 2000 grosser Panzer verloren hat. Mehr als 200'000 Soldatinnen und Soldaten sowie über 1800 Kader sollen getötet oder verletzt worden sein, so General Christopher Cavoli. Russland Armee verschiesse täglich 23'000 Artilleriegeschosse.

Für Aufsehen hat die Ankündigung von Rheinmetall gesorgt, über den Bau einer Panzerfabrik in der Ukraine zu verhandeln. Sie soll den neuesten westlichen Kampfpanzer produzieren, den es bis dato nur als Prototyp gibt: den Panther. Die 200 Millionen Euro teure Fabrik könne mit Flugabwehr geschützt werden, tönt CEO Armin Papperger.