Lagebild Ukraine Die Front «könnte kollabieren», warnt eine Expertin

Von Philipp Dahm

28.11.2024

Neue russische Rakete: Nato-Staaten sichern Ukraine Hilfe zu

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27.11.2024

Weil Wladimir Putin bis zum 20. Januar Fakten schaffen will, ächzt Kiew unter dem militärischen Druck an allen Fronten. Im Donbass könnte diese zusammenbrechen, warnt eine Expertin. Das liege auch am Kursk-Angriff.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Europa will sich mit Blick auf Donald Trumps Amtsantritt im Weissen Haus am 20. Januar mehr engagieren.
  • Wladimir Putin will bis dahin möglichst viel Gebiet einnehmen und Kursk vom Gegner befreien. Er kommt derzeit gut voran.
  • Eine Expertin warnt, dass die Front im Donbass «kollabieren könnte».
  • Die Russen nehmen mit einer veränderten Infanterie-Taktik Gebiete ein.
  • «Taktische Brillanz» oder «strategische Katastrophe»? 40 Prozent der eroberten Gebiete in Kursk hat Kiew schon wieder verloren.

Natürlich gibt es mit Blick auf den Krieg in der Ukraine auch positive Zeichen. Etwa auf politischer Ebene: Nach einem Treffen der Verteidigungsminister von Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Spanien und Polen am 25. November in Berlin bekunden die Europäer, mehr für Kiew tun zu wollen.

Man wolle Wolodymyr Selenskyj für kommende Verhandlungen in eine Position der Stärke versetzen, verspricht SPD-Mann Boris Pistorius. Oslo plant derweil, die norwegische Hilfe für die Ukraine im kommenden Jahr auf knapp 2,4 Milliarden Franken zu erhöhen. 

Es gibt auch neuen Waffen-Nachschub. Tschechien will auch 2025 Artillerie-Munition für Kiew einkaufen, aus Deutschland sollen noch in diesem Jahr zwei Iris-T-Flugabwehrsysteme in der Ukraine eintreffen – und sogar die Marine wird mit einem Minenjagdboot verstärkt, das die Niederlande ausmustern.

Putins Armee «schleift» sich durch die Front

Doch in Wahrheit herrscht Ungewissheit, was die Zukunft bringt, wenn Donald Trump am 20. Januar ins Weisse Haus einzieht: Fest steht nur, dass dieses Datum für Wladimir Putin die Deadline ist, um die Front möglichst weit nach Westen zu verschieben. Und das bekommt Kiew zu spüren. In Kursk, im Donbass und auch im Süden.

Die Front im Westen von Luhansk: Es knallt (von Nord nach Süd) in Kupjansk, Torske, Siwersk, Tschassiw Jar (westlich von Bachmut) und Torezk.
Die Front im Westen von Luhansk: Es knallt (von Nord nach Süd) in Kupjansk, Torske, Siwersk, Tschassiw Jar (westlich von Bachmut) und Torezk.

Unbeirrt von Verlusten rückt die russische Armee vor: Sie legt «kraftvolle Klauen» um einzelne Gebiete und «schleift» sich durch die Verteidigungslinien, bis diese zusammenbrechen, erklärt Oberst Jevgeni Sasjko der BBC. Die Militärexpertin Marina Miron vom Londoner King's College warnt sogar, dass die Front im Osten der Ukraine «tatsächlich kollabieren könnte».

Während Moskau den Oblast Luhansk bereits zu 99 Prozent besetzt hat, wurden in Donezk erst 66 Prozent erobert, weiss das Institute for the Study of War (ISW). 8000 Quadratkilometer müssen Putins Kräfte noch einnehmen.

Russlands neue Taktik – und das ukrainische Gegenmittel

Die Russen setzen dabei aktuell auf eine neue Taktik: Infanterie fährt in ein Gebiet, setzt ab, zerstreut sich in alle Richtungen und sucht Deckung. Drohnen und Artillerie töten zwar viele Angreifer, doch nach und nach sammeln sich so Truppen.

The 24th Mechanized Brigade successfully repelled a large mechanized Russian assault near the canal in Chasiv Yar, destroying 7 BMD-4s in the process. Most vehicles were eliminated through remote mining.

[image or embed]

— NOELREPORTS (@noelreports.com) 27. November 2024 um 11:08

Die ukrainischen Gegner bekämpfen diese wiederum mit Kommandos, die gut getarnt und mit Nachtsichtgeräten bewaffnet überraschend in diese Deckung einfallen und die Russen ausschalten. Dass die entsprechenden Videos hier nicht gezeigt werden können, liegt auf der Hand.

Der massive russische Einsatz von Mensch und Material zeigt dennoch Wirkung. Besonders in Kursk zahlt sich der Einsatz aus: 40 Prozent des Gebiets, das die ukrainische Armee in Russland eingenommen hat, sind schon wieder verloren worden.

Kursk: «Taktische Brillanz» oder «strategische Katastrophe»?

Putin will unbedingt vermeiden, dass dort Ende Januar noch gegnerische Truppen stehen, die Kursk zum Faustpfand in einem etwaigen Friedenspoker machen würden. Militärexpertin Marina Miron sieht den Kursk-Vorstoss denn auch mit gemischten Gefühlen.

Lage in Kursk am 26. November.
Lage in Kursk am 26. November.
ISW

Der Einmarsch in Russland sei einerseits ein Moment von «taktischer Brillanz», der andererseits eine «strategische Katastrophe» für Kiew werden könnte.

Die Idee dahinter sei zwar, politische Verhandlungsmasse zu gewinnen, aber auch, die Front im Donbass zu entlasten, weil Moskau Truppen abziehe. «Was wir stattdessen sehen, ist, dass die ukrainischen Einheiten dort gebunden sind.»


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