Fragen und Antworten Darum geht's beim Machtkampf im Sudan

mmi

18.4.2023

Kämpfe im Sudan: EU-Botschafter in Khartum angegriffen

Kämpfe im Sudan: EU-Botschafter in Khartum angegriffen

Der Sudan wird seit Samstag von heftigen Kämpfen erschüttert. Bei den Gefechten zwischen der Armee und der Miliz RSF im Sudan wurden nach UN-Angaben inzwischen mindestens 185 Menschen getötet und etwa 1800 weitere verletzt. Auch der Botschafter de

18.04.2023

Der Sudan wird seit Samstag von heftigen Kämpfen erschüttert, die nach UN-Angaben bereits 185 Todesopfer und 1800 Verletzte gefordert haben. Worum es bei dem Machtkampf geht, liest du in den Antworten auf die vorerst wichtigsten Fragen.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am Samstag sind heftige Gefechte zwischen der sudanesischen Armee und der paramilitärischen Miliz RSF entbrannt.
  • Nach Angaben der Vereinten Nationen sollen inzwischen mindestens 185 Menschen getötet und etwa 1800 weitere verletzt worden sein.
  • Auch der EU-Botschafter für den Sudan, Adan O'Hara, ist laut Medienberichten in seiner Residenz in der Hauptstadt Khartum am Montagabend attackiert und verletzt worden.
  • Kurz darauf wurde auch ein Konvoi von US-Diplomaten beschossen, während die Zivilisten ohne Strom und Wasser zuhause ausharren müssen.
  • Hier gibt's die Antworten auf die vorerst wichtigsten Fragen zur chaotischen Lage in dem nordostafrikanischen Land.

Wer kämpft gegen wen?

In dem seit Jahren politisch instabilen Land kämpfen seit dem Wochenende die zwei mächtigsten Generäle und ihre Einheiten um die Vorherrschaft.

Die zwei Männer führten das Land mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup.

De-Facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF).

Warum wird gekämpft?

Seit Langzeitmachthaber Omar al-Baschir 2019 von Sudans Armee gestürzt wurde, kämpft das Volk für eine demokratische Regierung.

Jedoch folgten den Versprechungen des Militärs, die Macht abgeben zu wollen, bis jetzt kaum Taten.

Ein Ende 2022 abgeschlossenes Abkommen zwischen der Militärregierung und zivilen Parteien hätte die Machtübergabe des Militärs an eine Zivilregierung und eine Rückkehr zur Demokratie vorgesehen.

Die neu entfachten Kämpfe stürzen das Land nun in eine Krise mit ungewissem Ausgang. Noch ist nicht absehbar, ob eine Seite schnell die Oberhand gewinnen kann.

Was ist von der angekündigten Waffenruhe zu halten?

Hoffnungen auf eine Feuerpause in den schweren Gefechten im Sudan haben sich am Dienstagabend zunächst nicht erfüllt. Explosionen und Schüsse waren Medienberichten und Augenzeugen auf Twitter zufolge in der Hauptstadt Khartum durchgehend auch nach dem laut Vertretern beider Seiten geplanten Beginn einer 24-stündigen Waffenruhe um 18.00 Uhr (Ortszeit/MEZ) zu hören.

Zuvor hatten die sudanesischen Streitkräfte widersprüchliche Angaben zu einer möglichen Waffenruhe mit den rivalisierenden Rapid Support Forces (RSF) gemacht.

Der Anführer der RSF, Mohammed Hamdan Daglo, hatte Bereitschaft signalisiert. Ein hochrangiger General der sudanesischen Streitkräfte sagte dem arabischen Fernsehsender Al-Arabiya die Unterstützung für eine 24-stündige Feuerpause ab Dienstagabend zu.

Am Dienstagvormittag hatte zunächst der Sprecher der Streitkräfte auf der Facebook-Seite der Armee dagegen mitgeteilt, nichts von einer «Verständigung mit Vermittlern und der internationalen Gemeinschaft» zu wissen.

Er warf der RSF vor, die Waffenruhe als Vorwand zu nutzen, um «die vernichtende Niederlage zu vertuschen, die sie innerhalb weniger Stunden erleiden werden».

Wie ist die humanitäre Lage?

Die humanitäre Lage in dem nordostafrikanischen Land verschlechtert sich zunehmends. Der Beschuss in verschiedenen Städten des Landes ging auch am Dienstag weiter.

Tausende Zivilisten seien deshalb in ihren Wohnungen und Häusern gefangen, oft ohne Strom und ohne Möglichkeit, Essen, Wasser oder Medikamente zu besorgen, teilte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, am Dienstag in Genf mit.

Allein in der sudanesischen Hauptstadt Khartum sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) drei Gesundheitseinrichtungen beschossen worden.

Dabei seien mindestens drei Menschen getötet worden. Insgesamt haben laut den Vereinten Nationen (UN) mindestens 270 Menschen seit Beginn des Konflikts am Samstag ihr Leben verloren.

Humanitäre Korridore für Verletzte und Zivilisten seien dringend nötig, sagte Farid Abdulkadir, Sudan-Chef der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC).

Auch andere Hilfsorganisationen vor Ort schildern, wie dramatisch sich die Kämpfe auf die Zivilbevölkerung auswirken: Alle Krankenhäuser im Bundesstaat Nord-Darfur hätten schliessen müssen, «entweder weil sie sich in der Nähe der Kämpfe befinden oder das Personal wegen der Gewalt nicht in die Einrichtungen gelangen kann», sagte Cyrus Paye, der Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Al-Faschir, der Hauptstadt von Nord-Darfur, am Dienstag. Auch Njala, die Hauptstadt des angrenzenden Bundesstaates Süd-Darfur, ist schwer von den Kampfhandlungen im Westen des Landes betroffen.

Wo wird gekämpft?

Nebst der Hauptstadt Karthum treffen die schweren Gefechte die Region Darfur besonders hart. Seit Jahrzehnten wird die Region von Kämpfen zwischen verschiedenen Volksgruppen und Milizen und der sudanesischen Regierung erschüttert.

Ben Hunter, Ostafrikaexperte bei Verisk Maplecroft, einem Unternehmen für Risikobewertung, sieht vor allem dort das Potenzial für eine Ausweitung des Konflikts: «In Njala sind auch Kämpfer ehemaliger Rebellengruppen stationiert, die in aller Eile für den Einsatz an der Seite der Armee und der RSF umgeschult wurden.» Es handele sich um ehemalige Söldner, die aus Kämpfen in Libyen zurückgekehrt seien.