Gestärkte Monarchie Es menschelt zwischen König Charles und den Briten

Von Danica Kirka, AP

5.5.2024 - 23:55

Die Entscheidung von König Charles III., offen über seine Krebsdiagnose zu sprechen, hat ihm geholfen, sich mit dem britischen Volk zu verbinden (Archivbild).
Die Entscheidung von König Charles III., offen über seine Krebsdiagnose zu sprechen, hat ihm geholfen, sich mit dem britischen Volk zu verbinden (Archivbild).
Alessandra Tarantino/AP

Seit der Entscheidung von König Charles III., mit seiner Krebsdiagnose an die Öffentlichkeit zu gehen, sind viele Briten ihm näher. Sein Kampf macht auch anderen Patienten Mut. Auch seine Gattin spielt eine große Rolle.

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  • Der offene Umgang mit seiner Krebsdiagnose schafft eine echte Verbindung zwischen Briten und ihrem König Charles.
  • Kritische Fragen zum Königshaus, etwa Verbindungen zum Empire und zur Sklaverei, rücken in den Hintergrund.
  • Inzwischen ist auch Charles' Gattin Camilla zu einer der prominentesten Beauftragten des Königshauses geworden.

Der britische König Charles III. hat es im Jahr seit seiner Krönung geschafft, eine Verbindung zu Britinnen und Briten aufzubauen. Dazu beigetragen hat sein offener Umgang mit seiner Krebsdiagnose. Charles hat die Notwendigkeit betont, eine Krebserkrankung möglichst frühzeitig zu erkennen und sich behandeln zu lassen.

Er übernahm damit eine Vorbildfunktion, während er selbst eine schwere persönliche Krise erlebt. Von seinen Landsleuten wird er dadurch als menschlicherer König wahrgenommen, der es mit den gleichen Herausforderungen wie sie zu tun hat, und nicht nur ein Vertreter von Wohlstand und Privileg sei.

«Letztendlich ist die Gesundheit der grosse Gleichmacher», sagte die Professorin Anna Whitelock von der City University in London, die sich mit der Geschichte der Monarchie befasst. «Und Tatsache ist, dass sich die königliche Familie, wie so viele andere Familien, mit einer Krebsdiagnose auseinandersetzt.»

Kritische Fragen rücken in den Hintergrund

Seit der Krönung in der Westminster Abbey im Mai vor einem Jahr ist die britische Monarchie stärker geworden. Zwar gibt es weiter Fragen, zum Beispiel, ob eine 1000-jährige Erbmonarchie die Menschen im modernen Grossbritannien repräsentieren könne, oder wie die Monarchie mit Bedenken wegen ihrer Verbindungen zum Empire und zur Sklaverei umgeht. Doch fürs Erste sind diese Fragen in den Hintergrund gerückt, da sich Charles wegen Krebs behandeln lässt. Um welche Krebsart es sich handelt, ist nicht bekanntgegeben worden.

Die Ereignisse der vergangenen fünf Monate haben Grossbritannien überrascht. Zunächst wurde Charles wegen einer vergrösserten Prostata behandelt. Dann gab er bekannt, dass bei ihm Krebs diagnostiziert worden sei. Kurze Zeit später wurde mitgeteilt, dass die Frau von Prinz William, Kate, ebenfalls Krebs hat. Charles und Kate zogen sich von öffentlichen Aufgaben zurück, um sich auf ihre Gesundheit zu konzentrieren. Auch William tat das, damit er sich um seine Frau und die drei gemeinsamen kleinen Kinder kümmern konnte.

Nicht nur der 75-jährige Monarch war erkrankt, auch die deutlich jüngere zukünftige Königin. Deren Ehemann musste einspringen. Auf einmal wirkte die königliche Familie viel verletzlicher und menschlicher. Und die Person, die aktiv wurde, damit in Krisenzeiten Termine eingehalten werden konnten, war ausgerechnet Königin Camilla.

Einst wurde Camilla als Widersacherin gesehen, weil sie eine Rolle bei der Trennung zwischen Charles und seiner einstigen Ehefrau Prinzessin Diana spielte. Doch inzwischen ist Camilla zu einer der prominentesten Beauftragten des Königshauses geworden. Sie hat die Anzahl ihrer öffentlichen Auftritte erhöht und dafür gesorgt, dass die Königsfamilie nicht ganz aus der Öffentlichkeit verschwindet.

In vielerlei Hinsicht gehe es beim ersten Jahr seit der Krönung von Charles um den Aufstieg von Camilla und deren Effektivität dabei, den König zu repräsentieren, sagte Whitelock.

Charles macht sich für den Kampf gegen Krebs stark

Charles entschied sich dazu, seine gesundheitlichen Probleme öffentlich zu machen, um die Vorteile einer frühzeitigen Behandlung hervorzuheben. In Grossbritannien liegt die Überlebensrate bei Krebserkrankungen hinter der in vielen anderen wohlhabenden Ländern. Charles habe es geschafft, «mit einer sehr einfachen Botschaft Gutes zu tun, und ich denke, das ist eine aussergewöhnliche Sache», sagte der Historiker George Gross vom King's College London.

Passend zu seinem Einsatz gegen Krebs fand am Dienstag der erste öffentliche Termin von Charles seit seinem Rückzug in einem Krebsbehandlungszentrum statt. Bei seinem Besuch des University College Hospital Macmillan Cancer Centre in London sass Charles neben einer 63-jährigen Krebspatientin. Er hielt deren Hand, während ihr eine Chemotherapie über den Arm verabreicht wurde.

«Es ist immer irgendwie ein Schock, nicht wahr?, wenn sie es einem sagen», fragte Charles die Patientin. «Ich muss heute Nachmittag auch meine Behandlung bekommen.»

Nicht nur König, sondern Patient

Die Geschäftsführerin der Wohltätigkeitsorganisation Cancer Research UK, Michelle Mitchell, sagte, es habe sie verblüfft, wie persönlich der Besuch des Königs im Krebsbehandlungszentrum gewesen sei. «Ich habe nicht nur Empathie beobachtet, sondern echtes Mitgefühl.» Patienten hätten Charles und Camilla von ihrer Krebserkrankung berichtet, das Paar habe dann selbst eigene private Details geschildert.

Nachdem Charles mit seiner Krebsdiagnose an die Öffentlichkeit gegangen war, hatte Cancer Research UK eine Zunahme bei den Aufrufen der Webseite der Organisation mit Informationen über Anzeichen von Krebs von 33 Prozent registriert, wie Mitchell sagte. Damit hat Charles nicht nur eine Verbindung zu seinen Mitmenschen hergestellt. Er hat womöglich auch Leben gerettet.

Von Danica Kirka, AP