USA Biden: Amerika wird die Welt wieder anführen

dpa/tgab

24.11.2020 - 23:33

Joe Biden hat eine Regierung versprochen, die so vielfältig wie Amerika sein werde. Mit seinen ersten Plänen hält sich der künftige Präsident daran. Heute hat er bekanntgegeben, mit wem er Schlüsselpositionen in seiner künftigen Regierung besetzen will.

Der gewählte Präsident Joe Biden hat vor dem offiziellen Startschuss für den Übergangsprozess bekanntgegeben, mit wem er Schlüsselpositionen in seiner künftigen Regierung besetzen will. Als Aussenminister nominierte er seinen langjährigen Berater Antony Blinken.

Das Heimatschutzministerium soll der Exil-Kubaner Alejandro Mayorkas führen. Der frühere Aussenminister John Kerry soll Sonderbeauftragter für Klimafragen im Nationalen Sicherheitsrat des Weissen Hauses werden. Nach übereinstimmenden Medienberichten will Biden zudem Ex-Notenbankchefin Janet Yellen an die Spitze des Finanzministeriums setzen – als erste Frau überhaupt.

Multilaterale Zusammenarbeit in Krisenzeiten

Bidens Team verknüpfte die Personalien mit einem Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit in Krisenzeiten. Bei der persönlichen Vorstellung der Kandidatinnen und Kandidaten sagte der 78-Jährige am Dienstag in Wilmington: «Es ist ein Team, das die Tatsache spiegelt, dass Amerika zurück ist, bereit, die Welt anzuführen, statt sich aus ihr zurückzuziehen.» Künftig werde Amerika Gegnern entgegentreten statt Verbündete zurückzuweisen – eine klare Anspielung auf den Kurs der USA unter Trump.

Nach einer wochenlangen Hängepartie kann in den USA das Verfahren zur geordneten Machtübergabe an Biden beginnen. Er habe die Behörden und seine Mitarbeiter angewiesen, mit Biden zu kooperieren, teilte der amtierende Präsident Donald Trump bei Twitter mit.



Kurz zuvor hatte die zuständige Verwaltungsbehörde GSA Biden als offenkundigen Wahlsieger eingestuft und erklärt, diese Entscheidung unabhängig getroffen zu haben.

Die GSA (General Service Administration) machte so den Weg dafür frei, dass das Team des Demokraten Biden schon vor der Amtseinführung am 20. Januar Zugang zu Ministerien, Behörden und vertraulichen Informationen der Regierung sowie Millionen Dollar für Gehälter und andere Ausgaben erhält. GSA-Chefin Emily Murphy übermittelte das entscheidende Schreiben an Biden, nachdem der wichtige Bundesstaat Michigan am Montag den dortigen Sieg des Demokraten bestätigt hatte.

Kampf gegen Corona-Pandemie

«Die heutige Entscheidung ist ein notwendiger Schritt, um mit der Bewältigung der Herausforderungen zu beginnen, denen unser Land gegenübersteht», erklärte Bidens Übergangsteam. Dazu zähle vor allem auch, die Corona-Pandemie unter Kontrolle zu bekommen. Diese breitet sich in den USA weiter rasant aus. Am Montag gab es binnen eines Tages 169'190 nachgewiesene Neuinfektionen, wie aus Daten der Universität Johns Hopkins (JHU) hervorging. Bisher sind in den USA im Zusammenhang mit dem Coronavirus mehr als eine Viertelmillion Menschen gestorben – gemessen an den absoluten Zahlen sind das mehr als in jedem anderen Land der Welt.

Trump weigert sich weiterhin, seine Niederlage bei der Wahl am 3. November einzuräumen. Er behauptet, der Sieg sei ihm durch massiven Wahlbetrug gestohlen worden. Mehr als 30 Klagen seiner Anwälte wurden von Gerichten schon abgewiesen. Trump machte auch am Dienstag erneut deutlich, dass er weiterkämpfen wolle, und gab sich abermals siegessicher. Er habe der GSA und seinem Team dennoch «im besten Interesse des Landes» empfohlen, dass sie «tun, was getan werden muss».

Wahlergebnis in Pennsylvania offiziell bestätigt

Am Dienstag wurde auch das Wahlergebnis im wichtigen Bundesstaat Pennsylvania offiziell bestätigt – was Trump weiter Luft aus den Segeln im juristischen Kampf nimmt. Zudem schloss das Oberste Gericht in Nevada die Prüfung der Ergebnisse ab. Pennsylvania ist mit 20 Stimmen von Wahlleuten besonders wertvoll. Der US-Präsident wird nicht direkt vom Volk, sondern am 14. Dezember von 538 Wahlleuten gewählt, die gemäss dem Ergebnis in ihrem Bundesstaat abstimmen. Biden sicherte sich bei der Wahl die Stimmen von 306 Wahlleuten. Benötigt werden 270.

In der Übergangszeit ist für Biden jeder Tag kostbar: Die Machtfülle des US-Präsidenten ist beispiellos, er muss vom ersten Tag an voll einsatzbereit sein, gerade in Fragen der nationalen Sicherheit. Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte hat er die Verantwortung für gut 1,3 Millionen Soldaten und verfügt über die Codes, um im Notfall den Einsatz von Atomwaffen zu genehmigen. Der Präsident ist mit seiner Regierung für einen Haushalt in Höhe von fast fünf Billionen US-Dollar (4,2 Billionen Euro) verantwortlich.

Weisses Haus genehmigt Geheimdienst-Briefings für Biden

Nach wochenlanger Blockade kann Biden das tägliche Briefing der US-Geheimdienste bekommen. Es habe am Nachmittag eine entsprechende Genehmigung des Weissen Hauses gegeben, erklärte ein Sprecher des Büros des Direktors der US-Geheimdienste am Dienstag (Ortszeit) auf Anfrage.

In den USA ist es üblich, dass der gewählte Präsident noch vor der Amtseinführung im Januar täglich über die Erkenntnisse der Geheimdienste unterrichtet wird – ebenso wie der Amtsinhaber. Biden sagte am Dienstag nach Angaben anwesender Reporter in Wilmington, er habe noch kein Briefing erhalten, werde sie aber künftig regelmässig bekommen.

Tausende Posten im Weissen Haus neu zu besetzen

Der Präsident muss in der Übergangszeit nicht nur sein Kabinett zusammenstellen, sondern auch Tausende Posten im Weissen Haus, in Ministerien und in Behörden schnell neu besetzen. Rund 1200 Personalien müssen dabei vom Senat abgesegnet werden.

Die geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte («transition») nach einer Präsidentenwahl ist seit fast 60 Jahren im Gesetz verankert. Damit wollte der Kongress sicherstellen, dass sich Amerikaner immer darauf verlassen können, eine funktionierende Regierung zu haben. Der US-Präsident wird nur indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten im Dezember wählt. Für einen ist die Mehrheit der 538 Wahlleute nötig – Biden brachte bislang 306 Wahlleute hinter sich.

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