Ukraine-ÜbersichtRussische Truppen zielen auf Saporischschja +++ Putin vergleicht sich mit Peter dem Grossen
Agenturen/red.
9.6.2022
Kriegs-Songs in der Ukraine: «Keine Zeit für Liebeslieder»
Sie spielen auf ausgebrannten Panzern und verarbeiten ihre Erfahrungen im Krieg, ihre Wut auf Russland und den wachsenden Patriotismus in ihren Songs: Musiker in der Ukraine befeuern den Widerstandswillen mit Kriegshymnen.
09.06.2022
Die Schlacht um Sjewjerodonezk ist laut Selenskyj «richtungsweisend» für den Donbass. Russische Soldaten haben sich offenbar aus der Stadt zurückgezogen und beschiessen sie nun verstärkt mit Artillerie. Die Entwicklungen im Ticker.
Agenturen/red.
09.06.2022, 22:00
10.06.2022, 12:12
Agenturen/red.
Das qualvoll lange Leiden und Sterben der ukrainischen Verteidiger unter dem Asow-Stahlwerk in Mariupol ist noch in Erinnerung. Jetzt droht ähnlicher Schrecken in Sjewjerodonezk. In der Stadt haben sich ukrainische Soldaten weiter in erbitterten Kämpfen gegen eine russische Übermacht zur Wehr gesetzt.
Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Schlacht um die Stadt im Osten des Landes mit einst mehr als 100'000 Einwohnern als die vielleicht schwerste des Krieges. In Bunkern unter der Chemiefabrik Azot haben sich ukrainische Soldaten und Zivilisten in Sicherheit gebracht. Das erinnert fatal an das Asow-Stahlwerk in Mariupol, wo die letzten ukrainischen Verteidiger nach wochenlangen Abwehrkämpfen und heftigen russischen Bombardierungen am 21. Mai in russische Gefangenschaft gegangen waren.
Russland kontrolliert Grossteil der Stadt Sjewjerodonezk
Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, räumte nach schweren Kämpfen zwar ein, die russische Armee kontrolliere mehr als 90 Prozent des Luhansker Gebiets und auch den grössten Teil von Sjewjerodonezk. Die Verteidiger würden sich im Industriegebiet der Stadt halten, es gebe aber auch Kämpfe in anderen Stadtteilen. Er bestritt, dass die Lage schon so wie zuletzt in Mariupol sei. «Stand heute besteht keine Gefahr einer Einkesselung», meinte Hajdaj. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
Hier entscheidet sich Schicksal des Donbass
Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete die Schlacht um Sjewjerodonezk als richtungsweisend für den Kampf um den Osten des Landes. «Sjewjerodonezk bleibt das Epizentrum der Auseinandersetzungen im Donbass», sagte er in einer Videobotschaft. Das ukrainische Militär füge dem Gegner dort spürbare Verluste zu. «Das ist eine sehr brutale und schwere Schlacht. Vielleicht eine der schwersten dieses Krieges (...) In vielem entscheidet sich dort das Schicksal unseres Donbass.»
Selenskyj: Russland noch zu stark für Verhandlungen
Russland sieht sich nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Krieg gegen sein Land in einer Position der Stärke. Amerikanischen Geschäftsleuten sagte Selenskyj am Mittwoch, der Kreml sei deshalb nicht zu Verhandlungen bereit, «weil Russland immer noch seine Macht spüren kann». In der Videokonferenz forderte er: «Wir müssen Russland schwächen und die Welt sollte das tun.»
Die Ukraine leiste ihren Beitrag auf dem Schlachtfeld, sagte Selenskyj. Darüber hinaus seien noch härtere Sanktionen nötig, um Russland wirtschaftlich zu schwächen. «Wir müssen Russland komplett vom globalen Finanzsystem abschalten». Kiew sei zu Verhandlungen mit Russland zu einer Beendigung des Kriegs bereit, aber «nicht auf Kosten unserer Unabhängigkeit».
Ernte in der Ukraine könnte drastisch einbrechen
Die Ernte in der Ukraine könnte im nächsten Jahr nach Einschätzung der Kiewer Regierung um bis zu 40 Prozent geringer ausfallen. «Wir haben 25 Prozent der Anbaufläche verloren», sagte der stellvertretende Minister für Agrarpolitik und Ernährung, Taras Wyssotzkyj, dem US-Sender CNN. «Was die Mengen angeht, ist es natürlich mehr.» Er gehe davon aus, dass die Ernte um 35 bis 40 Prozent oder rund 30 Millionen Tonnen zurückgehen werde. Der Vizeminister beschuldigte Russland, in den von russischen Truppen besetzten Gebieten in der Ukraine 500'000 Tonnen Getreide gestohlen zu haben.
Die Ereignisse des Tages im Überblick
Das Wichtigste im Überblick
Separatisten der Donezker Volksrepublik (DVR) haben drei ausländische Kämpfer zum Tode verurteilt. Die beiden Briten und der Marokkaner können in Berufung gehen.
Ukraines Präsident Selenskyj rechnet erst dann mit einer Verhandlungsbereitschaft Moskaus, wenn Russland weiter geschwächt wird.
Polens Präsident Andrzej Duda hat die Telefonate des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz und von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Kreml-Chef Wladimir Putin scharf kritisiert.
UNO warnt vor Hungerwelle: Russlands Angriffskrieg in der Ukraine habe zusammen mit anderen Krisen zu den grössten Kostensteigerungen seit einer Generation geführt.
Ukrainischer Verteidigungsminister: Lage an der Front ist schwierig
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat die Lage im Krieg gegen Russland als hart bezeichnet. «Die Situation an der Front ist schwierig. Jeden Tag werden bis zu 100 unserer Soldaten getötet und bis zu 500 verwundet», schrieb Resnikow am Donnerstag in einem Beitrag bei Facebook. Russland erleide zwar grosse Verluste. «Aber es gibt immer noch Kräfte, die in einigen Teilen der Front vorrücken», betonte er. Die Ukraine brauche dringend schwere Waffen. «Wir haben bewiesen, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen den Kreml nicht fürchten. Aber als Land können wir es uns nicht leisten, unsere besten Söhne und Töchter zu verlieren.»
21.15 Uhr
Selenskyj verhängt Sanktionen gegen Putin
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Sanktionen gegen den russischen Staatschef Wladimir Putin und sämtliche Mitglieder der russischen Regierung beschlossen. Selenskyj unterzeichnete ein Dekret, das am Donnerstag in Kraft trat, wie aus einer Kopie davon hervorgeht, die auf der Webseite der ukrainischen Präsidentschaft veröffentlicht wurde. Zudem bestrafte er 236 russische Universitäten und deren Leitungen.
Der ukrainische Sicherheits- und Verteidigungsrat stimmte den Sanktionen zu. Damit wird den Betroffenen eine Einreise in die Ukraine verboten.
20.57 Uhr
Heusgen mahnt Durchhaltevermögen im Konflikt mit Russland an
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat im Konflikt mit Russland Durchhaltevermögen angemahnt. «Putin hält die westeuropäischen Gesellschaften für dekadent. Er glaubt, dass das von ihm regierte totalitäre Russland die bessere Durchhaltefähigkeit besitzt und wir unter Inflationsdruck, unter hohen Sprit- und Lebensmittelpreisen weich werden und die Unterstützung für die Ukraine nachlässt», sagte Heusgen dem Nachrichtenportal «t-online».
Er forderte, dass der russische Präsident vom Gegenteil überzeugt werden müsse. «Ihm muss klar werden, dass die transatlantische Gemeinschaft zusammenhält, dass die Sanktionen aufrechterhalten, ja weiter verschärft werden und die Unterstützung der Ukraine gerade erst anläuft.»
Putin verstehe nur die Sprache der Härte, die auch seine Sprache sei, sagte Heusgen, der Deutschland als Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York vertreten hat und viele Jahre aussenpolitischer Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel war. Aus Sicht des Diplomaten spricht aber dennoch grundsätzlich nichts dagegen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz weiter mit Putin spricht. Polens Präsident Andrzej Duda hatte Scholz dafür scharf kritisiert.
20.38 Uhr
Wegen Angriffskrieg: Kiew streicht Städtepartnerschaft mit Minsk
Weil Belarus den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unterstützt, hat die ukrainische Hauptstadt Kiew der belarussischen Metropole Minsk die Städtepartnerschaft gekündigt.
Dies habe der Stadtrat von Kiew so entschieden, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko am Donnerstag mit. «Minsk kann man kaum noch eine Partnerstadt von Kiew nennen. Also hindert uns nichts daran, die Entscheidung zur Aufhebung des Status' für die Hauptstadt von Belarus zu treffen», betonte der frühere Box-Weltmeister. Von Belarus aus flögen Raketen in ukrainische Städte und Dörfer, zudem seien auch von dort aus russische Truppen in die Ukraine einmarschiert.
Der Schritt kommt nach 25 Jahren - die Partnerschaft wurde im Juni 1997 beschlossen. Russland hat das verbündete Belarus im vergangenen Jahr bereits als Aufmarschgebiet gegen die Ukraine genutzt und seit dem 24. Februar auch von belarussischem Territorium aus angegriffen.
Ukrainischer Militär: Russische Truppen zielen auf Saporischschja
Die russischen Truppen wollen nach Angaben eines ranghohen ukrainischen Militärvertreters ihre Offensive auf die südukrainische Region Saporischschja fortsetzen. Ihr Ziel sei es, die Gegend komplett einzunehmen, sagte Olexei Gromow vom ukrainischen Generalstab am Donnerstag in einem Briefing, das von der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform veranstaltet wurde. Die Russen würden wahrscheinlich von der südukrainischen Region Cherson aus angreifen, die mehrheitlich von Russland kontrolliert wird, sagte Gromow.
Russland hatte den südlichen Teil von Saporischschja in der Anfangszeit seines Kriegs in der Ukraine eingenommen. Dazu gehört auch eine wichtige Atomanlage. Die ukrainische Regierung kontrolliert den Norden von Saporischschja mit der gleichnamigen Hauptstadt der Region.
18.55 Uhr
Putin will wie Zar Peter der Grosse russische Erde «zurückholen»
Kremlchef Wladimir Putin hat den von ihm befohlenen Krieg gegen die Ukraine auf eine Ebene mit dem Grossen Nordischen Krieg unter Russlands Zar Peter I. gestellt und von einer Rückholaktion russischer Erde gesprochen. Peter habe das Gebiet um die heutige Millionenstadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern zurückgewonnen. «Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken», zog Putin laut der Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag Parallelen zum Krieg gegen die Ukraine.
Am 9. Juni ist der 350. Geburtstag von Peter dem Grossen, der sich als erster russischer Zar den Titel Imperator gab und mit Eroberungen im Norden Russland einen Zugang zur Ostsee sicherte - als so genanntes «Fenster nach Europa». Seit dieser Zeit habe sich fast nichts geändert, behauptete Putin nun in einem Gespräch mit Jungunternehmen im Vorfeld des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums. Auch damals habe kein europäischer Staat das Gebiet als russisch anerkannt. «Dabei haben dort seit Jahrhunderten neben den finno-ugrischen Stämmen auch Slawen gelebt», sagte der Kremlchef.
Wegen des russischen Angriffskriegs könnte die Ernte in der Ukraine im nächsten Jahr nach Einschätzung der Kiewer Regierung um bis zu 40 Prozent geringer ausfallen. «Wir haben 25 Prozent der Anbaufläche verloren», sagte der stellvertretende Minister für Agrarpolitik und Ernährung, Taras Wyssotzkyj, dem US-Sender CNN am Donnerstag. «Was die Mengen angeht, ist es natürlich mehr.» Er gehe davon aus, dass die Ernte um 35 bis 40 Prozent oder rund 30 Millionen Tonnen zurückgehen werde. Der Vizeminister beschuldigte Russland, in den von russischen Truppen besetzten Gebieten in der Ukraine 500’000 Tonnen Getreide gestohlen zu haben.
Die Ukraine ist einer der grössten Getreideproduzenten der Welt. Russland unterbindet die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen Getreide vor allem nach Nordafrika und Asien, ein Grossteil davon im Hafen von Odessa.
It will take decades to reap this "crop" which the ruscists sowed on our soil. It will cost humanity hundreds of bln of $ But we will clear our land, both of the aggressors and of the scrap metal and waste they left behind. Photos by @Maxar, @GeneralStaffUA, @cguzy, @ratushnyi_rpic.twitter.com/j4M5v4vkmv
Frontex: 5,5 Millionen Ukrainer in EU-Länder geflohen
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex mehr als 5,5 Millionen Ukrainer in EU-Mitgliedsländern in Sicherheit gebracht. Unter Berücksichtigung der Geflüchteten mit nicht-ukrainischer Staatsangehörigkeit seien es insgesamt 7,3 Millionen Menschen, teilte die Behörde am Donnerstag mit.
Seit Kriegsbeginn am 24. Februar seien aber mittlerweile mehr als 2,6 Millionen Ukrainer aus EU-Ländern wieder in ihr Heimatland eingereist. Derzeit liege die tägliche Zahl der Ukraine-Rückkehrer höher als die Zahl derer, die aus dem vom Krieg verwüsteten Land in die EU ausreisen wollten.
Mindestens 13 Tote nach Beschuss von Separatistengebiet in Ukraine
Im ostukrainischen Separatistengebiet Luhansk sind in der Stadt Stachanow mindestens 13 Menschen durch Raketenwerferbeschuss getötet worden. «Es sind etwa 20 Raketen des Typs Uragan eingeschlagen», teilte Republikchef Leonid Passetschnik russischen Medien am Donnerstag mit. Zudem seien mindestens sechs Verletzte aus den Trümmern geborgen worden.
Die moskautreuen Separatisten warfen der ukrainischen Armee vor, ein Wohngebiet beschossen zu haben. Ukrainische Stellungen befinden sich in etwa zwölf Kilometer Entfernung von der Industriestadt. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
16.55 Uhr
Litauen kritisiert Gespräche über Getreideexporte
Litauens Aussenminister Gabrielius Landsbergis hat Gespräche zwischen der Türkei und Russland über Freigabe von Getreidelieferungen aus der Ukraine kritisiert. «Wir beobachten die laufenden Verhandlungen, die, gelinde gesagt, seltsam aussehen», sagte Landsbergis am Donnerstag der Agentur BNS zufolge in Vilnius. Diskussionen über ukrainische Häfen könnten nicht ohne Beteiligung Kiews geführt werden.
«Dies ist nicht hinnehmbar und verstösst gegen das Grundprinzip «Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine»», sagte der Chefdiplomat des baltischen EU- und Nato-Landes. Russlands Aussenminister Sergej Lawrow hatte am Mittwoch in der Türkei Gespräche mit seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu geführt siehe unten). Dabei ging es besonders um die Freigabe von Getreidelieferungen aus der Ukraine. Bei den Gesprächen war kein Vertreter der Ukraine dabei.
Nach ukrainischen Angaben können mehr als 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten nicht exportiert werden. Vor dem Krieg gingen 90 Prozent des Exports über die Häfen hinaus. Drei davon – Mariupol, Berdjansk und Cherson – sind jetzt im Zuge des Angriffskriegs unter russische Kontrolle gekommen. Der Hafen in Mykolajiw ist schwer beschädigt, daher laufen nun die Verhandlungen in erster Linie über die Freigabe von Odessa.
16.30 Uhr
Ölpreis steigt und steigt – und der Rubel rollt
Die Ölpreise haben am Donnerstag weiter zugelegt und bleiben damit in der Nähe ihrer dreimonatigen Höchststände. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 124,08 Dollar und damit einen halben Cent mehr als am Vortag.
Die Ölpreise sind in den vergangenen Tagen und Wochen wieder peu à peu gestiegen, nachdem sie bis Mitte April einen Teil der kräftigen Gewinne infolge des russischen Kriegs in der Ukraine wieder abgegeben hatten.
Seitdem summiert sich das Plus wieder auf rund 25 Prozent. Seit Jahresbeginn sind die Preise um mehr als die Hälfte nach oben geklettert. Für Energie-Exporteur Russland bedeutet das Milliardeneinnahmen – auch wenn Moskau es schwerer hat, Abnehmer für sein Öl zu finden.
Dass es für den Kreml aber nicht allzu schlecht läuft, legt eine Meldung der Nachrichtenagentur «Reuters» nahe: Russland hat demnach 9.27 Milliarden Franken zurückgestellt, um mit dem Geld Ausfälle der Wirtschaft zu kompensieren, die auf die Sanktionen zurückzuführen sind. Im Mai hatte Moskau 13.23 Milliarden Franken für ähnliche Zwecke zurückgestellt.
16.05 Uhr
Separatisten verurteilen ausländische Kämpfer zum Tod
Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik (DVR) hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe werde für «alle Verbrechen zusammengenommen» verhängt, heisst es laut der russischen Nachrichtenagentur Tass in der Urteilsbegründung.
Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Briten und einen Marokkaner. Sie können innerhalb eines Monats gegen das Urteil noch Berufung einlegen. Der Prozess gegen die drei Männer hatte am Mittwoch unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen. Ihnen werden Handlungen zur gewaltsamen Machtergreifung vorgeworfen. Laut Gericht haben die Angeklagten «ihre Schuld gestanden».
I utterly condemn the sentencing of Aiden Aslin and Shaun Pinner held by Russian proxies in eastern Ukraine.
They are prisoners of war. This is a sham judgment with absolutely no legitimacy.
My thoughts are with the families. We continue to do everything we can to support them.
Einer der Männer habe zudem «zugegeben, in Terroranschlägen geschult worden zu sein». Die beiden Briten waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kräften gefangen genommen worden. Beide hatten laut Medienberichten schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet.
Nach dem russischen Einmarsch kämpften sie auf der Seite der ukrainischen Armee. Die russische Führung hatte allerdings in der Vergangenheit mehrfach erklärt, Ausländer generell als Söldner zu betrachten. Sie würden nicht als Kombattanten gelten und auf sie würden auch nicht die internationalen Gesetze zum Schutz von Kriegsgefangenen angewendet, drohte jüngst der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow.
In Russland gilt ein Moratorium auf die Todesstrafe. In den Separatistenrepubliken gilt dieses Moratorium hingegen nicht. Laut Medienberichten könnte die Hinrichtung durch Erschiessen vollzogen werden.
16 Uhr
«Was haben Sie noch in der Ukraine gestohlen?»
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow hat am 8. Juni die Türkei besucht, um sich in Ankara mit seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu zu treffen. Bei der Pressekonferenz war auch der ukrainische Journalist Muslim Umerov anwesend, der Lawrow mit einer unangenehmen Frage konfrontierte.
«Ich bin vom öffentlichen ukrainischen Fernsehen», zitiert ihn der «Guardian», «und ich möchte unbedingt eine Frage stellen: Was haben Sie in der Ukraine abgesehen vom Getreide noch für Güter gestohlen, und wem verkaufen Sie sie?»
Lawrow konterte lächelnd: «Ihr Ukrainer sorgt euch immer darum, was Ihr stehlen könnt und denkt, jeder denkt so.» Und weiter: «Wir wollen die Leute vor dem Druck des Neonazi-Regimes bewahren. Wir behindern kein Getreide. Damit es den Hafen verlassen kann, muss Herr Selenskyj das nur anordnen, das ist alles.»
The Minister of Foreign Affairs of Russia and Turkey (Lavrov and Cavusoglu) met Ankara today.
At the press conference, the journalist Muslim Umerov asked Lavrov:
Ein grosser russischer Radiosender ist am 8. Juni gehackt worden und hat ukrainische und Anti-Kriegsmusik gespielt, berichtet «Business Insider»: Kommersant FM wurde demnach abrupt von dem patriotischen ukrainischen Marsch «Oh, roter Schneeball auf der Wies» unterbrochen.
«Wir sind wirklich gehackt worden», bestätigt der stellvertretender Chefredaktor Alexey Vorobyov der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. «Technik-Spezialisten suchen nun nach dem Ursprung dieser Attacke.» Im Weiteren sei die urkainische Nationalhymne oder Lieder wie «Ich brauche keinen Krieg» der russischen Rockgruppe Nogu Svelo! gespielt worden.
14.40 Uhr
Deutschland und Polen wollen bei Getreideexport helfen
Deutschland und Polen wollen die Ukraine gemeinsam beim Export von Getreide unterstützen. Er habe mit seinem polnischen Amtskollegen Henryk Kowalczyk darüber beraten, wie Deutschland konkret bei der Abfertigung der Transporte helfen könne, sagte Bundesagrarminister Cem Özdemir am Donnerstag nach dem Treffen in Warschau.
Die Schwierigkeit sei, das Getreide aus der Ukraine herauszukriegen, «weil wir nicht in der Lage sind, die Menge, um die es da geht, über die Alternativrouten abzutransportieren», betonte der Grünen-Politiker. Deshalb sei es besonders wichtig, der Ukraine bei der Zurückgewinnung ihrer Souveränität zu helfen, damit sie so schnell wie möglich wieder als Produzent auf dem Weltmarkt agieren könne.
Die Ukraine ist einer der grössten Getreideproduzenten der Welt. Russland unterbindet in der Ukraine die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen Getreide vor allem nach Nordafrika und Asien, ein Grossteil davon im Hafen von Odessa. Özdemir verurteilte das «zynische Spiel» von Russlands Präsident Wladimir Putin, zusätzlich zu Flüchtlingen auch noch den Hunger zur Verschärfung der Krise einzusetzen.
«Es muss auch klar sein, dass Russland nicht profitieren kann von diesem feigen Angriff auf die Ukraine, das gilt ausdrücklich auch für den Diebstahl, den Russland begeht an ukrainischem Getreide.» Er äusserte Bewunderung für die ukrainischen Landwirte, die tagsüber für die Unabhängigkeit ihres Landes kämpfen würden und nachts ihre Felder bestellten.
13.50 Uhr
Ukraine jetzt mit mehr Munition als vor dem Krieg
Die ukrainische Armee hat aus dem Westen bereits mehr als 150 schwere 155-Millimeter-Haubitzen aus Nato-Beständen bekommen. «Die Munitionsvorräte dieses Kalibers übersteigen bereits um zehn Prozent die Bestände grosser sowjetischer Kaliber zum Stand 24. Februar 2022», schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow am Donnerstag in einem Beitrag bei Facebook.
Dazu seien noch etwa 50 Geschütze anderen Kalibers eingetroffen, sagte Resnikow. Für diese lägen die Munitionsvorräte bei gut 75 Prozent des Bestands vom Kriegsbeginn. Geliefert worden seien auch Dutzende Raketenwerfer sowjetischen Typs und Hunderte Mörser mit entsprechender Munition.
Resnikow berichtete zudem über den Erhalt von Hunderten Panzern und Schützenpanzern sowjetischen Typs und etwa 250 westlichen gepanzerten Fahrzeugen. Daneben wurden Tausende an tragbaren Flugabwehr- und Panzerabwehrsystemen und Granatwerfern und Hunderte Drohnen, darunter Dutzende Angriffsdrohnen, geliefert. Die Küstenverteidigung sei durch Harpoon-Raketen entscheidend gestärkt worden.
Trotzdem forderte Resnikow weitere und schnellere Lieferungen. «Ich kann nicht sagen, dass ich zufrieden bin mit der Geschwindigkeit und der Zahl der Waffenlieferungen», fasste Resnikow zusammen. Ziel sei es, Raketenwerfer westlichen Typs mit Munition zu erhalten, sowjetische Artilleriesysteme komplett durch westliche zu ersetzen. Zudem seien für eine Gegenoffensive Hunderte schwere Panzer, Kampfflugzeuge und Flugabwehrsysteme nötig.
13 Uhr
So lange dauert das Training an westlichen Waffen
Dass die Ukrainer westliche Waffensysteme nicht ohne Training nutzen können, liegt auf der Hand. Doch wie lange dauert es, bis die Verteidiger den Umgang gewohnt sind? Die M777, die Australien, Kanda und die USA übergeben haben, ist «kein sehr kompliziertes System», schreibt «Daily Kos».
Das anfängliche Training nehme «nur 15 Wochen» in Anspruch. Doch im Westen muss ein Soldat anschliessend bei der Truppe üben und sich von einem Wachtmeister über Monate oder gar Jahre instruieren lassen, um das Gerät voll nutzen zu können. Hinzu komme noch Zeit, um das Wartungspersonal zu instruieren.
Beim Mehrfachraketenwerfer-Systemen wie MLRS oder HIMARS dauere der Grundkurs 19 Wochen, die Ersteinweisung in den Panzer M1 Abrams brauche 24 Wochen. Noch kompliziertere Waffen wie das Flugabwehr-System Patriot könnten gar erst in 53 Wochen beherrscht werden.
12.27 Uhr
Update zur Lage in Sjewjerodonezk
Um Sjewjerodonezk wird weiter erbittert gestritten. Der Häuserkampf fordere viele Opfer, teilte die ukrainische Seite mit. Die russische Artillerie hat die Verteidiger unter Beschuss genommen.
Head of Luhansk oblast military administration Haidai reports: street fighting still active in Sievierodonetsk. Russians shell the positions of 🇺🇦 defenders. Evacuation of civilians is impossible. If Ukraine receives the necessary heavy weapons, Western artillery will prevail.
— Stratcom Centre UA (@StratcomCentre) June 9, 2022
Wenn die Ukraine die vom Westen versprochenen schweren Waffen bekomme, werde sich die Armee behaupten, heisst es weiter. Auf deutsche Hilfe muss Kiew dabei nicht so bald zählen (siehe unten), doch dafür sind andere Waffen im Kriegsgebiet eingetroffen. Neben des US-Geschützes M777 ...
.... scheint auch die polnische Panzerhabitze Krab bereits im Land eingetroffen zu sein.
🇵🇱Polish self-propelled guns "Krab" are already at the front, - Defense Minister Oleksii Reznikov
This is the 5th type of 155-mm artillery, which is now used by the Armed Forces of Ukraine. These self-propelled guns are ultra-modern, they can shoot at a distance of 40 kilometers pic.twitter.com/OtoV8qLkG3
Deutschland will der Ukraine mit dem Mehrfach-Raketenwerfer M270 helfen, sich der russischen Aggression zu erwehren. Doch Kiew muss sich gedulden: Vor dem Winter wird es mit der Auslieferung nichts, berichtet «Business Insider».
Das Problem: Laut dem Wirtschaftsportal muss die deutsche Artillerie erst umgerüstet werden. Sie benötige ein Computer-Update, um amerikanische oder britische Raketen verschiessen zu können. «Die Software-Probleme zu lösen soll schlimmstenfalls Monate dauern», so «Business Insider».
Auch die Lieferung des Flugabwehrsystems Iris-T macht Probleme: Eigentlich hatte Ägypten es in Deutschland bestellt: Kairo soll nun zugunsten von Kiew zurücktreten. Uns selbst wenn das allesm funktioniert, gibt es keine ad-hoc-Waffenhilfe: «Aus Regierungskreisen heisst es, dass das Iris-T-System für die Ukraine erst im November oder gar Dezember einsatzbereit sein dürfte.»
Gouverneur: Ukraine kann Sjewjerodonezk mit neuen Waffen «in zwei bis drei Tagen säubern»
Die Ukraine könnte die umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes nach Einschätzung des Regionalgouverneurs mit westlichen Waffensystemen schnell wieder unter ihre Kontrolle bringen. Sobald die ukrainische Armee über Artillerie mit grosser Reichweite verfüge, «um Duelle mit russischer Artillerie austragen zu können, können unsere Spezialkräfte die Stadt in zwei bis drei Tagen säubern», sagte der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gajdaj, in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview.
Die USA und Grossbritannien hatten kürzlich die Lieferung von Mehrfachraketenwerfern an die Ukraine angekündigt, mit denen Ziele in bis zu 80 Kilometern Entfernung angegriffen werden können.
Die ukrainischen Streitkräfte in Sjewjerodonezk seien weiterhin «hoch motiviert», die Einheiten hielten «alle ihre Positionen», sagte Gajdaj. Russland greife die von den ukrainischen Truppen kontrollierten Gebiete ununterbrochen mit Artillerie an.
Der Gouverneur hatte am Mittwoch erklärt, dass Sjewjerodonezk mittlerweile «weitgehend» unter russischer Kontrolle stehe. Die Nachbarstadt Lyssytschansk werde hingegen noch vollständig von der ukrainischen Armee kontrolliert, sei aber «starken und chaotischen» Bombardements ausgesetzt.
11.10 Uhr
Nationalrat will eigenständige Sanktionen ermöglichen
Der Bundesrat soll nach dem Willen des Nationalrats künftig eigenständige Schweizer Sanktionen verhängen dürfen. Die grosse Kammer hat sich am Donnerstag mit 136 zu 53 Stimmen ohne Enthaltungen für eine entsprechende Änderung des Embargogesetzes ausgesprochen.
Eigenständige Sanktionen könnten sich gemäss dem Beschluss des Nationalrats gegen Personen und Entitäten, etwa Unternehmen, richten. Gründe für eine Verhängung sollen die Verletzung von Menschenrechten oder andere schwere Verstösse gegen internationales Recht sein. Heute kann die Schweiz lediglich Sanktionen der Uno, der EU oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernehmen.
10.33 Uhr
Selenskyj: Russland noch zu stark für Verhandlungen
Russland sieht sich nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Krieg gegen sein Land in einer Position der Stärke. Amerikanischen Geschäftsleuten sagte Selenskyj am Mittwoch, der Kreml sei deshalb nicht zu Verhandlungen bereit, «weil Russland immer noch seine Macht spüren kann». In der Videokonferenz forderte er: «Wir müssen Russland schwächen und die Welt sollte das tun.»
Die Ukraine leiste ihren Beitrag auf dem Schlachtfeld, sagte Selenskyj. Darüber hinaus seien noch härtere Sanktionen nötig, um Russland wirtschaftlich zu schwächen. «Wir müssen Russland komplett vom globalen Finanzsystem abschalten». Kiew sei zu Verhandlungen mit Russland zu einer Beendigung des Kriegs bereit, aber «nicht auf Kosten unserer Unabhängigkeit».
10.05 Uhr
London: Russische Truppen nehmen Stadt Isjum ins Visier
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste sind russische Truppen in den vergangenen Tagen in Richtung der ostukrainischen Stadt Isjum vorgerückt. Die Truppen hätten ihre Anstrengungen dort wahrscheinlich verstärkt, hiess es am Donnerstag in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London. Isjum liegt im Gebiet Charkiw, das an die mittlerweile fast vollständig von den Russen eingenommene Region Luhansk grenzt.
Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 9 June 2022
— Ministry of Defence 🇬🇧 (@DefenceHQ) June 9, 2022
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als drei Monaten veröffentlicht die britische Regierung regelmässig Geheimdienstinformationen zum Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
9.24 Uhr
Russen beschiessen Chemiefabrik in Sjewjerodonezk
Im Osten der Ukraine setzen russische Truppen nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe auf Wohn- und Industriegebiete in der schwer umkämpften Stadt Sjewjerodonezk fort. Durch den Beschuss der Chemiefabrik Azot seien vier Menschen getötet worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, am Donnerstag im sozialen Netzwerk Telegram. Die Anlage wird nach ukrainischen Angaben von Hunderten Zivilisten als Luftschutzbunker genutzt. Eine vergleichbare Einkesselung durch russische Truppen wie bis vor kurzem in der Hafenstadt Mariupol drohe derzeit jedoch nicht.
Von russischer und prorussischer Seite wird immer wieder der Vorwurf geäussert, die Ukrainer hätten die Zivilisten in die Azot-Keller gelockt und das Gelände dann vermint. Belege dafür gibt es nicht. Mehr als 90 Prozent des Luhansker Gebiets, in dem Sjewjerodonezk liegt, ist von Russland bereits besetzt. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon dreieinhalb Monate. Die Angaben der Kriegsparteien können oft nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.
8.58 Uhr
Ölpreise ziehen weiter an
Die Ölpreise haben am Donnerstag weiter zugelegt und bleiben damit in der Nähe ihrer dreimonatigen Höchststände. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 124,08 Dollar und damit einen halben Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 0,33 Dollar auf 122,44 Dollar.
Die Ölpreise sind in den vergangenen Tagen und Wochen wieder peu à peu gestiegen, nachdem sie bis Mitte April einen Teil der kräftigen Gewinne infolge des russischen Kriegs in der Ukraine wieder abgegeben hatten. Seitdem summiert sich das Plus wieder auf rund 25 Prozent.
Seit Jahresbeginn sind die Preise um mehr als die Hälfte nach oben geklettert. Hauptgründe sind die Invasion Russlands in der Ukraine und scharfe Sanktionen vornehmlich westlicher Länder. Russland ist einer der grössten Förderer von Rohöl weltweit, hat sanktionsbedingt aber Probleme, Abnehmer für sein Öl zu finden.
7.48 Uhr
Polens Präsident: «Gespräche mit Putin bringen nichts»
Der polnische Präsident Andrzej Duda hat die Telefonate des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz und von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Kreml-Chef Wladimir Putin scharf kritisiert. «Ich bin erstaunt über diese ganzen Gespräche, die geführt werden mit Putin im Moment von Kanzler Scholz und von Präsident Macron», sagte Duda am Mittwoch in einem «Bild»-Interview.
«Diese Gespräche bringen nichts. Sie bewirken nur eine Legitimierung eines Menschen, der verantwortlich ist für Verbrechen, die von der russischen Armee in der Ukraine begangen werden», betonte der polnische Präsident. Um seine Kritik zu untermauern, bemühte Duda einen historischen Vergleich: «Hat jemand so mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg gesprochen? Hat jemand gesagt, dass Adolf Hitler sein Gesicht wahren können muss?». Solche Stimmen kenne er nicht. «Alle wussten: Man muss ihn besiegen.»
7.32 Uhr
Selenskyj-Berater: Heftiger russischer Beschuss von Sjewjerodonezk
Russlands Truppen haben im Kampf um das ostukrainische Sjewjerodonezk laut einem Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj ihre Taktik geändert. Die russischen Soldaten hätten sich aus der Stadt zurückgezogen und würden diese nun mit Artillerie beschiessen, sagte Olexij Arestowytsch am Mittwoch in seinem täglichen Online-Interview. Auch Luftangriffe flögen die russischen Truppen auf Sjewjerodonezk. Das Zentrum der Stadt sei infolgedessen menschenleer.
«Sie haben sich zurückgezogen, unsere Truppen haben sich zurückgezogen, also trifft die Artillerie einen leeren Platz. Sie schlagen hart zu, ohne besonderen Erfolg», sagte Arestowytsch.
Die Stadt Sjewjerodonezk ist seit Kriegsbeginn Schauplatz von Gefechten und gehört zusammen mit ihrer Schwesterstadt Lyssytschansk zu den letzen ukrainischen Hochburgen in der Region Luhansk.
6.15 Uhr
Harte Kritik an Berner Containerdorf für Geflüchtete
Ueli Salzmann, der renommierte Architekt und Experte für Notunterkünfte, kritisiert die temporäre Flüchtlingsunterkunft in Bern. Sie genüge den humanitären Mindeststandards nicht, sagte Salzmann dem «Tages-Anzeiger». Salzmann war in den letzten 30 Jahren immer wieder für die Uno, das Internationale Rote Kreuz und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) im Einsatz. In dieser Zeit hat er über 100 Notunterkunftssiedlungen geplant und Fachleute für solche Planungen geschult. Über das erste Schweizer Containerdorf für die ukrainischen Kriegsvertriebenen sagt er: «Eine solche Siedlungsarchitektur verwenden wir in unseren Schulungen als Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte».
5.20 Uhr
Nationalrat: Ausserordentliche Session zu Krieg
Der Nationalrat hält heute im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine eine ausserordentliche Session ab. Die Fraktionen von SP und Grünen haben zwei Motionen eingereicht. Die SP fordert, dass der Bundesrat so schnell wie möglich eine eigene Taskforce einsetzt, um in der Schweiz gelagerte Vermögenswerte von mit Sanktionen belegten Russen, Russinnen sowie Belarussen und Belarussinnen aufzuspüren und zu sperren. Die Grünen fordern gesetzliche Grundlagen für eine unabhängige Aufsicht über den Rohstoffhandel. Korruption und Geldwäscherei soll auf diesem Weg ein Riegel geschoben werden. Der Bundesrat lehnt beide Motionen ab.
5 Uhr
Sem informiert über Auswirkungen von Krieg auf Schweiz
Das Staatssekretariat für Migration (Sem) informiert heute über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Schweiz. Zu Wort kommen werden David Keller, Leiter Krisenstab Asyl beim Sem, sowie Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK). Der Point de Presse wird auf Youtube live übertragen.
4.15 Uhr
Gesandter Selenskyjs rechnet mit EU-Kandidatenstatus für Ukraine
Der Sondergesandte des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj für eine EU-Beitrittsperspektive hat sich nach zweitägigen Gesprächen in Berlin zuversichtlich gezeigt, dass sein Land den Kandidatenstatus für die Europäische Union erhalten wird. Wenn die EU-Kommission in der kommenden Woche eine entsprechende Empfehlung abgebe, gehe er von einer Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni in Brüssel aus, sagte der Minister für regionale Entwicklung, Oliksej Tschernyschow, der Deutschen Presse-Agentur. Er rechne dann auch mit einer Zustimmung Deutschlands. «So wie wir es verstehen, werden sie nicht im Weg stehen, wenn der Bericht (der EU-Kommission) positiv ausfällt.»
Tschernyschow ist einer von vier Sondergesandten Selenskyjs, die derzeit in den EU-Mitgliedstaaten für eine Beitrittsperspektive der Ukraine werben. Er hatte am Dienstag und Mittwoch in Berlin unter anderem Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) und in Abwesenheit von Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ihren Staatsminister Tobias Lindner (Grüne) getroffen.
Tschernyschow geht davon aus, dass die EU-Kommission am 15. Juni ihre Empfehlung zum EU-Kandidatenstatus der Ukraine abgibt. «Vielleicht ist die Entscheidung noch nicht ganz getroffen», sagte er. Aber er sei sicher, dass die Staats- und Regierungschefs der Entscheidung der Kommission folgen würden. Während sich andere EU-Staaten schon klar für einen Kandidatenstatus der Ukraine ausgesprochen haben, war die Bundesregierung bisher noch zurückhaltend. Vom Kandidatenstatus bis zur Mitgliedschaft in der EU dauert es in der Regel noch viele Jahre.
2.47 Uhr
Buffett-Sohn will beim Wiederaufbau der Ukraine helfen
Der Sohn des US-Investors Warren Buffett, Howard Buffett, will der Ukraine beim Wiederaufbau helfen. Buffett traf am Mittwoch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew den Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser teilte in den sozialen Medien mit, es sei unter anderem über ein Projekt gesprochen worden, das System für die Wasserverteilung in der Stadt Odessa wiederherzustellen. Ein anderes Projekt würde demnach Ukrainer unterstützen, die ihr Zuhause verlassen mussten.
Der Geschäftsmann und Philantrop Howard Buffett engagiert sich bei Stiftungen und Wohltätigkeitsorganisationen. 2017 war er Interims-Sheriff von Macon County im US-Staat Illinois. Bei seinem Besuch in der Ukraine gab er Selenskyj ein Geschenk, das an seine Zeit als Sheriff erinnerte. «Sie sind hier in der Ukraine der oberste Mann des Gesetzes, daher gebe ich Ihnen meine alte Sheriffsmarke aus der Zeit, als ich Sheriff war,» sagte Buffett zu Selenskyj.
Glad to meet #HowardGBuffett in Kyiv. We appreciate this signal of solidarity with 🇺🇦. Expressed gratitude for the humanitarian support to 🇺🇦. Invited him to join projects on restoring irrigation systems in the Odesa region, supporting IDPs, demining and school nutrition reform.
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) June 8, 2022
1.30 Uhr
Ukraine: Berichte über Tote und Verletzte bei russischen Angriffen
Bei Angriffen auf ukrainische Orte sind den Behörden zufolge mehrere Zivilisten getötet oder verletzt worden. Der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, machte Russland für vier Tote und fünf Verletzte in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region im Osten des Landes verantwortlich. «Die Lage bleibt schwierig. Die Frontlinie steht unter ständigem Beschuss», teilte Kyrylenko am Mittwoch mit.
Die ukrainische Armee sprach von sieben abgewehrten russischen Angriffen im Donbass. Dabei seien 31 Kämpfer getötet und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden. Das russische Militär habe beim Beschuss ukrainischer Orte etwa 20 Häuser sowie zwei Schulen und eine Bahnstation zerstört. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
Die russische Armee bereite weitere Offensiven in Richtung der strategisch wichtigen Stadt Slowjansk vor und beschiesse zivile und militärische Infrastruktur, teilte der ukrainische Generalstab mit. Aus dem Gebiet Sumy wurden Angriffe per Mörser und aus der Luft gemeldet. Dabei wurde demnach mindestens ein Zivilist verletzt.
In der Südukraine hat Russland dem Verteidigungsministerium in Kiew zufolge bis zu 30 ältere T-62-Panzer im Gebiet Saporischschja zusammengezogen. Sie dienen dort zur Befestigung von Verteidigungslinien. Die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar forderte erneut schwere Waffen aus dem Ausland für den Kampf gegen das russische Militär. «Die ukrainische Armee ist professionell und motiviert, aber wir haben wirklich nicht genug schwere Waffen, um den Feind zu besiegen», sagte sie in Kiew.
0.50 Uhr
Selenskyj: Schlacht um Sjewjerodonezk richtungsweisend für Donbass
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Schlacht gegen die russische Armee um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk als richtungsweisend für den Kampf im Osten seines Landes bezeichnet. «Sjewjerodonezk bleibt das Epizentrum der Auseinandersetzungen im Donbass», sagte Selenskyj am Mittwoch in einer Videobotschaft in Kiew. Das ukrainische Militär füge dem Gegner dort spürbare Verluste zu. «Das ist eine sehr brutale und schwere Schlacht. Vielleicht eine der schwersten dieses Krieges (...) In vielem entscheidet sich dort das Schicksal unseres Donbass'.»
Selenskyj erinnerte daran, dass genau vor zehn Jahren, am 8. Juni 2012, die Fussball-Europameisterschaft in der Ukraine und in Polen eröffnet worden war. «Die Spiele fanden in verschiedenen Städten unserer beiden Länder statt, darunter in Donezk in der Donbass-Arena», sagte der Präsident. Das sei nur zehn Jahre her. «Aber man hat den Eindruck, als ob das in einer anderen Welt war.»
Vor zehn Jahren sei Donezk «stark, stolz und entwickelt» gewesen. «Doch dann kam Russland», sagte Selenskyj. Nur die Rückkehr der Ukraine, der ukrainischen Fahne und des ukrainischen Rechts könnten für das Gebiet und die Stadt ein normales Leben bedeuten. «Ein Leben, wie es war. Friedlich, sicher, offen für die Welt. Und natürlich neue Spiele von Mannschaften von Weltniveau in der Donbass-Arena.»
0.07 Uhr
Nach verpasster WM-Quali: Ukraine gewinnt in Irland
Nach der verpassten Qualifikation für die Fussball-WM ist die Ukraine erfolgreich in die Nations League gestartet. Die Ukrainer setzten sich am Mittwochabend mit 1:0 (0:0) in Irland durch. Viktor Zygankov (48. Minute) erzielte in Dublin den entscheidenden Treffer für seine Mannschaft. Dadurch rückte die Ukraine auf den zweiten Platz ihrer Gruppe vor. Tabellenführer ist Schottland, das sich mit 2:0 (2:0) gegen Armenien durchsetzte.
Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Katar hatte die Ukraine am vergangenen Wochenende nach einem 0:1 im Playoff-Finale gegen Wales verpasst.
0 Uhr
UN warnen vor Hungerwelle – Hohe Kostensteigerung durch Ukraine-Krieg
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine hat den UN zufolge zusammen mit anderen Krisen zu den grössten Kostensteigerungen seit einer Generation geführt. «Für Menschen auf der ganzen Welt droht der Krieg in der Ukraine eine beispiellose Welle von Hunger und Elend auszulösen und ein soziales und wirtschaftliches Chaos zu hinterlassen», warnten die Vereinten Nationen am Mittwoch. Weltweit litten 1,6 Milliarden Menschen unter der vielschichtigen Krise aus Krieg, Covid-19 und Klimawandel.
Rund um den Globus müssen wieder mehr Menschen hungern, wie die Vereinten Nationen anprangerten. Zudem stiegen die Energiekosten drastisch, während die Löhne und Gehälter gesunken seien. Die Zahl der Menschen, die mangelhaft mit Nahrungsmitteln versorgt seien, habe sich in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt, sagte UN-Generalsekretär António Guterres. Bereits bis zum Ende des Jahres könnten weitere 47 Millionen Menschen unter Nahrungsmittelknappheit leiden. «Es gibt nur einen Weg, diesen aufziehenden Sturm zu stoppen: Die russische Invasion in der Ukraine muss beendet werden.»
Der UN-Chef betonte dabei, dass die Vereinten Nationen mit hohem Druck an einer Lösung der russischen Getreideblockade in der Ukraine arbeiteten. UN-Unterhändler hätten dafür in den vergangenen Wochen Gespräche in Moskau, Kiew, Ankara, Brüssel und Washington geführt. Diplomaten zufolge geht es bei der möglichen diplomatischen Lösung um einen Paketdeal: Während der Ukraine die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide vor allem aus der Hafenstadt Odessa durch das Schwarze Meer gestattet werden soll, sollen Russland und Belarus vor allem wieder Düngemittel auf den Weltmarkt bringen können.
Details zu den Verhandlungen wollte Guterres am Mittwoch nicht öffentlich nennen, um die Chancen auf eine Einigung nicht zu gefährden. Wegen der anstehenden Ernte in der Ukraine müsste ein Deal innerhalb weniger Wochen vereinbart werden, weil die Speicherkapazitäten im Land sonst nicht ausreichen.
Die Ukraine ist einer der grössten Getreideproduzenten der Welt. Russland unterbindet in der Ukraine die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen Getreide vor allem nach Nordafrika und Asien, ein Grossteil davon im Hafen von Odessa. Zu spüren bekommt das gegenwärtig zum Beispiel Somalia, wo die UN vor einer riesigen Hungerkatastrophe warnen. Somalia bezieht 50 Prozent seiner Weizenimporte aus der Ukraine, 35 Prozent aus Russland.
Für das nächste Jahr befürchten die Vereinten Nationen eine Hungerkatastrophe mit globalen Ausmassen. Guterres: «Bei der diesjährigen Lebensmittelkrise geht es um mangelnden Zugang zu Nahrung. Im nächsten Jahr könnte es um Nahrungsmangel an sich gehen.»